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Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
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Druck auf Jiang auszuüben.
    Doch er gab nicht auf. Unerbittlich geißelte er jene Firmen, die nach wie vor ungeklärte Abwässer in den See einleiteten. Nachdem er den wissenschaftlichen Nachweis für seine Behauptungen erbringen konnte, sandte er erneut detaillierte Berichte an Zeitungen und Zeitschriften, doch sie wurden ihm ausnahmslos zurückgeschickt. Man hatte die Medien angewiesen, seine Arbeit zu boykottieren. Die Vorgehensweisen der Betriebe wurden nicht mehr hinterfragt, da sie wesentlich zum lokalen Wirtschaftsaufschwung beitrugen. Jiang wandte sich daraufhin an Regierungsstellen – hohe Regierungsstellen – und handelte sich mit seiner Hartnäckigkeit schließlich das Etikett eines »politischen Unruhestifters« ein.
    Die Tatsache, dass Jiang seine Ergebnisse – »illegal«, wie die Behörden behaupteten – an die ausländische Presse weitergab, verärgerte die Regierung dann ernsthaft. Jiang hatte Kontakt zu Auslandskorrespondenten aufgenommen, die ihn zum Teil für seine Berichte bezahlten und diese dann im Ausland publizierten. Von dort fand das Material ironischerweise seinen Weg zurück in die internen Publikationen für hohe Pekinger Kader. Und so landete Jiang endgültig auf der schwarzen Liste, während die von ihm angeprangerten Industriebetriebe weiterhin auf Kosten der Umwelt Rekordumsätze einfuhren.
    Daraufhin änderte Jiang seine Taktik, indem er Feldstudien durchführte und mit Fotos und Messdaten unwiderlegbare Beweise erbrachte. Dann konfrontierte er die entsprechenden Firmen mit dem Material und forderte sie auf, ihre umweltschädlichen Praktiken einzustellen. Taten sie dies nicht, stellte er die Informationen, illustriert mit schockierenden Bildern, ins Netz. Seine Blogs hatten wesentlich mehr Resonanz als die Beiträge in den Printmedien und riefen bei Internetnutzern zahllose Reaktionen hervor.
    Diese effektive Informationsverbreitung machte der Führung in Peking natürlich noch mehr Kopfzerbrechen. Und wie aus heiterem Himmel tauchte plötzlich die Anschuldigung auf, Jiang habe sich durch die Erpressung von Industriebetrieben eine goldene Nase verdient.
    »Das geht nun schon seit zwei Jahren so«, schloss Shanshan ihren Bericht. »Ich glaube einfach nicht, dass er auf persönliche Bereicherung aus ist. Sie haben vielmehr alles versucht, ihn zum Schweigen zu bringen.«
    Shanshan hatte lange gesprochen. Das Nachmittagslicht, das ihre Schatten in den verwunschenen Pavillon warf, wurde allmählich schwächer. Dunst stieg aus den fernen Bergen auf und ließ ihre Umrisse verschwimmen. Chen hatte aufmerksam zugehört, ohne sie zu unterbrechen.
    »Aber du hast gesagt, dass er das Geschäft verkauft hat und sich seinen Lebensunterhalt verdienen musste«, hakte er nun nach. »Heutzutage ist mit Artikeln und Vorträgen nicht viel Geld zu verdienen.«
    »Soweit ich weiß, hat er Rücklagen aus der Zeit, bevor er Umweltaktivist wurde.«
    »Was für ein Mensch ist er?«
    »Jedenfalls kein Mörder, so viel kann ich sagen.« Und nach kurzem Nachdenken fügte sie hinzu: »Natürlich hatte er seine Schwächen. Er liebte das Rampenlicht und war ein bisschen sehr selbstgefällig. Wenn eine Firma ihm ein Beraterhonorar anbot, sagte er nicht nein, aber meines Wissens wollte er dieses Geld für den Umweltschutz verwenden. Trotzdem ist das natürlich nicht ganz sauber.«
    »Inwiefern warst du an seinen Aktivitäten beteiligt?«
    »Ich habe ihn vor etwa einem Jahr kennengelernt. Unsere gemeinsamen Interessen boten viel Gesprächsstoff, und wir haben uns gelegentlich getroffen. Einmal habe ich dabei auch ein Problem aus meiner Fabrik angesprochen und konkrete Messdaten genannt, die hat er später in einem seiner Berichte verwendet.«
    »Mit dem er dann zu Liu ging.«
    »Vermutlich. Jedenfalls war Liu fuchsteufelswild über meinen angeblichen Verrat, obwohl es sich keineswegs um vertrauliches oder gar geheimes Material handelte. Jeder hätte das recherchieren können. Auch ich war natürlich wütend auf Jiang. Er hätte die Konsequenzen bedenken müssen, bevor er Liu den Bericht vorlegte. Jiang hat zwar behauptet, meinen Namen nicht genannt zu haben, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass die Informationen offensichtlich von mir stammten. Die Zahlen passten. Ich war so sauer, dass ich ihn nicht mehr sehen wollte.«
    Chen registrierte das »nicht mehr sehen wollen«, es deutete auf eine engere Beziehung hin.
    »Und das liegt einige Monate zurück?«
    »Ja. Was er seither unternommen hat, weiß ich

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