Toedliches Verlangen
mildern. Seine hellen Augen glühten vor Schmerz und Zorn. »Ja, das habe ich. Und ich habe dir das Leben gerettet. Und weißt du was? Ich würde es das nächste Mal ganz genauso machen.«
Bastians Finger schlossen sich um Rikars Hals. In diesem Moment kümmerte es ihn nicht, dass er den Krieger liebte wie einen Bruder. Der Schmerz, Myst zu verlieren, war zu stark. Er war gebrochen, seine Seele in Stücke gerissen, kein Mann mehr, nach dem, was er Myst angetan hatte. Und er wollte, dass jemand dafür bezahlte. Denselben Schmerz durchlitt wie er.
»Los … mach schon«, sagte Rikar, der sah, was er vorhatte. »Versuch es. Ich werde mich nicht wehren … aber es wird nichts ändern. Gar nichts.«
Bastian fauchte, das Gesicht nur Zentimeter von dem seines Freundes entfernt.
Mit Tränen in den Augen hob Rikar beide Hände, die Handflächen nach oben, sein Körper leistete keinerlei Widerstand … ein Opferlamm für Bastians Wut. »Du bist wichtiger als sie, Bas. Ohne dich ist das Blut – die ganze Spezies – am Arsch. Glaubst du, die verfluchte Erzgarde wird uns zusammenhalten, wenn du weg bist? Grundgütiger! Die europäischen Clans stehen unter deiner Führung. Ist eine einzelne Frau mehr wert als das Leben deiner Krieger? Die Zukunft deines Volkes?«
Die pflichtgetreue Antwort? Nein. Niemand war die vollständige Vernichtung seiner Art wert. Aber sein Herz sagte etwas anderes. Myst war wichtiger als die Krieger, wichtiger als alles. Er brauchte sie wie die Luft zum Atmen, und jetzt erstickte er. Und es war seine Schuld … alles. Hätte er getan, worum sie gebeten hatte, wäre Myst jetzt sicher in ihrer eigenen Welt. Aber er war selbstsüchtig gewesen – hatte geglaubt, er könne nehmen, ohne zu geben –, und für seine Sünden würde sie ihr Leben lassen.
Mit einem heiseren Geräusch stieß er seinen Freund von sich. Rikar murmelte etwas, die Stimme voller Qual, wischte sich über die Augen und ließ ihn los. Ohne einen Blick zurück hinkte Bastian in Richtung des benachbarten Zimmers. Jetzt konnte er den Ton hören, das Piep-piep des Herzmonitors, das ihn aus seinen Träumen gerissen hatte.
Myst war dort drinnen, angeschlossen an diese Maschine. Um nichts in der Welt würde er sie alleine sterben lassen.
»Bastian. Auch wenn es nichts ändert. Es tut mir leid.«
Bastian ignorierte die Entschuldigung. Er konnte seinem besten Freund nicht vergeben. Nicht jetzt. Vielleicht nie.
Glattes Holz glitt durch seine Finger, als Rikar den Billardqueue zurückzog und zustieß. Kugel stieß gegen Kugel, das Geräusch erhob sich über den Def-Leppard-Song, der im Hintergrund lief. Die Fünf schoss über den grünen Filz und versank in der Ecktasche. Er richtete sich auf und warf einen Blick zur U-förmigen Bar.
Jep, die kleine Rote war noch da, saß auf ihrem Hocker und nippte an ihrem Drink. Hundert Prozent Cranberrysaft, ohne Wodka. Der alkoholfreie Cocktail verriet Rikar eine Menge über die Frau. Erstens? Sie war ein Gesundheitsfreak und kümmerte sich mit einem Glas rot, herb und fruchtig um ihre Nieren. Und zweitens? Sie schätzte es zu sehr, alles unter Kontrolle zu haben, als dass sie sich Alkohol die Kehle hinuntergeschüttet hätte.
Zu dumm. Mit einer betrunkenen Frau hätte er es leichter.
Vor allem mit dieser hier.
Angela Keen, Von-und-zu-Traumhaft-mit-haselnussbraunen-Augen, war keine Idiotin. Schlau wie eine Füchsin und abgebrüht, eine knallharte Ermittlerin mit einer Wagenladung Argwohn. Als er um den Billardtisch herumging, sah Rikar es an der Art, wie sie die Schultern hielt, wie sie die Bar beobachtete. Sie wartete, beobachtete, suchte die Schatten nach Schwierigkeiten ab. Sogar ihre Platzwahl war vielsagend: Mit dem Rücken zur Wand, Blick zur Tür, den Körper auf der Stuhlkante. Entspannt, aber wachsam. Eine Kriegerin mit den körperlichen und intellektuellen Voraussetzungen, einen Mann bluten zu lassen.
Und verdammt, das machte ihn echt an.
Er nahm die Bierflasche vom Rand des Tisches und trank einen großen Schluck. Als das nicht half, richtete er seine Baseballkappe und zupfte an seinem Hosenbein, verschaffte sich mehr Platz hinter dem Reißverschluss. Die Jeans Marke 7 For All Mankind war seine liebste Nicht-Kampf Garderobe. Der dunkle Stoff, zur Perfektion abgetragen, passte wie angegossen, Style und Bequemlichkeit in einem. Heute jedoch saß das Ding an genau den falschen Stellen zu eng.
Mann, er war echt am Arsch. Von den Bildern in Sloans Akte hatte er gewusst, dass sie hübsch
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