Toedliches Verlangen
Du bist gerade dabei, ihm zu helfen«, sagte der Kerl. Alles in seiner Stimme versuchte, sie zu beruhigen. Myst zwang ihre Augenlider, sich einen Spaltbreit zu öffnen, und erhaschte den verschwommenen Eindruck eines Gesichts. Helle Augen glühten in den maskulinen Zügen, schimmerten wie blaue Sterne. »Er braucht dich. Halt ihn fest.«
Ihre Augen schlossen sich. In Ordnung, das konnte sie … auch wenn es ihm nicht helfen würde. Sie hatte Bastians Verletzungen gesehen. Er brauchte medizinische Versorgung, nicht sie. Aber als er sich schwer auf sie legte und sein gieriger Mund an ihrem Hals saugte, löste sich ihr Geist vom Körper, breitete die Flügel aus und stieg nach oben. Nur ein Gedanke blieb ihr noch: Der Fremde hatte recht. Sie musste Bastian festhalten … seinen Körper eng an sich ziehen.
Sie konnte ihn retten, wenn sie ihn nur fest genug hielt.
24
Nur Zentimeter trennten ihn vom Bewusstsein. Oder waren es Meilen? Bastian wusste es nicht. Wusste nicht viel mehr, als dass es ihn erwischt hatte. Dass er an einem kalten, dunklen Ort flach auf dem Rücken lag, ohne sich daran erinnern zu können, dort gelandet zu sein.
Das war gar nicht gut. Ein abgestürzter Drache war ein toter Drache.
Er veränderte die Körperhaltung, tastete die Umgebung ab, bemühte sich, das Bild zusammenzusetzen. Aber eins plus eins ergab nicht länger zwei. Alles fühlte sich falsch an, eingehüllt von dichtem Nebel. Sein internes Sonar war hinüber, empfing mehr statisches Rauschen als brauchbare Information. Verdammt. Er musste sich bewegen, mit einer Dringlichkeit, die durch den Nebel schnitt und ihn wach rüttelte.
Er grub noch tiefer, fragte in der Hoffnung auf Information jeden einzelnen seiner Sinne ab. Seine Muskeln zuckten, folterten ihn mit brennenden Krämpfen. Bastian schluckte ein Stöhnen hinunter und schnappte nach Luft. Das beruhigte ihn, und er atmete nochmals tief ein. Und wieder aus. Der Schmerz ließ etwas nach.
Gott sei Dank.
Er hatte keine Zeit zu verlieren. Er musste in die Gänge kommen und diesen Ort verlassen, wo auch immer er gelandet war – kopfüber, in Anbetracht seines schmerzenden Schädels – und zu …
Wohin … zum Black Diamond?
Er zog die Brauen zusammen. Nein. Nicht nach Hause. Er musste jemandem helfen.
Bastian achtete nicht auf den tödlichen Schmerz zwischen seinen Schläfen und sammelte seine Magie. Mit einem elektrischen Knistern stieg die Hitze an, pulsierte durch seine Adern, bis seine Fingerspitzen kribbelten. Einen Augenblick lang hielt er den wilden Strom zurück, spürte, wie er gegen seine inneren Barrieren anbrandete, dann ließ er los. Wie e ine reißende Flutwelle strömte seine Magie durch den Raum und wurde von den Hindernissen zurückgeworfen. Jeder Widerhall brachte Bastian Informationen.
Ein Zimmer. Ein Bett. Das leise Piepsen von Maschinen ganz in der Nähe.
Bastian entspannte die Hände, die er zu Fäusten geballt hatte. Mit langsamer Präzision presste er die Handflächen auf die Matratze. Bei der Bewegung brandete Schmerz auf, aber die Baumwolle unter seiner Haut gab ihm Halt. Er krümmte die Finger, vergrub sie in der weichen Unterlage.
In Sicherheit. Dem Himmel sei Dank. Er war in Sicherheit und …
Ein leises Kratzen erklang zu seiner Linken.
»Rikar?«, krächzte Bastian mit trockenem Mund.
»Hey.«
»Wo …?« Er öffnete die Augen einen Spaltbreit.
»Im Aufwachraum der Klinik.« Undeutliche Schemen wurden sichtbar, als Rikar die Decke über Bastians nackte Brust zog.
Als er mit dem Bemuttern fertig war, entfernte Rikar sich vom Bett, seine Schritte hallten durch die Stille. Das Geräusch von fließendem Wasser folgte. Bastian schluckte. Er konnte es fast schmecken, fühlte die feuchte Kühle seine Kehle hinabrinnen. Das Ausmaß seiner Begierde erinnerte ihn an einen anderen Ort, zu einer anderen Zeit. Einen Ort, den er nie wieder aufgesucht hatte und es auch jetzt nicht tun wollte.
Aber während das Wasser weiter floss, brachte der Klang tief sitzende Erinnerungen an die Oberfläche. Bei Gott. Er wollte nicht daran denken. An die Zeit nach dem Tod seines Vaters und vor seiner Verwandlung. Er war so verletzlich gewesen, allein der Gnade der anderen Krieger und der Grausamkeit ihres Anführers ausgeliefert, immer hungrig, immer durstig, gefangen zwischen mächtigen Männern, die sich einen Dreck um ihn scherten.
Bastian versuchte, die Gedanken zu verdrängen, bewegte sich auf der Matratze und hieß den Schmerz willkommen. Als das Brennen
Weitere Kostenlose Bücher