Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
Frauenkörper in Unterwäsche, der mehr als die Hälfte des breiten Himmelbetts einnahm. Er sah an sich hinunter, während die Erinnerung langsam zurückkehrte. Er trug noch immer das Hemd von gestern und seine Cordhosen. Die Schuhe standen artig vor dem Bett. Er erhob sich, ging aufs Klo und putzte sich die Zähne, um den Geschmack nach toter Ratte loszuwerden. Der Vogel wird ja eine tolle Meinung von mir bekommen, dachte er. Damenbesuch schon in der ersten Nacht.
Als er ins Zimmer zurückkam, saß Eva aufrecht im Bett und betrachtete ihre Hände, den Ehering, und verkündete, sie würde Stieg verlassen.
»War ich so gut?«, fragte Forsberg.
»So was hab ich noch nie erlebt«, sagte Eva.
»Was wirst du erst tun, wenn ich in Hochform bin?«, grinste Forsberg, dem gerade angst und bange wurde.
»Das hat nichts mit dir zu tun.«
Hoffentlich! »Denk an den Z4«, mahnte er.
»Wir passen einfach nicht zusammen. Das ist mir gestern, in dieser Hütte, klar geworden.«
Schluss mit lustig, dachte Forsberg. Er legte seine Kleidung ab und kroch wieder ins Bett.
»Dann lass uns doch noch rasch ein Verhältnis anfangen, ehe du geschieden bist.«
Eva rollte sich auf die Seite, stützte den Kopf auf den Ellbogen und schaute ihn an. Morgenlicht sickerte durch die rosa Gardinen. Wie wunderschön sie war, ein Moment für die Ewigkeit, dachte Forsberg.
»Du bist unmöglich!«, sagte Eva.
»Ja«, sagte Forsberg.
Eine gute Stunde später saß Forsberg allein in der Küche und beschloss, jetzt noch fünf Minuten zu warten und dann den Vogel zu wecken. Er hatte Selma nicht nach Hause kommen hören, was kein Wunder war, wenn man Evas Schilderung glauben durfte: Angeblich sei er nach einem Bier, einem Wodka und einer vermurksten Liebeserklärung am Küchentisch eingeschlafen und ihr dann, wie in Trance, in dieses Zimmer gefolgt, wo er aufs Bett geplumpst sei wie ein Sack Kartoffeln und dann geschnarcht habe wie ein Bär.
Er spülte die Gläser und wischte den Tisch ab und warf die zweite Pizza, die Selma gestern Abend in ihrem gerechten Zorn verschmäht hatte, in den Müll.
So, halb acht, jetzt wurde es aber langsam Zeit! Er klopfte an ihre Tür und als sie nicht reagierte, spähte er hinein. Sir Henry saß auf ihrem Bett und blickte ihn stumm und vorwurfsvoll an.
»Ist ja gut«, sagte Forsberg und schleppte ihn wieder in die Küche, auf seinen angestammten Platz. Keine SMS , nichts auf der Mailbox.
Musste er sich Sorgen machen? Andererseits – was wusste er denn schon von ihrem Privatleben? Vielleicht hatte sie einen Freund oder eine Freundin und war dort über Nacht geblieben. Er beschloss, zum Dienst zu radeln, und wenn sie bis zehn Uhr nicht erschien oder sich meldete, würde er sie anrufen.
Die Sonne quälte sich durch den Dunst, und ein strammer Seewind verwirbelte die Staubfahne, die Leif Hakeröds hochglanzpolierter XC 90 hinter sich herzog. Das Fahrzeug erwies sich als nützlich, denn die schmale, unbefestigte Straße führte steil bergab. Hakeröd hätte es sicher gar nicht gerne gesehen, wie Selma den Wagen über das Geröll springen ließ, als würde sie ein Pferd zureiten.
Leander klammerte sich an den Sitz und fragte sich, ob man sich auf Hakeröds Wegbeschreibung und Selmas Gedächtnis verlassen konnte, oder ob sie gleich in einen Abgrund rasen würden. »Bloß gut, dass wir nicht nachts hierrunter gefahren sind.«
»Ja«, sagte Selma. Sie lächelte scheu zu ihm hinüber, und Leander lächelte zurück.
Sie hatten in einem einfachen Café am Hafen gefrühstückt, hungrig, wortkarg und verlegen, und es hatte eine Weile gedauert, bis sie sich wieder in die Augen hatten sehen können. Leander hatte darüber nachgedacht, wieso er sich immer wieder von bizarren Frauen magisch angezogen fühlte. Er dachte an Tinka, wie sie gestern auf dem Sofa gesessen hatte, an diesen Moment, in dem er fest überzeugt gewesen war, sie zu lieben. Und doch hatte er es nur ein paar Stunden später nicht erwarten können, mit diesem Vogelwesen zu schlafen. Selma, die Töne sah und Farben hörte. Noch dazu in einem Auto, wie ein Teenager! Das Koks konnte nicht als Ausrede gelten, das machte es nurschärfer. Denn schon als er sie das erste Mal in Forsbergs Büro gesehen hatte, hatte er sie anziehend gefunden und sich so allerhand vorgestellt. Verdammt, was war los mit ihm? Er hatte eine wunderbare Frau und einen Job, den er mochte, zumindest an den meisten Tagen. Genug, um nicht unzufrieden zu sein. Und die Gewissheit wuchs, dass
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