Toete John Bender
dran, eine Geschichte zu erzählen. Eine Lagerfeuergeschichte, die auf einer Insel in der dänischen Südsee spielt.«
»Ja, blutig und gruselig soll sie sein!«, rief Sascha mit bedrohlich tiefer Stimme.
»Nein!«, quengelte Silvia. »Nicht gruselig!«
Lachend nahmen sie ihre Sachen und gingen zurück zu ihrem Lagerplatz.
***
E s gab Labskaus mit Spiegelei, und nachdem alle gegessen hatten, bestand Frederik darauf, einen Tee zu kochen und diesen zur Geschichtenrunde zu servieren. Alle stimmten zu, zumal es frisch wurde und der Gedanke an ein warmes Getränk in den Händen vielversprechend war. Wolfgang rundete den Vorschlag ab, indem er den Rum ins Spiel brachte und meinte, man könne ja mit Schuss trinken.
»Bevor wir uns in einer halben Stunde zu einer Lagerfeuergeschichte treffen, zieht euch was Warmes an. Das Feuer wärmt, aber immer nur von einer Seite. Jens und ich werden uns noch mal zum Gespräch zurückziehen. Und Frederik, du wolltest den Tee kochen und deine Geschichte vorbereiten?«
»Ja«, antwortete Frederik. »Ich brauche eure Tassen, weil ich den mit einem Schuss Milch koche.«
»Ist der wie Jogi-Tee, oder so?«, wollte Sascha wissen.
»So ähnlich. Aber friesisch.«
»Gut, wir stellen dir die Tassen dann hier hin«, beschloss Tom und deutete auf die Kiste, die er aus dem Schuppen mitgebracht hatte.
Sie standen auf und Tom trat an Frederik heran.
»Du, ist das in Ordnung mit der Geschichte für dich?«
»Ich glaub schon.« Frederik nickte zuversichtlich.
Im Dunkeln fiel Tom erst auf, wie groß und schlaksig Frederik war.
»Gut, ich freu mich schon«, verabschiedete sich Tom und holte dann Jens zu ihrer Feedbackrunde am Strand ab, um den morgigen Tag zu planen. Und natürlich, um eine Zigarette zu rauchen.
***
S ie standen am Boot angelehnt und sahen auf das Meer.
»Und? Was meinst du?«
Jens wägte mit den Händen ab. Er war sich unsicher.
»Ich glaube, die Stimmung ist jetzt gut, kann aber jederzeit kippen. Ich finde wir sollten Morgen schnell mit unseren Aufgaben einsteigen. Frühstücken, ein kurzes Warming-up und dann die Fragebögen. Ansonsten, tja … ich finde es merkwürdig, dass Andi nicht gekommen ist.«
»Ja«, stimmte Tom seinem Assistenten zu.
Sie schwiegen, ließen den Tag passieren und lauschten dem beruhigenden Geräusch der Wellen, wie sie an den Strand rollten und wieder ins Meer flossen.
»Ich sehe es wie du, Jens. Und ich muss dich mal loben. Als ich zurückkam, habe ich wirklich mit dem Schlimmsten gerechnet, aber das war alles so ausgelassen bei euch, da musst du viel für investiert haben.«
»Ich hab’ schmutzige Witze über dich erzählt«, konterte Jens trocken und Tom musste lachen. Gleichzeitig bemerkte er, dass Jens ein Lob nicht annehmen konnte, meist ein Indiz dafür, dass man mit sich selbst nicht im Reinen war.
»Tja, und das mit Andi wundert mich auch. Und mit dem komischen Gast hier. Ich bin übrigens dafür, dass wir Wache halten. Also … nur wir beide. Du kannst wählen, nimmst du die erste oder die zweite?«
Jens stöhnte, widersprach aber nicht.
»Die zweite«, antwortete er.
»In Ordnung, dann lass uns mal zurückgehen und eine Geschichte hören«, entschied Tom.
***
S ie saßen gemütlich um das Feuer herum. Sascha lag in seinem Schlafsack auf der Seite, jeder hatte eine Tasse dampfenden Tee vor sich oder in der Hand, und sie erwarteten die Ankündigung der Geschichte. Tom kostete von dem Tee, hob anerkennend die Augenbrauen, sah aus den Augenwinkeln, wie Wolfgang sich etwas Rum nachschenkte. Er wollte die Gruppe nicht warten lassen.
»Einem großartigen Tag gebührt ein großartiger Abschluss. Und dafür wird Frederik gleich Sorge tragen, indem er eine Lagerfeuergeschichte erzählt. Unsere Herzen hat er ja schon zur Hälfte durch diesen fantastischen Tee erobert.« Er hielt seine Tasse hoch und dankte Frederik, die anderen taten es ihm nach. »Einen Teil trägt der Rum noch dazu. Bedient euch, Freunde!« Tom deutete auf den Rum und Doris nahm sein Angebot an. »Und den bedeutendsten Teil liefern die Geschichte und ihr Erzähler. Bitte, Frederik!«
Sie applaudierten. Frederik erhob sich, rollte mit den Schultern, knetete seine Hände und schob seine Brille zurecht.
Nein, er ist zu nervös, um eine Geschichte zu erzählen , dachte Tom und schämte sich für ihn.
Unerwartet schoss Frederik mit ausgebreiteten Armen vor und sah sie mit großen Augen und finsterem Blick an.
»Die Geschichte, die ich euch erzähle, hat sich
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