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Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
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Erklärung abnehmen würde. Er seinerseits hatte begriffen, dass er die Identität des Oberinspektors auch jetzt nicht preisgeben durfte.
    »Herr Chen ist ein wahrer Meister der Übersetzungskunst. Ich habe alle seine Arbeiten gelesen. Außerdem ist er Dichter. Das kommt seinen Übersetzungen natürlich zugute. Er hat einen makellosen Stil.«
    »Na, wenn Sie sogar Fans bei der Polizei haben, Meister Chen«, erwiderte sie mit unverhohlenem Sarkasmus in der Stimme.
    »Ich fürchte, ich muss jetzt gehen, Herr Chen.« Huang erhob sich. »Sie können mich jederzeit anrufen.«
    »Nein, nein, bleiben Sie nur, Herr Wachtmeister. Unterhalten Sie sich nur weiter über die Polizeiarbeit«, sagte Shanshan spitz. »Ich gehe.«
    Die beiden Männer sahen ihr nach, wie sie aus der Kantine hastete.
    »Ich fürchte, da bin ich eine weitere Erklärung schuldig.« Chen erhob sich mit einem bitteren Lächeln.
    »Laufen Sie ihr nach«, sagte Huang. »Wir können später reden.«
    Plötzlich wirkte der legendäre Oberinspektor gar nicht mehr so souverän; geknickt und ratlos stand er da.

12
     
    CHEN KONNTE SHANSHAN nirgendwo entdecken, als er aus dem Fabrikgelände lief.
    Sie musste an der Kreuzung abgebogen sein, aber in welche Richtung? In ihrer Empörung war sie einfach davongestürmt.
    Er konnte ihre Reaktion durchaus verstehen. Sie hatte ihn nach seiner Verbindung zu Huang gefragt, und er hatte sie mit Ausreden abgespeist, ohne seine Identität als Polizist preiszugeben.
    Aber dafür gab es gute Gründe, zumindest solange die Ermittlungen liefen.
    Er bog in eine kleine Straße ein, von der er annahm, dass sie zum Erholungsheim führte. Im Gehen ließ er noch einmal Revue passieren, was er an diesem Vormittag aus unterschiedlichen Quellen erfahren hatte. Er musste Ordnung in die Sache bringen.
    Und dann sah er sie plötzlich ein Stück weiter vorn.
    »Shanshan!« Er rannte jetzt. »Lass mich das erklären.«
    »Du bist unmöglich!«, rief sie ihm über die Schulter zu, ohne ihre Schritte zu verlangsamen. »Dieser Huang hängt an deinen Lippen wie ein devoter Unterling. Willst du mir immer noch erzählen, er sei eine Zufallsbekanntschaft?«
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen.« Er hatte sich nun dazu durchgerungen, ihr zumindest seine guten Verbindungen zu erklären, wenn er ihr auch nicht seinen wahren Beruf nennen wollte.
    »Ich bin hier gut vernetzt, aber damit wollte ich mich vor dir nicht brüsten«, brachte er keuchend hervor. »Leider erreicht man im heutigen China ohne Beziehungen kaum mehr etwas, das weißt du so gut wie ich.«
    »Spar dir deine Erklärungen.« Sie ging mit gesenktem Kopf weiter. »Ich bin überrascht, dass der Meister der guten Beziehungen überhaupt Zeit für mich hat.«
    »Sag so was nicht, Shanshan. Polizeimeister Huang ist tatsächlich ein Fan der   von mir übersetzten Krimis. Nur deshalb hat er mich Meister genannt. Ich habe ihn wirklich erst während meines Urlaubs hier kennengelernt. Aber nachdem ich dich getroffen hatte, hielt ich es für nützlich, diese neue Verbindung auszubauen. Du weißt, warum.«
    »Ja, ja, du und deine Verbindungen. Egal ob alt oder neu, ich habe genug davon!«
    »Dann hör mir bitte ein letztes Mal zu. Ich habe eben von Huang erfahren, dass es für Jiang ziemlich übel aussieht.«
    »Inwiefern?«
    »Er wird des Mordes an Liu beschuldigt.« Hier machte Chen eine Pause. »Ich kenne diesen Jiang nicht. Was mit ihm geschieht, geht mich nichts an. Aber es wird auch Konsequenzen für dich haben. Ich habe dir gegenüber behauptet, Huang zufällig begegnet zu sein, weil ich meinen Kontakt zu ihm geheimhalten möchte, aber ich will dir doch helfen.«
    »Was willst du von mir?« Allmählich schien sie sich von ihrem Schock zu erholen.
    »Wir müssen reden, Shanshan.«
    Sie waren eine Weile gegangen, ohne auf den Weg zu achten. Jetzt bogen sie in die kleine Straße zum Erholungsheim ein.
    Sie verlangsamte ihre Schritte und blieb schließlich stehen, so als überlegte sie, ob sie mit ihm weitergehen sollte.
    »Hier auf halber Höhe gibt es einen Pavillon, dort sind wir ungestört«, schlug er vor.
    Schweigend stieg sie hinter ihm die mit Moos und Unkraut bewachsenen Stufen hinauf.
    An der Felswand zu ihrer Linken hatten Besucher früherer Zeiten auf der glatten Oberfläche rot oder schwarz gefasste Inschriften hinterlassen, darunter auch Prominenz wie Qian Qianyi, ein Minister aus der Qing-Dynastie, der schon unter dem letzten Ming-Kaiser gedient hatte. Seine Zeilen wurden

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