Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
Vom Netzwerk:
nach, bei der Teile des Zentrums einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten. Natürlich sollen unsere Dienstleistungen auch weiterhin vor allem Parteikadern wie Ihnen zur Verfügung stehen, aber Lage und Angebot unserer Einrichtung dürften auch für Touristen attraktiv sein, vor allem für Shanghaier. Sie könnten hier in einem ruhigen, angenehmen Hotel absteigen und sich gleichzeitig in entspannter Atmosphäre einem Gesundheitscheck unterziehen. Sie kommen aus Shanghai und sind dort eine Berühmtheit. Daher dachten wir, Sie wären genau der Richtige, um ein solches Angebot in der Stadt publik zu machen.«
    Ein vernünftiger Gedanke. Das Zentrum war riesig, aber bei weitem nicht ausgelastet. Von seiner Villa aus hatte er beobachtet, dass in manchen Gebäuden die Fenster abends unbeleuchtet blieben. In letzter Zeit verlangten staatliche Institutionen wie etwa Krankenhäuser von ihren Patienten immer mehr private Zuzahlungen; auch die »roten Umschläge« waren eine zusätzliche Einnahmequelle. Über solche Möglichkeiten verfügte das Erholungsheim nicht – es musste mit einem festen staatlichen Budget auskommen.
    Doch das war nicht sein Problem. Außerdem war Oberinspektor Chen nicht als Unternehmensberater hier, auch wenn Direktor Qiao das gern gehabt hätte.
    Schließlich ließ er sich, den bitteren Geschmack der Medizin noch auf der Zunge, zu einem späten Mittagessen überreden.
    Doch bis dahin blieb ihm noch über eine Stunde Zeit. Also setzte er sich mit seinem Laptop an den Schreibtisch im Arbeitszimmer und versuchte, die Internetverbindung einzurichten, was ihm trotz schriftlicher Anleitung nicht gelang. Es handelte sich um einen importierten Laptop, der mit chinesischer Software lief. Immerhin konnte er Texte damit schreiben. Entschlossen beugte er sich über die Tastatur, doch der zündende Gedanke blieb aus.
    Schließlich zog er mit dem Laptop ins Wohnzimmer um, wo er durch das Panoramafenster immerhin den Seeblick bewundern konnte.
    Dann dachte er an das tags zuvor begonnene Gedicht, in dem es um die eigene Identität in der Vorstellung anderer ging. Das Bild Shanshans stellte sich ein, wie sie neben ihm am Ufer entlangging. Was für ein Mann war er in ihrer Interpretation oder Vorstellung?
    Wieder klingelte das Telefon auf dem Tisch. Als er abnahm, hörte er zunächst das undeutliche Murmeln der Vermittlung, dann drang Onkel Wangs aufgeregte Stimme an sein Ohr.
    »Ich weiß, dass Sie im Erholungsheim wohnen, Herr Chen, und ich musste Sie unbedingt erreichen. Shanshan ist in Schwierigkeiten.«
    »Oh. Inwiefern?«
    »Heute Morgen kam sie wie gewöhnlich, um ihre Lunchbox in meinen Kühlschrank zu stellen. Aber noch bevor sie das Lokal betreten konnte, erschienen solche Schlägertypen in Zivil, packten sie und brachten sie zu einem wartenden Wagen. Daraufhin habe ich an ihrem Arbeitsplatz angerufen. Dort sagte man mir, ich solle den Mund halten, sie sei zum Verhör abgeholt worden.«
    »Wissen Sie, weshalb?«
    »Ich weiß nur, dass sie eine Auseinandersetzung mit Liu, ihrem Boss, hatte. Jetzt, wo er tot ist, zählt sie wohl zu den Verdächtigen.«
    »Wegen einer Auseinandersetzung im Betrieb? Das ist ja unerhört. Haben die denn irgendwelche Indizien?«
    »Keine Ahnung. Aber Shanshan wäre zu so etwas überhaupt nicht in der Lage. Ich kenne sie, Herr Chen. Habe sie schon als Kind gekannt.«
    »Keine Sorge, Onkel Wang, ich werde mich darum kümmern. Wenn Ihnen noch etwas Wichtiges einfällt, Sie können mich jederzeit anrufen. Ich gebe Ihnen meine Handynummer …« Doch dann überlegte er es sich anders. »Nein, besser, ich komme vorbei. Warten Sie auf mich.«
    Er musste wie ein Polizist geklungen haben, dachte er, sobald er den Hörer aufgelegt hatte. Und tatsächlich war er jetzt bereit, wie ein Polizist zu handeln, obgleich er Polizeimeister Huang erst am Vortag versichert hatte, dies sei nicht sein Fall und er selbst nur ein neugieriger Feriengast.
    Diesen Sinneswandel hatte sie bewirkt, das musste der Oberinspektor sich eingestehen.
    Er hinterließ eine kurze Nachricht für Qiao, dass er das Mittagessen leider erneut absagen müsse, und eilte los.
    Der Weg war reizvoll wie immer, doch diesmal hatte er kein Auge für touristische Attraktionen. In nur zehn Minuten hatte er das kleine Lokal erreicht.
    »Sie ist in Schwierigkeiten, ich weiß es«, wiederholte Onkel Wang. »Ich kenne sie lange genug, sie stand ihnen im Weg.«
    »Wem stand sie im Weg?«
    »Sie ist

Weitere Kostenlose Bücher