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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Und noch etwas, Sir John — habt Ihr es bemerkt? Die Wände sind frisch gekälkt.«
    Cranston folgte Athelstan ratlos noch einmal in das Kontor und schaute sich um. Eine trostlose Kammer, Truhen, ein Tisch, Stühle, ein Schemel und eine Bank, aber keine Wandbehänge. Nichts, was das grelle Weiß abgemildert hätte.
    »Wird Drayton sein Geld hier aufbewahrt haben?« fragte Athelstan.
    »In Anbetracht des wenigen, was ich weiß«, sagte Cranston, »würde ich es bezweifeln. Er dürfte ein bißchen bares Silber hier gehabt haben, aber wahrscheinlich lagerte er seine unlauteren Gewinne in den Gewölben und eisenbeschlagenen Truhen der genuesischen oder venezianischen Bankiers. Das dürfte auch jeder wissen. Nur gelegentlich — wie am Tage seines Todes — ließ Drayton Geld hierher bringen.« Cranston schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Dabei fällt mir ein: Bei meinem Besuch im Savoy-Palast hat der Regent mir versichert, daß das Geld an Drayton geliefert wurde. Die Frescobaldi würden sich nicht im Traum einfallen lassen, das Geld zu stehlen. Damit gäben sie John von Gaunt ja nur einen Vorwand, alles zu beschlagnahmen, was sie besitzen.«
    Athelstan war an die hintere Wand getreten und klopfte an den Putz. »Sir John, borgt Ihr mir Euren Dolch?«
    Der Coroner reichte ihm den Dolch, und der Ordensbruder begann, den Putz von der Wand zu schlagen. Bald hatte er eine lange Narbe hineingemeißelt, und kleine Staubwölkchen hingen in der Luft. Athelstan säuberte die Stelle mit den Fingern und prüfte dann die roten Ziegel darunter.
    »Was machst du denn da, Bruder?«
    »Laßt mich.«
    Athelstan ging zur anderen Wand. Als er hier den Putz abschlug, erwies sich, daß das Mauerwerk darunter mattgrau war. Das gleiche galt für die Wand hinter dem Pult. Athelstan gab den Dolch zurück und wischte sich den Staub von den Händen.
    »Quod erat demonstrandum .«
    »Wie bitte?«
    Athelstan deutete auf die hintere Wand. »Eine solide Ziegelmauer, aber viel später errichtet als der Rest. Das Mauerwerk ist neu, doch Drayton hat mit großer Umsicht dafür gesorgt, daß es wie die beiden anderen Wände verputzt und angestrichen wurde. Und er hat die Mauer sorgfältig so gesetzt, daß die Kammer zu einem vollkommenen Quadrat wurde.«
    »Und was bedeutet das für den Mord? Könnte es einen geheimen Eingang geben?«
    »Kann sein. Wir haben es hier mit einem Geizhals zu tun, dem es vermutlich ein Greuel war, Geld auszugeben. Warum baut er dann eine neue Wand und versteckt sie so gründlich? Ich würde Euch bitten, Sir John, Master Flaxwith zu beauftragen, mit einigen Eurer stämmigen Burschen herzukommen. Sie sollen sich später hier mit uns treffen.«
    Cranston trat ans Pult, nahm ein Stück Pergament und einen Federkiel und kritzelte eine Notiz.
    »So.« Athelstan lächelte. »Und jetzt besuchen wir Master Alcest!«
     
    In der Kanzlei vom Grünen Wachs begaben Cranston und Athelstan sich mit Alcest allein in eine kleine Kammer abseits des Hauptkorridors. Alcest hatte einen großen Teil seiner Arroganz eingebüßt. Er war wachsam und auf der Hut und zeigte sich respektvoll gegen den dicken Coroner und den kleinen Ordensbruder, der diesen offenbar überallhin begleitete.
    »Warum wollt Ihr mich allein sprechen, Sir John? Habt Ihr Neuigkeiten über den Mörder meiner Kollegen?«
    »Nein«, antwortete Cranston fröhlich und nahm einen Schluck aus seinem wunderbaren Weinschlauch. »Aber ich möchte wissen, warum Ihr bei Master Drayton wart, und zwar nur wenige Tage, bevor er tot in seiner Zählkammer aufgefunden wurde. Ich an Eurer Stelle, junger Mann, wäre jetzt klug genug, die Wahrheit zu sagen.«
    Alcest setzte sich auf einen Schemel. »Ihr wißt, daß wir im >Tanzenden Schwein< gefeiert haben?«
    »Oh ja, darüber wissen wir Bescheid«, sagte der Coroner. »Ich habe mich lange mit Dame Broadsheet unterhalten und konnte sogar ein paar Worte mit dem Vikar der Hölle wechseln.«
    Alcest fuhr zusammen. So sehr er sich auch bemühte, es fiel ihm doch schwer, sein Unbehagen zu verbergen.
    »Das scheint Euch zu beunruhigen«, stellte Athelstan fest. »Das mit Dame Broadsheet verstehe ich. Aber was hat ein hochrangiger königlicher Schreiber mit dem Vikar der Hölle zu schaffen?«
    »Wir schwimmen im selben Teich, Bruder«, antwortete Alcest frech. »Hier arbeiten wir tagsüber, aber was wir in der Nacht tun...«
    »Der Umgang mit Verfemten und Gesetzlosen«, bemerkte Cranston honigsüß, »ist an sich schon ein

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