Tödliches Orakel
zu kippen.
»Sie schmeißen Kasimir über meine Mauer auf den Rasen. Mit aufgeschnittenem Bauch. Danach fängst du wieder an, nach Lösungen zu suchen und versuchst, Frau Berger zu trösten.«
»Wir zerstören die CD.«
Wieder ein Blick, aus dem Pieken in meinem Kopf war jetzt ein fieses Dröhnen geworden, und ich presste mir die Hand gegen den Mund, als könne ich meinen Magen so zu ein wenig Rücksicht motivieren.
»Erst brennt dein Auto. Vor meinem Tor. Dann wieder Kasimir. Nicht mit aufgeschnittenem Bauch, sondern einem Loch im Kopf. Und diesmal bist du verzweifelt, weil du nichts mehr hast, mit dem du dich freikaufen kannst. Und du tröstest wieder Frau Berger.«
Stille.
»Hast du eine Idee?«, fragte Sam schließlich, ich schloss die Augen und atmete tief ein und lange aus.
»Nein. Und ich brauche eine Pause. Oder einen Eimer.«
»Trink«, sagte Sam und schob mir sein Glas Orangensaft hin. »Bei mir hat's geholfen.«
Ich leerte es, spürte jedoch keine Linderung.
»Wir schauen nach, was auf der CD ist«, sagte Sam dann. »Das Ding klebt an uns wie eine Klette, und ich will jetzt wissen, was drauf ist. Und es interessiert mich auch nicht, was passiert, wenn ich mir die CD ansehe.« Er stand auf. »Wo ist dein Computer? Oder kann ich die CD einfach in die Kaffeemaschine schieben?«
***
Ich ging ins Haus, um einen Laptop zu holen, verschwand jedoch zuerst im Gästebad. Ich kotzte den Kaffee und den Saft aus, weil die Übelkeit nicht weggehen wollte, und als ich mir mit beiden Händen Wasser ins erhitzte Gesicht schaufelte, klopfte Sam gegen die Tür.
»He, alles in Ordnung?«
Ich spülte mir den Mund, betrachtete mich im Spiegel. Ich hatte ein paar Tupfen um die Augen, die bekam ich immer, wenn ich mich übergeben hatte. Meine Haut war käsig, meine Haare feucht vom Wasser.
Sam drückte die Klinke herunter, aber ich hatte abgeschlossen.
»Geht's dir nicht gut?«
Ich spülte die Toilette zum zweiten Mal, öffnete das Fenster.
»Mach auf«, verlangte Sam, das Rütteln an der Türklinke wurde heftiger.
Ich drückte mir aus der Zahnpasta-Tube etwas raus und rubbelte mir mit dem Finger über die Zähne. Sam hatte die Tube bislang erst ein- oder zweimal benutzt, und sie war trotzdem total zerknautscht.
»Sag was oder ich trete die Tür ein.«
Ich bezweifelte, dass der schmale Sam das schaffte, hatte aber auch keinen Zweifel daran, dass er es versuchen und dabei meine Tür ramponieren würde. Ich griff hinter mich und entriegelte das Schloss, Sam stieß die Tür so schnell auf, als er vermute er mich mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Badewanne.
»Was ist los?«
»Ich habe gekotzt«, sagte ich.
»Warum?«
»Weil ich eben bestimmt zehn Mal in deinen Magen musste. Und davor schon einen Kunden hatte. Ich habe doch gesagt, dass mir davon schlecht wird. Wir haben gestern Abend stundenlang über das Kotzen geredet.«
Sams Miene wurde reuig und er drückte mich bestimmt auf den Rand der Badewanne, als wäre ich zu schwach zum Stehen.
»Es geht mir gut«, sagte ich, Sam nahm mir dennoch das Handtuch aus der Hand, befeuchtete es und tupfte damit auf meiner Stirn herum.
»Soll ich dir was bringen? Für den Magen?«
»Nein.«
»Dann legst du dich ein bisschen hin.«
»Nein. Mir geht's gut. Ich bin das gewohnt.«
Sam strich mir die Haare zurück.
»Egal. Du siehst ziemlich übel aus. Komm, nur eine halbe Stunde. Und ich mache dir was zu essen.«
»Nein.«
»Doch.«
Sam schlang mir einen Arm um die Taille und zog mich hoch.
»Ich kann laufen«, protestierte ich, aber er hörte nicht auf mich. Stützte mich, als wäre ich schwach oder benommen, führte mich die Treppe rauf ins Schlafzimmer. Sam schlug die Decke zur Seite, ich setzte mich auf den Rand der Matratze. Was ihm nicht genügte: Er legte meine Beine hoch und drückte mich nachdrücklich in die Kissen.
»Wie kriegt man die Jalousien runter?«, fragte er, ich zeigte auf die Fernbedienung, die auf dem Nachttisch lag. Sam drückte zweimal falsch, dann sirrten die Rollläden herunter, bis die grelle Sommersonne auf eine fast abendliche Dämmerung reduziert war. Dann lief Sam ins Bad, kam mit einem weiteren feuchten Handtuch wieder, das er auf meiner Stirn platzierte: kühl, angenehm.
»Mach die Augen zu. Entspann dich. Ich hole dir Tee und noch was. Brauchst du einen Eimer?«
Ich schüttelte den Kopf, Sam lief die Treppe wieder herunter und rumorte dann gute zehn Minuten in der Küche herum. Er öffnete Türen und Schubladen,
Weitere Kostenlose Bücher