Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
zuging. »Nein. Sie hat nur ihren Mann bei mir vermisst gemeldet und ich habe ihr die Todesnachricht überbracht. Auf der Trauerfeier war ich nur der Höflichkeit halber.«
»Wirklich?«, fragte Eva.
»Ja!«
»Du bist ein anständiger Kerl.«
»Da gibt’s andere Meinungen.«
»Jedenfalls war es etwas, das sie nicht mit Dag besprechen konnte oder wollte.«
»Hast du jemandem davon erzählt?«
»Keinem Menschen!«
»War Marta immer schon so...?«
»Ja«, antwortete Eva. »Schon damals.«
Die Bedienung brachte den Kaffee.
»Bist du wirklich ganz sicher, dass es ein Selbstmord war?«, fragte Eva nach einem Schluck von ihrem Cappuccino, dessen Milchschaum einen aparten Kranz auf ihrer Oberlippe hinterließ.
»Ich habe die Tatortfotos der Kollegen aus Jonköping gesehen, den Bericht der Spurensicherung und den Obduktionsbericht. Es gab keine Anzeichen für ein Fremdverschulden.«
Er rechnete damit, dass Eva etwas sagte wie, er sei gar nicht der Typ für einen Selbstmord, doch kein Wort davon kam über ihre Lippen.
»Du warst also nicht selbst in dem Sommerhaus?«
»Nein.«
»Hm«, machte Eva.
Forsberg ahnte, was nun kommen würde. Aber das ging natürlich nicht. Auf gar keinen Fall! Auch wenn es zu verlockend wäre, mit diesem Prachtweib für ein paar Stunden aufs Land zu fahren. Aber der Fall war abgeschlossen, er konnte nicht einfach ohne Gerichtsbeschluss in das Haus eindringen und dort herumschnüffeln. Noch dazu in Begleitung einer Journalistin. Wenn Dag Cederlund oder die Kollegen aus Jonköping davon Wind bekämen, wären sie schwer angepisst und würden sich bei Anders Gulldén beschweren, und er käme in Teufels Küche.
»Wir sollten es uns ansehen«, sagte Eva und leckte sich den Milchschaum von der Lippe.
Der Ort, den die Koordinaten beschrieben, war ein Parkplatz oberhalb des Hafens von Fiskebäck. Ein Wanderweg führte am Wasser entlang von dort nach Önnered durch ein Gebiet namens Dansholmen. Sumpfige Wiesen und flache Felsen. Die Inseln Lilla Rösö und Stora Rösö lagen hier dicht vor der Küste, hinter ihm erhob sich das Gelände zu einem bewaldeten Hügel, der laut Karte Schlossberg hieß. Ein Schloss entdeckte Leander allerdings nicht.
Zu Tinka hatte er gesagt, er brauche den Wagen für ein Interview mit einem Kinderbuchautor, der in Tynnered wohne. Zwei Autos standen auf dem Parkplatz, ein Opel mit deutschem Kennzeichen und ein Mazda mit schwedischem. Leander schickte eine SMS mit der Autonummer an die 71 456, die Servicenummer der Straßenverkehrsbehörde. Vier Uhr. Er war extra früher hergekommen, denn er wollte das Gelände erkunden. Nun folgte er einem Weg querfeldein. Auf einer Koppel graste ein Pferd. Nach wenigen Minuten erreichte Leander die andere Seite der Halbinsel. Seebuden kletterten den Hang hinauf. Der Blick kam ihm bekannt vor, aber diese rot-weißen Holzhäuschen, in denen Fischer und Küstensegler ihre Gerätschaften und Segel lagerten, waren typisch für die Küste um Göteborg und den Bohuslän, und man fand sie in nahezu jeder Bucht. Gegenüber, nur etwa einen Steinwurf weit entfernt, lag die Insel Lilla Rösö. Heidekraut, Wacholderbüsche, Vogelbeersträucher und wilde Äpfel wucherten aus den Felsspalten, die das Ufer säumten, davor standen Bootshäuser auf Pfählen, verbunden durch hölzerne Stege. Boote dümpelten auf dem stahlblauen Wasserstreifen. Ein älteres Ehepaar in Funktionsjacken stand davor, der Mann machte Fotos, die Frau deutete auf dieses und jenes und schien hell entzückt zu sein. Der deutsche Opel. Bei den Bootshäusern war niemand zu sehen. Leander folgte dem Weg, der jetzt dicht am Wasser entlang führte. Die tief stehende Sonne ließ ein paar fedrige Wolken erglühen, der Himmel war vom reinsten Azur. Die blaue Stunde, dachte Leander. Er mochte diese Stimmung, kurz bevor die Dämmerung einsetzte. Es war ein lieblicher Ort, der ganze Charme Südschwedens entfaltete sich in dieser kleinen Bucht, und unter anderen Umständen hätte Leander den Spaziergang sicherlich genossen. Jetzt aber war er unruhig. Ein wenig ängstlich sogar. Was würde hier passieren? War es nicht sogar gefährlich, was er hier tat? Vielleicht war das alles ein besonders aufwendiger Trick, um ihn auszurauben und den Wagen zu stehlen. Der Saab war erst ein halbes Jahr alt, günstig geleast über einen Freund von Tinkas Bruder.
Und was, wenn gar nichts passierte?
Sein Handy piepste. Die Angaben zum Mazda. Der Wagen war acht Jahre alt und die Halterin war von Beginn
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