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Tödliches Paradies

Tödliches Paradies

Titel: Tödliches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Telefon blickte herüber.
    »Un momento. Warten Sie …« Der Dicke schaukelte zu einem Schreibtisch, nahm den Hörer, drückte Tasten. Er sprach ein paar Worte, lauschte vor allem, nickte dann grimmig und warf den Hörer auf die Gabel zurück.
    »Hören Sie, Mister! Sie kommen hier rein und wollen ohne Paß eine Vermißtenanzeige aufgeben?«
    »Was spielt denn der Paß für eine Rolle, wenn ein Mensch verschwunden ist?«
    »Jetzt rede ich. Ich habe gerade mit dem Portier des Formentor telefoniert. Den kenne ich. Ein Freund … Und was sagt er? Daß Sie Ihre Frau vermissen. Bueno! Und seit wann? Seit der Zeit vor dem Abendessen. Und wie spät haben wir jetzt? Elf Uhr zwanzig. Um elf Uhr zwanzig sind bei uns anständige Leute noch beim Dessert oder trinken ihren ersten Cognac und zünden sich einen puro, eine Zigarre, an. Und Sie? Sie geben hier Vermißtenanzeigen auf?!«
    Der Mann sprach leise und eintönig. Sein Englisch war gar nicht so übel, auch wenn er es mit spanischen Brocken vermischte. Tim hatte jedes Wort verstanden. Vor allem hatte er verstanden, daß man ihn für einen unzurechnungsfähigen Narren hielt.
    »Hören Sie! Ich bin Arzt. Ich weiß, was ich sage. Ich bin gewohnt, mit Ruhe zu handeln. Ich mache keine solche Meldung ohne Grund …«
    In dem fleischigen Gesicht rührte sich nichts, nur am Grund der dunklen Augen flackerte etwas auf. »Gut, Doktor. Auch ich habe meinen Beruf. Hier auf Mallorca verschwinden Mädchen und Frauen. Stimmt. Und das jeden Tag. Nicht nur für drei, vier Stunden oder ein Abendessen, meist für eine Nacht, manchmal für eine ganze Woche. Wenn ich da jedesmal eine Fahndung ausschreiben würde, dann …«
    Er brach ab, starrte Tim an, Tim, der den Arm hochgerissen hatte und ihm die Faust vors Gesicht hielt. Doch der Dicke wich keinen Schritt zurück. Und dann sagte er im selben ruhigen Ton: »Na schön … In Ordnung. Sie haben's mir gezeigt. Und jetzt stecken Sie Ihre Hand ganz schnell in die Tasche, sonst zeig' ich's Ihnen. Oder wollen Sie mich schlagen, weil ich etwas gesagt habe, was Sie selber denken? Nun, wie ist das, Mister? Wollen Sie wirklich?«
    Die Blicke der Männer im Raum waren auf ihn gerichtet. Tims Arme sanken herab, seine Fäuste wurden mit einemmal so schwer, daß er sie kaum bewegen konnte.
    »Ich will jetzt nur eines: Ihren Namen!«
    »Wenn's weiter nichts ist«, antwortete die ruhige Stimme: »Rigo. Brigada Pablo Rigo. Können Sie sich das merken? Ja? Toll. Und jetzt verschwinden Sie. Wenn Ihre Frau bis morgen noch nicht aufgetaucht ist, können Sie ja wiederkommen. Und zwar mit den Pässen. Ist das klar?«
    Für die Strecke von Pollensa zurück zum Hotel benötigte Tim vierzig Minuten. Dabei hatte er nur achtzehn, wenn auch schwierige, Kilometer zurückzulegen. Er stoppte den Seat ein halbes Dutzend Mal, stieg aus, verharrte unter dem unbeteiligten Blitzen der Sterne an der Brüstung einer Aussichtsplattform, starrte auf den hellen weißen Schaum des Meeres tief unter der Steilwand, stand zwischen flüsternden schwarzen Pinien an einer Kurve, von der sich der Blick ins Tal von Formentor öffnete.
    Zweimal begegneten ihm Menschen: Zuerst der Fahrer eines alten, wackligen Citroën-Kastenwagens. Er hatte die Fahrt verlangsamt, den Kopf zum Fenster hinausgesteckt, als erwarte er einen Anruf von dem schweigenden Mann dort draußen in der Nacht. Der zweite war ein Motorradfahrer. So dicht kam er aus der Spitzkehre geschossen, daß er Tim beinahe über den Haufen gefahren hätte. Tim zuckte kaum zurück, in ihm war nur noch tiefe Gleichgültigkeit. Er befand sich in einer Art Trance, in der er die Wirklichkeit nur wie durch einen Filter wahrnahm. Aber eines blieb stark und deutlich: Dieser brennende Schmerz in seiner Brust.
    M ELISSA …!
    Auf was wartest du? Daß der Wind sie heranträgt? Daß sie sich hier plötzlich aus dem Dunkel wie ein Gespenst materialisiert, auf dich zugeht, die Arme wie ein Mädchen schlenkernd, mit diesem nachlässigen, biegsamen Gang, der dich immer so entzückte? »Tim«, wird sie sagen, »Tim, was tust du denn hier? Hattest du Angst um mich? Wirklich … War ja nur ein Scherz. Wollte ja nur sehen, ob dich das aufregt, wenn ich für ein paar Stunden verschwinde. Wie soll ich denn sonst rauskriegen, ob du mich wirklich magst? Ist doch der beste Liebesbeweis, findest du nicht? Der eine verschwindet, der andere sucht und zerbricht sich den Schädel – und dann anschließend ist man gemeinsam glücklich!«
    Oder: »Ich hab' mich doch

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