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Toete John Bender

Toete John Bender

Titel: Toete John Bender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Voss
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antwortete Sascha nach einiger Bedenkzeit.
    Im ersten Moment wollte Tom einen Konflikt provozieren, zu aufgebracht war er, dann besann er sich seiner Position, seiner Verantwortung, und verkniff sich eine Antwort. Stattdessen zuckte er mit den Schultern.
    »Heute Morgen war hier alles vollgeschrieben!«, wiederholte er noch einmal und hob hilflos die Arme – eine schwache Geste!
    »Geht es da nach oben?«, fragte Wolfgang, der am weitesten in den Raum eingedrungen war, am Treppenaufgang stand und hinauf leuchtete.
    »Ja«, bestätigte Tom. »Und dort stand in großen Buchstaben einmal über die eine Wand das Wort Tod. Wird wohl jetzt auch nicht mehr dort sein …«
    Musik erklang aus dem ersten Stock und ließ sie alle zusammenfahren. Hey, hey, hey, hey! und ein lang gezogenes Huhu des Sängers Jim Kerr eröffnete das Lied ›Don´t you (forget about me)‹. Es hallte durch den gesamten Bunker. Erschrocken sahen sie sich an. Silvia wollte etwas sagen, unterließ es aber, weil sie hätte schreien müssen, um gegen die Lautstärke anzukommen.
    Tom gab Wolfgang per Handzeichen zu verstehen, er solle unten bleiben und den anderen leuchten. Er selbst nahm zwei Stufen auf einmal und rannte die Treppe hoch, um den Lärm zu beenden. Das Lied war eine seiner Jugendhymnen gewesen und rührte ihn, selbst hier. Aber nicht nur, dass es ihn ergriff. Es stimmte ihn nachdenklich, da er es auch als Hinweis an sich verstand. Eine Botschaft seines Feindes!
    Er sprang in den oberen Raum hinein und stockte. An der Wand, auf der zuvor ›Tod‹ zu lesen gewesen war, stand ein Tisch, auf dem zwei Kerzen in verzierten Kandelabern einen Plattenspieler samt Verstärker, einen Kelch und einen Zettel beleuchteten. Aus zwei Ecken des Raumes tönte die Musik aus schwarzen Lautsprechern. Mit drei schnellen Schritten war Tom bei dem Plattenspieler, nahm den Tonarm von der Schallplatte, Jim Kerrs Stimme erstarb und Stille besetzte so schnell und mächtig den Bunker, dass Tom unbehaglich wurde.
    »Alles klar?«, rief Wolfgang und reckte seinen Kopf hinein, während er den anderen den Treppenaufgang beleuchtete.
    »Soweit ja«, antwortete Tom und sann noch immer diesem Lied nach, seiner Jugend, der Unbeschwertheit in der Schule, der Abitur-Zeit.
    Er hatte von seinem Vater einen Golf II Cabrio geschenkt bekommen und stand vor dem Dilemma zwischen Lernen und Mädchen. Er hatte sich für die Mädchen entschieden und trotzdem einen Einser-Durchschnitt hingelegt, nicht zuletzt auch durch den Einfluss seines Vaters in der Schule. Sommer – offenbar spielten sich die meisten Szenen seiner Jugend im Sommer ab. Mit den Kumpels im Golf zur See fahren, Mädels aufreißen, Partys feiern – alles war so zwanglos, so leicht gewesen. Don´t you (Forget about me) spiegelte dieses Gefühl, diese Haltung sehr gut wieder. Tom erinnerte sich. Es war der Soundtrack zu dem Film ›Breakfast Club‹ gewesen, den sie in der Schule als Theater aufgeführt hatten; nein, aufführen wollten , wäre da nicht dieser Trottel gewesen, der gleich bei der Premiere für einen Eklat gesorgt hatte, sodass die beiden weiteren Vorstellungen ins Wasser gefallen waren. Er, Tom, hatte den asozialen Freak … wie hieß er noch gleich … Bender , ja, genau, John Bender , gespielt, besser spielen sollen … John Bender? Don´t you (Forget about me)? John – Tod? War das der Hinweis, den er die ganze Zeit gesucht hatte? Den er finden sollte? War er seinem Feind damals auf die Füße getreten und sollte er jetzt die Rechnung dafür zahlen? Eine verschmähte Liebe, ein ausgespannter Verliebter vielleicht? Der Gedanke machte Tom Angst, war ihm diese Vorstellung doch selbst so fremd, dass es ihm vorkam, wie die Tat eines Wahnsinnigen. Aber war sie es nicht auch?
    »… Tom?«, hörte er Sascha fragen und kam zurück ins Hier und Jetzt.
    »Ja, was denn?«
    »Ob du auch schon den Zettel auf dem Tisch gesehen hast?«, wiederholte Sascha seine Frage.
    »Ja … ja, ja, aber ich habe ihn mir noch nicht angesehen«, sagte Tom geistesabwesend, gedanklich damit beschäftigt, mit den neuen Erkenntnissen nach seinem Gegner zu fahnden.
    »Mit Batterie«, warf Wolfgang ein, offenbar als Antwort auf die Frage, aus welcher Quelle der Strom für den Verstärker stammte.
    »Hier ist wieder ein Rätsel«, gab Silvia bekannt und hielt den Zettel hoch. Tom wollte sie aus einem Impuls heraus bitten, zu warten. Er hätte die Botschaft gerne als Erster und vor den anderen gelesen, aber das hätte ihn nur verdächtig

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