Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once
und die ohnehin beeindruckende Menge an Falten wurde noch größer. »Ich wohne seit drei Jahren hier«, antwortete er. »Ursprünglich komme ich aus Tennessee. Ich bin ein echter Redneck, ein Hinterwäldler mit griechischen Vorfahren. Wie dem auch sei – von Richard Speck weiß ich nur das, was man uns im Briefing von dem Kerl erzählt hat. Dass er mehrere Krankenschwestern in einem Wohnheim umgebracht hat, irgendwann in den Sechzigern. Warum fragen Sie?«
Dana öffnete das Fenster einen Spaltbreit, um frische Luft ins Wageninnere zu lassen. Die kalte Winterluft ließ sie frösteln. »Richard Speck wurde aufgrund der Zeugenaussage einer Schwesternschülerin verurteilt, die in der fraglichen Nacht im Wohnheim war – einer jungen Filipina mit Namen Corazon Amurao«, erklärte sie. »Sie hatte sich unter einem Bett versteckt und von dort aus beobachtet, wie Speck die anderen ermordete. Offenbar hatte Speck sie vergessen. In der Hektik hatte er wahrscheinlich den Überblick verloren.«
Konstantopolous’ dichte Augenbrauen zogen sich zusammen. »Was hat das mit unserem Fall zu tun?«
Dana redete schneller, als befürchtete sie, die eigene Überzeugung zu verlieren, wenn sie auch nur einen Moment zögerte. »Wenn Trent Bollinger tatsächlich unser Mann ist, haben wir ein sehr viel größeres Problem, als ich ursprünglich dachte«, sagte sie. »Er ist nicht bloß ein gewöhnlicher Nachahmer. Er ist viel mehr. Er erschafft jeden einzelnen Aspekt der fraglichen Verbrechen neu, bis hin zur räumlichen Lage der Opfer. Ich denke, er hat Ahn Howser befohlen , unter das Bett zu kriechen. Ich bin mir so gut wie sicher. Und irgendwie hat Ahn Howser die Geistesgegenwart besessen, uns einen Tipp zu hinterlassen, so grausig das für sie gewesen sein mag.«
»Warum sollte er ihr befohlen haben, unter das Bett zu kriechen?«, fragte Konstantopolous verwirrt. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
Dana hielt den Plastikbeutel mit dem Ausweis hoch. »Und ob«, widersprach sie. »Es ergibt sogar allen Sinn der Welt, zumindest in den Augen unseres Killers. Sie war unter dem Bett, aber er hat sie nicht vergessen. Und wenn Trent Bollinger tatsächlich unser Mann ist, kopiert er die Verbrechen nicht nur, sondern stellt sie eins zu eins nach. Aber da ist noch mehr.«
»Und was?«, fragte Konstantopolous.
»Die Einzigen, die sämtliche Details kennen, die auch der Täter zu kennen scheint, und die eine Verbindung zwischen den verschiedenen Killern herstellen könnten, sind Studenten an der FBI-Akademie in Quantico. Studenten, die Crawford Bells Vorlesungen besucht haben.«
»Wer ist Crawford Bell?«
Dana erzählte dem Detective von ihrem früheren Partner. »Es gibt fünf Hauptthemen in Crawford Bells Einführungsvorlesung«, fuhr sie dann fort. »Fünf berüchtigte Serienkiller. Richard Ramirez, Dennis Rader, Richard Speck, David Berkowitz und John Wayne Gacy. Ich kann nicht glauben, dass mir das erst jetzt wieder einfällt. Irgendwie habe ich es schon die ganze Zeit gewusst, ohne es greifen zu können. Wie dem auch sei, Ramirez, Rader und Speck wurden bereits kopiert. Der Strafzettel auf Ahn Howsers Brust bedeutet, dass David Berkowitz vermutlich der Nächste sein wird. Ich denke, unser Mann ist ein ehemaliger FBI-Agent.«
Konstantopolous runzelte die Stirn. »Oder ein aktiver«, sagte er. »Verdammt, vielleicht ist Crawford Bell selbst der Täter«, witzelte er.
Danas Ohren klingelten. Sie wollte seine Worte zurückweisen, wollte diesen Gedanken als absurd verwerfen – schließlich war es nur ein Scherz gewesen, und nicht mal ein besonders guter. Trotzdem fraßen sich die Worte des Detectives in ihren Verstand. War es bei genauerer Betrachtung tatsächlich eine so abwegige Vorstellung? Crawford hatte bis zum jetzigen Tag kein Profil des Täters erstellt. Er verhielt sich mehr als eigenartig. Vielleicht hatte der Tumor ihm den Rest gegeben, nachdem er ein Leben lang die blutigsten Morde in ganz Amerika aufgeklärt hatte. Vielleicht war er auf der dunklen Seite angekommen.
Crawford Bell war der Einzige beim FBI, der den Mordfall an Danas Eltern in- und auswendig kannte. Sie hatte Crawford Einzelheiten erzählt, die niemand außer ihm wissen konnte. Details, die in keiner Akte nachzulesen waren. Details, die dieser Killer zu wissen schien. Crawford hatte Vorlesungen über die berüchtigten Serienmörder gehalten, die dieser Killer nachahmte. Er hatte sogar ein Buch über sie geschrieben.
War das alles Zufall? Oder hatte die
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