Toete John Bender
Sascha und Frederik entspannte sich.
Sonderbares Verhalten , dachte Tom. Wenn er sich noch daran erinnerte, mit welcher Präsenz Frederik die Geschichte am Lagerfeuer vorgetragen hatte, dann bekam er beinahe das Gefühl, es mit zwei Personen zu tun zu haben.
»Frederik«, schritt Tom ein. »Das war kein Aufsichtsrat. Wo war denn dein Selbstbewusstsein des gestrigen Abends?«
Frederik zuckte mit den Schultern. »Ich bin halt kein Aufsichtsrat«, entschuldigte er sich.
»Ich weiß, dass du kein Aufsichtsrat bist. Vielmehr stellt sich die Frage, ob du ein Schauspieler sein kannst, was im Berufsleben als Führungsperson gelegentlich von Vorteil ist. Hier habe ich zumindest kein schauspielerisches Talent entdecken können, eher große Zurückhaltung und Schüchternheit«, analysierte Tom gerade heraus.
Frederiks Mundwinkel bebten, er presste die Lippen zu Strichen zusammen.
»Sorry, wenn ich dir da zu nahe getreten bin, aber das ist meine Meinung«, suchte Tom den Dialog und sah Frederik an. Der schwieg und nickte.
»Gut. Wolfgang, hast du soweit alles verstanden?«
»Ja, wir können anfangen. Mal sehen, wie ich mich mache.«
»Kannst du mir auf deiner Liste einmal zeigen, für welche Eigenschaften du dich entschieden hast?«
Wolfgang hielt ihm die Mappe hin und Tom überflog die angekreuzten Kästchen: Ehrlichkeit, Stärke, Konsequenz. Er hatte mit einer solchen Zusammenstellung von Wolfgang gerechnet.
»In Ordnung. Viel Spaß, Chef !«, wünschte er ihm. »Ihr seid auch bereit?«, fragte er den Aufsichtsrat und bemerkte, dass Frederik noch immer betroffen und wütend war.
»Jepp!«, antwortete Sascha.
»Gut, dann erwarten wir unsere Angestellte Doris.«
Tom sah zum Himmel über dem Meer, dann zu den Dünen, wo er Doris und Jens erwartete, die kurz darauf erschienen. Er beobachtete, wie Doris sich einmal reflexartig an den Hinterkopf fassen wollte, ihre Bewegung aber unterbrach. Sie hatte eindeutig Schmerzen, wollte diese aber nicht zeigen. Tom unterdrückte seine Sorge, an ihren prophetischen Fähigkeiten könnte etwas dran sein, und lächelte sie an.
»Bereit, Doris?«, fragte er und fühlte sich wie der Moderator einer Freiluftveranstaltung. Hoffentlich wirkte es nicht billig. Doris nickte ihm zu. Tom schritt ein Areal ab und zog mit seinem Fuß eine Trennlinie zwischen dem “Aufsichtsrat“ und Wolfgang und Doris. » Giant Incorporated , wir befinden uns im Büro des Geschäftsführers Wolfgang, der bequem in seinem Ledersessel …«, Tom lief weg, holte eine Bank aus ihrem Küchenbereich, »… sitzt und seine Angestellte Doris erwartet, der er einiges mitzuteilen hat. Es klopft an der Tür, Doris tritt ein und setzt sich.«
Tom hetzte wieder in den Küchenbereich, holte einen Klappstuhl und stellte ihn der Bank gegenüber. Gestisch bat er Doris, sich zu setzen. Sie nahm sein Angebot an.
»Der Aufsichtsrat behält sich vor, das Gespräch hinter einer verspiegelten Scheibe zu beobachten. Ihr könnt sie nicht sehen. Für euch ist es so, als wären sie gar nicht da. Jens, Kamera!«
Langsam schritt Tom mit übertrieben gespannter Miene rückwärts zu den anderen und ahmte mit den Händen einen zufallenden Vorhang nach.
Doris und Wolfgang sahen sich an, in ihren Mienen spiegelte sich leichte Nervosität. Doris überwand sich: »Herr Schnettler, Sie wollen mit mir reden. Sicherlich geht es um die Stelle, die wohl im Entstehen ist und für die ich mich außerordentlich qualifiziert fühle«, eröffnete sie das Personalgespräch.
Wolfgang straffte sich. »Nein, deswegen sind Sie nicht hier, Frau Keilpflug. Es geht um etwas anderes. Wie Sie vielleicht schon dem einen oder anderen Gerücht entnehmen konnten, wird der Hauptsitz der Firma aus Deutschland verlegt und …«
»Wie bitte?«, unterbrach ihn Doris entsetzt und hielt sich eine Hand vor den Mund.
»Lassen Sie mich bitte ausreden, Frau Keilpflug … der Hauptsitz der Firma wird also von Deutschland ins Ausland verlegt werden. Eine Maßnahme, die alle Mitarbeiter betrifft. Auch Sie, Frau Keilpflug.«
Wolfgang ließ eine Weile verstreichen, Sascha und auch Silvia notierten sich Auffälligkeiten.
»Heißt das, wir schließen? Ich bin meinen Job los?«, ängstigte sich Doris.
Wolfgang hob beschwichtigend die Hände. »Nein, nein, Frau Keilpflug, aber ich will offen und ehrlich sein – der Aufsichtsrat und ich, wir versuchen jene Mitarbeiter zu halten, die sich jahrelang verdient gemacht haben und Sie, Frau Keilpflug, gehören dazu.« Wolfgang sah
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