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Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
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Melonengesicht an.
    Der Oberinspektor bestellte ein Bier, einen geräucherten Fischkopf und gepökelte Schweinezunge in Reiswein. Spontan entschied er sich auch für eine Portion Stint mit Rührei, das letzte der vielgepriesenen »Drei Weiß«, das er bislang noch nicht probiert hatte. Eine mit Kreide auf eine Schiefertafel geschriebene Speisenkarte ließ ihn wissen, dass keines der Gerichte mehr als zehn Yuan kostete.
    Die beiden am Nebentisch hatten sein Gespräch mit dem Kellner interessiert verfolgt und dafür sogar ihr Spiel unterbrochen. In dieser Umgebung schien Chen ein ungewöhnlich spendabler Gast zu sein.
    Kaum war der Kellner mit der Bestellung davongehinkt, nahmen die beiden ihr Spiel lustvoll wieder auf.
     
    »Als eine Schauspielerin für eine Rolle nicht mit dem Regisseur schlafen musste …«
    »Und der Herr Papa keinen Vaterschaftstest brauchte …«
    »Als die Leute sich für ein Foto nicht nackt auszogen …«
    »Und ein Vollidiot keine Professur bekam …«
    »Als ein Ehemann sich keine Nebenfrauen hielt …«
    »Und Sex noch nicht käuflich war …«
    »Als Unterschlagung nicht salonfähig war …«
    »Und Verbrecher ihre gerechte Strafe bekamen …«
    »Als man nicht stehlen durfte …«
    »Und die Ratten sich vor der Katze fürchteten …«
    »Als beim Friseur noch Haare geschnitten wurden …«
     
    Diesmal hielten sie länger durch, folgten aber nicht immer genau den rhythmischen Vorgaben. Keiner schien den Fluss durch eine Aufforderung zum Trinken unterbrechen zu wollen.
    Der Kellner stellte Chens Gerichte wortlos vor ihn auf den Tisch und zog sich dann wieder in die Küche zurück.
    Als er sein Glas hob, bemerkte Chen, dass die Flasche am Nachbartisch nun leer war.
    Die beiden bestaunten ihrerseits das »Festmahl« nebenan. Der eine blinzelte unterwürfig, der andere hielt in übertriebener Bewunderung den Daumen hoch. Die Botschaft war klar: Sie warteten auf seine Einladung. Chen fragte sich, ob Alkoholiker in ihrer Abhängigkeit keine Rücksicht mehr auf Ehre und Selbstachtung nehmen konnten.
    Er nickte ihnen zu und sagte: »Zufällig habe ich einiges von Ihrem genialen Schlagabtausch mit angehört. Ich bin beeindruckt.«
    »Vielen Dank, mein Herr. Das geschulte Ohr eines Kenners«, erwiderte der lange Dünne und schmatzte anerkennend. Dann stellte er sich grinsend vor: »Ich heiße Zhang.«
    »Wenn die Welt aus den Fugen gerät, kann man nicht nüchtern zusehen«, bemerkte der kleine Dicke. Seine Nase glühte vor Eifer in noch tieferem Rot. »Mein Name ist Li.«
    Chen erhob sein Glas in einer freundlich einladenden Geste. Prompt kamen die beiden mit ihren leeren Schalen an seinen Tisch.
    »Ich bin fremd hier und kenne niemanden. Wie der alte Dichter sagt: Wie soll man all die Sorgen ertragen? / Da hilft nur Dukang-Wein. «
    »Gut gesagt, junger Mann.«
    Chen nahm für seine Gäste zwei Paar Stäbchen aus dem Köcher, worauf sie sich nicht weiter bitten ließen und zugriffen, als wären sie zu Hause.
    »Die eingelegte Schweinezunge ist köstlich«, kommentierte Zhang, während er seine Schnapsschale mit Bier füllte. »Aber das Bier schmeckt wie Wasser.«
    Die beiden hatten kleine Porzellanschalen, die eigentlich für Schnaps gedacht waren. Also bestellte Chen eine weitere Flasche Erguotou , denselben Klaren, den sie bisher getrunken hatten. Dann fragte er den Kellner nach dem »Eintopf aus gepökeltem Gelbfisch«, der unmöglich aus dem See stammen konnte.
    »Nein, nur den Schnaps«, mischte Li sich ein, als wollte er den Geldbeutel eines alten Freundes schonen, »keine weiteren Gerichte.«
    Bevor der Kellner die Flasche brachte, wisperte Li ihm hastig zu: »Wissen Sie, wie gepökelter Gelbfisch hergestellt wird? Die besprühen den ganzen Fisch mit DDT, damit er auf billige Weise länger haltbar bleibt. Neulich habe ich eine Fliege auf einem solchen Fisch landen sehen. Die hat das nicht lange überlebt!«
    »Puh!«
    »Sie sind kein gewöhnlicher Sterblicher«, sagte Zhang und bediente sich aus der Schnapsflasche. »Das hab ich auf den ersten Blick gesehen.«
    »Ich hätte da ein paar Fragen, die mir in Zusammenhang mit Ihrem interessanten Trinkspiel gekommen sind.«
    »Nur zu, fragen Sie.«
    »Ihre Äußerungen zeugen von tiefer Einsicht. Was genau meinten Sie mit ›als man Fische und Krabben noch essen konnte‹? Ich meine jetzt nicht den gepökelten Gelbfisch. Die Menschen hier genießen doch frische

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