Toedliches Verlangen
donnerte in einen Haufen abgestellter Triebwagen. Wie Dominos fielen sie um. Unter dem Berg aus verbogenem Metall bohrten sich eiserne Splitter tief in seine geschundenen Schuppen. Heiß und feucht floss das Blut, rann seine Flanke hinunter und …
Scheiße, tat das weh.
»Steh auf«, knurrte er sich an. Verdammt, sogar seine Stimme war hinüber, nichts als ein raues Keuchen. Das allerdings ergab Sinn. Er konnte nicht um den immer stärker werdenden Schmerz in seiner Brust herumatmen. »Steh … auf.«
Er schlug um sich und nutzte seinen Schwanz, um die Waggons nach links und rechts zu schleudern. Wenn er nicht auf die Beine kam, war er tot. Wick auch. Das Feuer war mittlerweile außer Kontrolle, verzehrte alles, was ihm in den Weg kam. Er musste seinen Waffenbruder erreichen, bevor die Flammen es taten. Aber … der Rauch. Er konnte keinen Meter weit sehen.
In der Ferne erklangen Sirenen.
Menschen. Die Kavallerie ritt heran.
Er grub seine Klauen tief in die Erde und zog sich unter dem Zughaufen hervor. Als er sich auf die Füße rollte, gab sein linkes Bein nach. Klasse. Auch das noch. Ein gebrochener Knochen. Hüpfend schnappte Bastian nach Luft und taumelte seitwärts. Sein Körper gehorchte ihm nicht richtig. Sein Blick verschwamm, der Druck hinter seinen Augen erhöhte sich mit jeder Sekunde. Der tosende Schmerz wurde immer stärker, zog ihn nach unten, bis sein ganzer Kopf sich schwammig anfühlte, als säße er nur noch lose auf seinen Schultern.
Nein. Nein, zur Hölle. Er weigerte sich, ohnmächtig zu werden. Sein Tarnzauber war zusammengebrochen. Feuerwehr und Polizei näherten sich. Wenn sie ihn hier fanden …
Jesus. Er musste bei Bewusstsein bleiben.
Aber noch während er kämpfte und sich kriechend auf seinen getroffenen Kameraden zubewegte, konnte Bastian das Unausweichliche nicht aufhalten. Seine Verletzungen setzten ihm zu, raubten ihm die Kraft. Er hatte keine Zeit mehr. Und keine Energie.
Soeben hatte das Glück ihn verlassen.
20
Das Labor der Spurensicherung war ein beeindruckender Ort. Jede Menge Menschen. Jede Menge Aktivität. Wie ein menschlicher Bienenstock voller Laborratten.
Auch wenn das keinen Sinn ergab. Für ihn passte die Analogie, also hielt Rikar daran fest.
Mit verschränkten Armen, ein Bein angewinkelt und die Stiefelsohle an die Wand gestützt, stand er da und betrachtete das Gewusel. Er sollte nicht hier sein. »Zutritt nur für autorisiertes Personal«. Das zumindest hatte das Schild verkündet, als er am Empfangstisch vorbeimarschiert war. Die Menschen wären ausgerastet, wenn sie ihn gesehen hätten, aber der Magie sei Dank hatten sie das nicht. Also stand er da – unsichtbar – mitten im breiten Hauptkorridor und verschaffte sich einen Überblick.
Was er brauchte, war eine Karte. Mit den Namen der Labors und Beschreibungen, welche Tests jeweils in ihnen durchgeführt wurden. Aber Sloan war noch immer beleidigt wegen seines Auftritts vorhin in der Küche – der empfindliche Scheißkerl –, also würde Rikar keine mentale Richtungsanweisungen seines Freundes bekommen. Ach, na ja. Ihr Computergenie zu ärgern war es wert gewesen. Aber vielleicht würde er in Zukunft darauf achten, dass er nicht gerade seine Unterstützung auf einer Mission brauchte.
Rikar musterte eine hübsche Labortechnikerin, ließ die Arme sinken und stieß sich von der Wand ab. Zeit für einen kleinen Spaziergang. Vielleicht Bekanntschaft mit der einen o der anderen Beweismaterial-Tüte mit der Aufschrift »Asche« schließen. Diese Frau würde sein erster Zwischenstopp sein. Ihre ungewöhnliche Energie würde seinen Kopfschmerzen den Biss nehmen und ihn schnell und angenehm wieder fit machen.
Der zusätzliche Bonus? Informationen. Sie würde ihm genau sagen, wo er finden konnte, was er suchte.
Mit einem Gedanken ließ Rikar seine Lederkluft verschwinden und tauschte sie gegen ein Paar feste Stoffhosen und ein blaues Button-Down-Hemd aus. Eine Glock im Holster an der Hüfte rundete das Bild ab. Er befestigte den gefälschten Polizeiausweis an seinem Gürtel und war bereit, die hübsche Laborratte näher kennenzulernen.
Und ja, er war ein mieser Lügner und Betrüger.
Frauen hassten das. Es war ihm klar, und hätte sie ihm etwas bedeutet, hätte das, was er vorhatte, Rikar vielleicht ein schlechtes Gewissen bereitet. Aber so verhielt sich das Drachenblut eben: hin und weg, lieben und liegen lassen … schnell. Möglichst ohne Erinnerung an das Geschehene.
Er jedoch würde sich daran
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