Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
zu mir, wenn die flügge geworden sind. Vertrauen ist mein Kapital!«
Selma nannte ihm erneut die Adresse und sagte: »Es ist zwei Monate her, Sie müssen sich doch noch an den Verkauf der Wohnung erinnern!«
»Ich erinnere mich sehr gut an die Wohnung, ein wunderschönes Objekt, ein Sahnestückchen, ging sofort an einen Interessenten in meiner Kundenkartei weg, ich brauchte nicht einmal zu inserieren. Aber dieser NameAugenblick mal.« Er blätterte in einer Hängeregistratur, schlug eine Akte auf und dann wieder zu. »Doch, Sie haben recht. Ahlborg. Oder eigentlich auch wieder nicht. Ahlborg hieß die Mieterin, die verstorben war. Camilla Ahlborg.«
»Und wie hieß der Verkäufer?«, fragte Selma.
»Das weiß ich nicht«, sagte Arvidsson.
»Aber jemand muss Sie doch beauftragt haben.«
»Ich habe immer nur mit einer Bevollmächtigten zu tun gehabt, und auch das nur per Telefon. Zur Beurkundung des Vertrags kam dann ein Anwalt. Das kommt bisweilen vor, wenn die Käufer oder Verkäufer der Immobilie im Ausland leben oder nicht in Erscheinung treten wollen. Ich bin bekannt für meine Diskretion.« Arvidsson grinste.
Wahrscheinlich hat er sich diese Diskretion ein paar Zehntausender in bar und ohne Quittung kosten lassen, dachte Selma.
»Ich brauche den Namen des Bevollmächtigten.«
Das Mondgesicht verdüsterte sich.
»Sonst bleibt mir nichts anderes übrig, als einen Durchsuchungsbeschluss Ihrer Büroräume zu erwirken. Wir ermitteln hier nämlich in einer Mordsache.«
Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber es half, denn Arvidsson blinzelte nun erschrocken hinter seinen runden Brillengläsern.
»Mord? Mein Gott! Damit will man ja lieber nichts zu tun haben.«
»Eben«, sagte Selma.
»Es war eine Frau.« Der Makler schlug erneut die Akte auf. »Catherine Tjäder aus Stockholm, genauer gesagt: Östermalm, Valhallavägen. Sehr schöne Lage, kaum noch bezahlbar«
»Herr Arvidsson!«
»Also, im Vertrauen: Mir kam das ja auch alles ein wenig komisch vor, deshalb habe ich die Frau mal gegoogelt. Macht man ja heutzutage so.« Der Makler lächelte schelmisch, offenbar hielt er sich für besonders gerissen. »Ich dachte, es wäre eine Anwältin, aber dann habe ich ganz schön gestaunt.«
»Und warum haben Sie gestaunt?«, fragte Selma, um Geduld bemüht.
»Es war eine Agentin.«
» CIA , FBI oder Mossad?«, fragte Selma. Das Mondgesicht wollte sie doch nicht etwa verarschen?
»Nicht so eineEine Agentin für Künstler. Genauer gesagt: Schriftsteller. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass es diesen Beruf gibt und dass die auch solche Sachen machen – ich meine, Wohnungen verkaufen für ihre Klienten. Das gehört sicher nicht zum Kerngeschäft, habe ich mir gedacht. Bestimmt ist die ehemalige Besitzerin der Wohnung eine Berühmtheit, die inkognito bleiben will.«
»Woher wissen Sie, dass es eine Besitzerin war?«, fragte Selma.
»Frau Tjäder – eine sehr sympathische Dame übrigens, zumindest am Telefon – hat immer von ›ihrer Klientin‹ gesprochen. Aber den Namen hat sie nie genannt. Der müsste eigentlich im Kaufvertrag stehen, aber der liegt mir nicht vor. Am besten, Sie wenden sich an das Notariat, bei dem der Kauf abgewickelt wurde. Die Adresse kann ich Ihnen geben.«
»Danke«, sagte Selma und stand auf.
»Vergessen Sie das Exposé nicht! Rufen Sie mich an, dann zeige ich Ihnen die Wohnung. Aber zögern Sie nicht zu lange, die Lage ist absolut gesucht! Und was die Finanzierung angeht: Da kann ich Ihnen zu einem sehr günstigen Kredit verhelfen. Sonderkonditionen für Staatsbeamte.«
»Ich überlege es mir«, sagte Selma, ergriff die Mappe und flüchtete aus dem Maklerbüro die breiten Marmortreppen hinunter.
Sie konnte es kaum erwarten, mit ihren Recherchen zu beginnen, und holte bereits in der Straßenbahn ihr Notebook aus dem Rucksack.
Netterweise waren auf Catherine Tjäders Webseite die vierundzwanzig Autoren aufgeführt, die sie betreute. Selma sagten die Namen nichts, bis auf einen: Eyja de Lyn.
»Mich laust der Affe!«, flüsterte sie. »Das kann nicht wahr sein. Das gibt’s doch nicht.«
Beinahe hätte sie ihre Haltestelle verpasst, im letzten Moment quetschte sie sich zur Tür hinaus. Atemlos kam sie vor ihrem Haus an, rannte die Stufen hinauf und hielt vor Schreck die Luft an. Von den Stufen vor ihrer Wohnungstür erhob sich ein weißes Gespenst mit roten Augen.
»Forsberg«, keuchte Selma, nachdem sie ihren Vorgesetzten identifiziert hatte. »Du siehst aus wie ein
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