Toedliches Versprechen
Schluck. Sie stellte es neben ihrem Cello auf den Boden, setzte sich auf den Hocker, nahm das Instrument zwischen die Knie und ließ den Bogen über die Saiten gleiten. Das Cellospiel beruhigte sie. Es hatte sie durch die dunkelsten Tage ihres Lebens begleitet und es erfüllte auch jetzt seinen Zweck. Hannah schloss die Augen und ließ sich von Edward Elgars romantischem Cellokonzert davontragen.
6.
H annah wusste nicht, was sie von einer Verabredung mit Josh erwarten sollte. Was hatte er vor, wenn er sie an einem Samstagnachmittag treffen wollte? Als er um Punkt zwei an ihre Tür klopfte, war sie froh, sich für ein leichtes Sommerkleid und Ballerinas entschieden zu haben. Ihr Date war in ein T-Shirt, an den Knien abgeschnittene Jeans und Flip-Flops gekleidet. Sie hatte keine Ahnung, was er plante.
Sie war sich nicht sicher, ob der Knoten in ihrem Magen Unbehagen oder Aufregung war. Aber sie wollte der Verabredung zumindest eine Chance geben. Das hatte Josh verdient, nachdem er sich schon so lange um sie bemühte.
Das hatte sie verdient.
Mehr als verdient.
Er führte sie zu seinem nicht gerade billigen SUV und öffnete die hintere Tür. Wie auf Kommando sprang ihr ein großes braunes Fellbündel entgegen. Erschrocken schrie sie auf und machte einen Satz zurück.
»Fudge, bei Fuß!«
Der Hund, der im Begriff war, sie fröhlich anzuspringen, ließ augenblicklich von ihr ab und nahm seinen Platz an der linken Seite seines Herrchens ein.
»Du hast einen Hund?« Überrascht pendelte ihr Blick zwischen ihm und dem schokoladenbraunen Labrador mit den fröhlichen, nur eine Nuance helleren, Augen hin und her.
»Tut mir leid, ich habe vergessen zu fragen, ob du Angst vor Hunden hast. Fudge tut dir nichts, er ist gut erzogen. Er ist ein halber Therapiehund.«
»Fudge?« Sie zog die Augenbraue nach oben.
Josh zuckte zusammen und verzog das Gesicht. »Den Namen hat ihm meine Schwester gegeben. Ich hatte wenig Mitspracherecht.«
Hannah hockte sich hin.
Josh machte eine kleine Bewegung mit den Fingern, die der Hund zu verstehen schien. Er schnupperte an der Hand, die sie ihm hinhielt, und ließ sich dann zwischen den Ohren kraulen. Als sie ihre Hand wieder zurückzog, bedankte er sich höflich mit einem Hundekuss auf ihr Handgelenk.
»Warum ist er nur ein halber Therapiehund?«
Josh zuckte die Achseln und strich dem Tier, das voller Heldenverehrung zu ihm aufblickte, über den Kopf. »Er hatte gute Voraussetzungen und war schon in der Ausbildung. Aber er ist einfach zu stürmisch. Das kann man ihm nicht abgewöhnen. Das ist nicht schlimm. Sein Temperament ist eben nur für Therapiehunde ungeeignet.«
Auf seinen Fingerzeig hin sprang das braune Energiebündel zurück auf den Rücksitz und Josh hielt ihr die Beifahrertür auf. Hannah war sich sicher, seine Blicke auf der Rückseite ihrer Oberschenkel zu spüren, als sie in den Wagen kletterte. Er schlug die Tür zu und setzte sich hinter das Steuer. Mit einer galanten Bewegung hob er einen Styroporbecher aus dem Getränkehalter in der Mittelkonsole und reichte ihn ihr. »Milchshake. Passend zum Wetter.«
Sie nahm einen Schluck. »Vanille?«
Josh grinste und schob sich seine Oakley auf die Nase. »Alle Frauen lieben Vanille, oder?«
Hannah konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Du bist gut, Winters . Du bist echt gut.« Sie trank noch einen Schluck. »Du glaubst tatsächlich, mich zu kennen. Aber du irrst dich. Du weißt nichts über mich. Vanille? Mag ich. Aber meine Liebe gilt Schoko.«
»Alles klar, nächstes Mal Schoko.« Er steuerte den Wagen durch den samstäglichen Verkehr und warf ihr einen Blick zu. »Es ist nicht schlimm, noch nicht alles über dich zu wissen. Ich nehme es als Herausforderung.« Fudge schob seinen Kopf über ihre Sitzlehne und gab ein zustimmendes Bellen von sich.
Hannahs Magen kribbelte, was mit Sicherheit nicht an dem kalten Getränk lag. Ihre Verabredung dauerte gerade mal fünf Minuten, und er sprach schon vom nächsten Mal. »Wohin fahren wir?«, lenkte sie sich von diesen gefährlichen Gedanken ab.
»Wird noch nicht verraten.«
Die Fahrt durch Boston war angenehm. Fudge hielt seinen Kopf aus dem Fenster, das Josh für ihn halb heruntergelassen hatte, und ließ mit einem Hundegrinsen im Gesicht seine Ohren im Fahrtwind wehen. Josh plauderte entspannt mit ihr, aus dem Radio klang leise Blues Musik. Sie entspannte sich zusehends.
Er parkte an einer kleinen Marina und zog eine Kappe der Red Sox vom Rücksitz, die
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