Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
her. Marta oder Dag schienen nicht hier gewesen zu sein, denn sie hätten doch sicher den vom Blut ruinierten Sessel verschwinden und die Wand neu streichen lassen. Aber wer hatte dann Cederlunds Wagen abgeholt? Evas Blick hing an den verbliebenen Blutspritzern.
Forsberg ging in die Küche. Geschirr lag teilweise zerbrochen auf dem Boden, eine Dose Kakaopulver war ausgekippt worden. Aus der Tasche seines neuen Jacketts drang ein fremdartiger Klingelton. Er nahm es heraus. Auf dem Display grinste ihm der Schnösel entgegen, der inzwischen Evas Chef war. Leif calling stand darunter. Forsberg grinste zurück und drückte ihn weg.
Im Flur befand sich der Waffenschrank, ein schmaler Spind aus Metall. Die Tür war offen und der Schrank leer bis auf ein paar vergilbte Schachteln mit Schrotpatronen unterschiedlicher Körnung. Neben dem Schloss war das Blech verbogen. Kein Schlüssel. Die Flinte hatten bestimmt die Kollegen aus Jonköping mitgenommen, als Beweismittel, aber wo waren die Büchse und die Pistole, von denen Kommissar Abrahamsson gesprochen hatte? War diese Kerbe am Schloss alt oder neu? Es würde von Forsberg einiges an Fingerspitzengefühl erfordern, Antworten auf diese Fragen zu finden ohne zu verraten, dass er heute hier gewesen war. Verflucht noch mal, wäre er doch bloß gleich selbst hier rausgefahren, anstatt den Vogel mit einer Leiche zu konfrontieren, die... Schon wieder drang Krach aus seinem Jackett. Dieses Mal war es ein süßliches Gedudel und auf dem Display blickte ihm ein blonder Wikinger entgegen. Stieg calling . Forsberg stieß ein unwilliges Knurren aus. Weg mit ihm! Er schaltete das Handy aus.
Die hölzernen Stufen ächzten unter seinem Gewicht, als er die Treppe erklomm, die ins erste Stockwerk führte. Es gab ein Elternschlafzimmer mit einem Doppelbett und zwei kleinere Zimmer. Eines war wie ein Mädchenzimmer eingerichtet, mit weiß lackierten Möbeln, rosa Streifen auf der Tapete und Vorhängen in einem verblassten Rosenmuster. Bettdecke und Kissen lagen ohne Überzug zwischen dem französischen Bett, dem Schrank mit den offen stehenden Türen und einem umgekippten Stuhl. Ein Luftzug wehte die Folie eines Schokoriegels über die Dielen. Forsberg hob sie mit spitzen Fingern auf und steckte sie in die Westentasche seines neuen Sakkos. Das andere Zimmer musste das Kinderzimmer von Dag Cederlund gewesen sein. Auch hier lag das Bettzeug zerknüllt auf einer nackten grünlichen Matratze. Vor einem leer gefegten Regal türmten sich die einschlägige Jugendliteratur und Comics zwischen Modellautos, Angelködern, abgegriffenen Stofftieren und einer Puppe auf einem Haufen. Eine Puppe? Vielleicht war das Haus auch noch von anderen Familienmitgliedern genutzt worden. Forsberg ging noch einmal ins Elternschlafzimmer. Auf den Fotos, die über der Kommode hingen, sah er einen Jungen mit einer Angel. Magnus Cederlund. Der Mann neben ihm musste sein Vater sein, beide hatten diese markanten Augenbrauen. Ein Foto zeigte Marta als junge Frau. Sie war zweifellos sehr schön gewesen, auf eine mädchenhafte Art. Auf ihrem Schoß saß ein blondes Kind in einem weißen Sommerkleid, zwei oder drei Jahre alt.
Eva war heraufgekommen und hinter ihn getreten. »Hab ich da eben mein Handy gehört?«
»Nein«, sagte Forsberg. »Hatten die Cederlunds eine Tochter?«
Eva dachte nach, dann sagte sie: »Ich muss noch mal meine Mutter fragen, aber ich meine, sie hatte mal erwähnt, dass Dag eine ältere Schwester hatte. Sie starb mit zwei oder drei Jahren, da war er noch ein Baby.«
Sie gingen wieder nach unten. Forsberg trat auf die Veranda. Es roch nach feuchtem Gras und Pilzen, und er sehnte sich schon jetzt nach den langen Winternächten. In der Dunkelheit und der Langsamkeit des Winters fühlte er sich geborgen, das Laute, Schnelle, Überschwängliche des Sommers war ihm im Grunde nicht geheuer.
Er dachte über Pistolen und Schrotflinten nach und dass er die Pistole wählen würde, wollte er sich umbringen, und die Flinte, wollte er einen Mord vertuschen. An einem Kopf, der von einer Schrotladung quasi gesprengt worden war, konnte man keine Verletzungen mehr feststellen, die ihm womöglich vorher beigebracht worden waren. Aber hätte der Mörder das Haus dann nicht sofort durchsucht? Das ergab keinen Sinn. Alles sehr rätselhaft.
Welches Geheimnis hatte Cederlund mit ins Grab genommen und wer war darauf scharf? Was wusste Marta, was hatte sie Eva erzählen wollen? Sollte sie für dieses Wissen sterben?
Und was
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