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Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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an eine Elisabeth Lundell aus Fiskebäck, geboren 1949. Leander steckte das Telefon wieder weg. Der Briefschreiber würde wohl kaum so dumm sein, seinen eigenen Wagen hier zu parken.
    Zehn vor fünf. Leander wich vom Weg ab und kletterte auf den Felsen herum. Sie reichten bis ans Wasser und manche waren mit Moos und Gräsern bewachsen. Kleine Blumen blühten in zarten Farben, dazwischen Reste von Lagerfeuern. Bestimmt war hier an Sommerabenden einiges los. Auf einem Felsen stehend beobachtete Leander das Touristenpaar, das den Weg entlangkam. Er dachte an den letzten Urlaub mit Tinka und Lucie auf Korfu. An Tinkas verletzte Schweigsamkeit, an sein Bemühen, die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Nichts hatte sie ahnen lassen, dass all das bald völlig unwichtig sein würde.
    Ein kühler Wind schnitt ihm plötzlich ins Gesicht und kündigte den Herbst an. Er schlug den Kragen hoch und vergrub die Hände in den Taschen seines Trenchcoats.
    Das erste Weihnachtsfest ohne Lucie hatten sie in einem All-Inclusive-Club auf Kuba verbracht, zwischen betrunkenen Skandinaviern, Engländern und Deutschen. Nach einem verkrampften Essen zu Heiligabend waren sie auf ihr Zimmer gegangen, hatten sich mit Rum betrunken und geweint. Das Jahr darauf waren sie zu Leanders Eltern nach Karlstad gefahren und auch dieses Jahr wollte Tinka wieder dorthin. Sie hatte deren ruhige, bescheidene Art, dieses Fest zu begehen, inzwischen schätzen gelernt. Die Nordins feierten dagegen mit einem riesigen Baum und einer Dekoration im ganzen Haus, die dem Weihnachtsmarkt in Liseberg Konkurrenz machte. Und mit Gunnar, Sanna und William. »Was zu viel ist, ist zu viel«, sagte Tinka dazu, aber zuweilen hatte Leander seine Frau im Verdacht, dass sie ihre Trauer um Lucie auch ein bisschen vorschob. Denn Tinka konnte ihre Schwägerin Sanna nicht leiden, was bezeichnend war, denn Sanna war ein jüngeres Abziehbild von Greta Nordin. Ob Gunnar klar war, dass er quasi seine Mutter geheiratet hatte? Und was war mit ihm, Leander? Es gab durchaus Parallelen zwischen seiner Mutter und Tinka. Äußerlich waren sie sich nicht ähnlich, aber beide waren Naturwissenschaftlerinnen. Seine Mutter hatte Pharmazie studiert und Tinka Chemie. »Hast du dir also auch eine Giftmischerin an Land gezogen«, hatte sein Vater dazu bemerkt, und Tinka hatte Leander gestanden, dass sie seine Mutter lieber mochte als ihre eigene. War ihr deswegen eines Tages der Gedanke gekommen, Lucie könne sie nicht leiden?
    Familie, dachte er. Man macht sich gar keinen Begriff davon, was das bedeutet, wenn man heiratet: Man glaubt, sich mit einem Menschen zu verbinden, was für sich genommen schon ziemlich ungeheuerlich und schwierig genug ist, aber an die Probleme mit der angeheirateten Verwandtschaft denkt man gar nicht – bis sie dann da sind.
    Tinka und er hatten sich vor neun Jahren in einer Buchhandlung zum ersten Mal getroffen, sie hatte ihn angesprochen und um Rat gefragt, weil sie ihn für einen Verkäufer hielt. Ihm gefiel ihre feine, souveräne Art. Sie wirkte frisch und unkompliziert und trat zu einem Zeitpunkt in sein Leben, als er seiner chaotischen Beziehungen mit obskuren Frauen allmählich überdrüssig wurde und begonnen hatte, sich nach Normalität zu sehnen.
    Natürlich fragte er sich auch ab und zu, warum Tinka gerade ihn geheiratet hatte und nicht einen von Gunnars Internatskumpels, die ihr in materieller Hinsicht ungleich mehr hätten bieten können als er. Hatte Tinka mit dieser Heirat die Liebe ihres Vaters auf eine Probe stellen wollen, war es ein Akt der Rebellion gegenüber ihren Eltern gewesen, ein Schlag ins Kontor ihrer dünkelhaften Mutter? Oder war bei ihr die Erkenntnis zu spät gekommen? Leander wusste, dass er eine gewisse Wirkung auf Frauen hatte, aber die hielt oft nicht allzu lange an. Eine hatte mal zu ihm gesagt, er wäre ganz brauchbar als Liebhaber, aber kein Mann zum Heiraten. Leander hatte das damals als Kompliment aufgefasst.
    Die Touristen waren vorbeigegangen. Leander kletterte von seinem Felsen, folgte ihnen in einigem Abstand zum Parkplatz und beobachtete, wie sie wegfuhren. Auch der Mazda war nicht mehr da, nur Leanders silbergrauer Saab stand noch auf dem Platz. Er tastete in der Brusttasche nach seinem Handy und vergewisserte sich, dass es eingeschaltet war. Vier Minuten vor fünf. Er stellte sich neben seinen Wagen und wartete. Verscheuchte die irrwitzige Vorstellung, dass gleich ein Auto um die Ecke biegen würde, in dem Lucie säße.
    Die Minuten

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