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Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
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Mittagsmahl und unterhielt sich. Die beiden Polizisten suchten sich einen Tisch am Fenster, wo sie ungestört waren.
    »Was halten Sie von der Sache?«, fragte Huang schließlich über zwei Schalen dampfender Rindfleischnudeln mit gehackten Frühlingszwiebeln hinweg.
    »Also zunächst einmal halte ich Mi für eine unzuverlässige Erzählerin.«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Sie modelliert die Wahrheit nach Ihrem Geschmack. Sie hat keinen unvoreingenommenen Blick auf das Geschehen.« Chen streute kräftig schwarzen Pfeffer auf seine Nudeln. »Mi hat uns eine leidenschaftliche Verteidigung Lius geboten. Denn sie geht, zumindest unbewusst, davon aus, dass ein glücklich verheirateter Mann keine außereheliche Beziehung eingehen würde, wie in dem alten Sprichwort: Wo der Zaun dicht ist, kann kein streunender Hund hinein. Es ist nun aber eine unbestreitbare Tatsache, dass Liu kein treuer Ehemann war und sein Privatbüro für heimliche Treffen mit Mi benutzt hat. Und weil Mi bemüht ist, ihre Position als kleine Sekretärin zu rechtfertigen, ist sie nicht in der Lage, uns uneingeschränkt die Wahrheit zu sagen.«
    »Jetzt verstehe ich, worauf Sie hinauswollen, Chef. Es gibt da einige Ungereimtheiten in ihren Aussagen über Liu. Ich habe mir alles notiert, und es will einfach nicht zusammenpassen. Aber was ist mit Frau Liu?«
    »Sie ist nur eine von mehreren möglichen Tatverdächtigen«, sagte Chen, der inzwischen von seiner Theorie selbst nicht mehr so überzeugt zu sein schien. »Zumal es keine Indizien gibt.«
    »Übrigens hat sich eine neue Entwicklung ergeben – das heißt, so neu ist sie auch nicht, da sie auf einem älteren Szenario aufbaut. Die Innere Sicherheit hat jetzt Tatsachen geschaffen. Nach Rücksprache mit den Oberen haben sie Jiang verhaftet – ganz offiziell.«
    »Können sie denn neue Beweise vorlegen?«, fragte Chen. Offensichtlich erstaunte auch ihn das rasche Handeln des Geheimdienstes.
    »Nicht, dass ich wüsste. Soviel ich von meinem Gruppenleiter erfahren habe, hat der Fall bereits internationales Aufsehen erregt. Je länger sich die Sache hinzieht, desto größer wird der Imageschaden für die Regierung. Daher hat man der Inneren Sicherheit von oben grünes Licht gegeben. Das gefällt mir ganz und gar nicht. Wozu sind wir Polizisten überhaupt noch da?«
    »Mir auch nicht«, pflichtete Chen ihm bei und legte die Stäbchen weg, obgleich er mit seinen Nudeln noch nicht fertig war. »Können Sie mir eine Kopie von Jiangs Aussage zu dem Streit mit Liu zukommen lassen?«
    »Natürlich. Darin behauptet er, seit Monaten nicht mehr mit Liu gesprochen, geschweige denn, gestritten zu haben.«
    »Und dann brauche ich, wenn möglich, noch die Dokumentation der Telefonate vom Anschluss der Firmenleitung.«
    Huang war sich nicht sicher, ob er Chens Gedankengang wirklich gefolgt war. Bislang war der Oberinspektor auf Frau Liu als Hauptverdächtige fixiert gewesen. Nun allerdings schien er eine neue Zielsetzung zu haben: den Nachweis, dass Jiang nicht der Mörder war.
    Aber war es dazu nicht längst zu spät? »Grünes Licht von oben« für die Innere Sicherheit, das verhieß nichts Gutes. Auch ein Oberinspektor auf Urlaub, ganz gleich wie gut seine Verbindungen waren, würde dagegen nichts ausrichten können.
    Vielleicht war es ja gerade das, was Chen zu einem Ausnahmepolizisten machte – diese Hartnäckigkeit, mit der er unbeirrt und gewissenhaft seinen eigenen Weg verfolgte.
    »Aber die Innere Sicherheit hat bereits Tatsachen geschaffen – im Interesse der Partei. Da ist es, fürchte ich, nur noch eine Frage von Tagen, bis der Fall abgeschlossen wird«, meinte Huang voller Unmut. »Wenn wir ihnen doch nur einen schlagenden Beweis oder einen aussagekräftigen Zeugen präsentieren könnten! Noch dazu, wo ich Sie an meiner Seite …«
    Er beendete den Satz nicht, denn er hatte Shanshan bemerkt, die durch die Kantine auf sie zusteuerte.
    »Du hier, Chen?« Sie starrte den Oberinspektor an. »Und in Gesellschaft eines Polizeibeamten …«
    Ihre Überraschung verwandelte sich in Ärger.
    Chen wirkte ebenfalls überrascht, aber auch peinlich berührt.
    »Das ist meine Bekannte Shanshan. Und dies ist Polizeimeister Huang.« Hektisch erhob sich Chen und stellte die beiden vor, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre. »Er ist ein Fan von mir und hat alle meine Krimiübersetzungen gelesen.«
    Der zweite Teil der Vorstellung war offenkundig für sie bestimmt. Huang bezweifelte allerdings, dass sie ihm diese

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