Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
roten Sofas, öffnete das Notebook und loggte sich bei Facebook ein. Sie hatte sich vor zwei Jahren einen Account unter dem Namen Njála Kjeld zugelegt, die Sache danach aber ziemlich schleifen lassen. Das Profilfoto zeigte irgendeine unbekannte Schauspielerin, deren Bild Selma mithilfe entsprechender Tools etwas verfremdet hatte. Ganze zehn »Freunde« hatte sie bis jetzt, und von ihnen wusste nur die Hälfte, wer sich hinter Njála Kjeld verbarg. Sie benutzte den Account manchmal, um mit Anna zu chatten, die Facebook-süchtig war, aber Anna war nicht online. In Singapur war es jetzt fast drei Uhr in der Nacht.
Gestern Abend hatte Selma den Interessen von Njála Kjeld ein paar Darkwave-Bands hinzugefügt, war der Fanseite von Eyja de Lyn beigetreten und hatte eine Freundschaftsanfrage an Boris Lindström verschickt, den ehemaligen Freund von Annika Carlberg. Forsbergs Tochter hatte den Nachnamen ihrer Mutter Benedikte getragen.
Hej, willkommen im Club , hatte Boris Lindström geschrieben und ihre Freundschaftsanfrage akzeptiert. Nun konnte sie seine 245 »Freunde« sehen, es waren in der Mehrzahl Frauen, erfuhr, wo er während der letzten drei Jahre seinen Urlaub verbracht hatte – Thailand, Ägypten, Italien – und dass er immer noch auf Goth-Rock stand. Selma gab ein paar wohlwollend-nichtssagende Kommentare zu Boris’ Fotos ab, auf denen Strand, Meer und besoffene Idioten zu sehen waren, und kommentierte auch ein paar von seinen älteren Postings. Nicht zu viel. Erst mal abwarten, wie sich die Sache entwickelte. Soziale Netzwerke waren schließlich da, um alte Freunde wiederzufinden. Vielleicht hatte Annika ja noch nicht alle Verbindungen gekappt.
Hinter dem Scheibenwischer des Dienstwagens klemmte ein Strafzettel.
»Saubande!« Diese Parkwächter waren wirklich eine Pest – und eine satte Einnahmequelle für die Stadt Göteborg. Forsberg stellte fest, dass es erst halb neun war, also klemmte er den Zettel wieder an die Scheibe und setzte sich in die nächste Kneipe. Es war noch nicht viel los, eine Handvoll zauseliger Gäste, die aussahen wie die Überreste der Piratenpartei. Er bestellte ein Bier und rief Eva Röögs Handynummer an.
»Ist es schon zu spät für die Ausgabe von morgen?«
»Na jakommt drauf an.«
Geräusche eines Fernsehers. Sie war wohl schon zu Hause. Bei ihrem Stieg. Stieg, der einen Z4 fuhr, für sie kochte und sie zum Lachen brachte.
»Warst du auf der Pressekonferenz wegen der kopflosen Leiche im Göta älv?«, fragte er.
»Nein, Fredrika war dort. Ich war heute bei Marta im Krankenhaus.«
»Ah.«
»Sie liegt immer noch im Koma.«
Forsberg nahm einen Schluck Bier.
»Weshalb rufst du an?«, fragte Eva.
»Ich wollte deine Stimme hören.«
»Sehr witzig!«
»Wir haben den Kopf zu der Leiche von heute früh gefunden. In der Küche von Valeria Bobrows Mutter. Mitten auf dem Küchentisch.«
Es war vereinbart worden, dass die Presse zunächst nichts von dem zugenähten Mund erfahren sollte, damit man die Spinner, die sich nach solchen Taten gerne zu Geständnissen veranlasst fühlten, aussortieren konnte.
»Wow«, sagte Eva. »Wie kam der dahin, per Post?«
»Nein. Jemand hat die Tür aufgebrochen und ihn auf den Küchentisch gestellt.«
»Gestellt?«
»Ja. Mit dem Halsalso, auf die Schnittfläche am Hals.«
»Großartig! Ein Foto hast du nicht zufällig?«
»Bitte?«
»Schon gut. Würden wir eh nicht bringen. Und die Frau?«
»Die hat ihre Siebensachen gepackt und ist abgehauen. Fahndung läuft.«
»Danke, Forsberg, ich schulde dir was.«
»Das finde ich auch! Ich sitze hier zufällig allein in einer Kneipe in der Linnégatan zwischen lauter ungewaschenen Nerds« Sie lachte.
»Das klingt sehr verlockend, aber lieber ein andermal. Ich bin schon zu Hause.«
»Wie wär’s mit morgen Abend?«, sagte Forsberg.
»Da bin ich bei meiner Mutter.«
»Und danach?«
»Joggen«, sagte Eva.
»Du kannst bei mir duschen«, sagte Forsberg. »Ich hab eine tolle Zitronenseife!«
»Mal sehn«, lachte sie. »Du, ich muss jetzt in der Redaktion anrufen, sonst klappt das nicht mehr. Ich danke dir!« Schon war sie weg, und Forsberg seufzte in sein Bier.
»Mama, was schreibst du da?«
Lillemor klappte den Laptop zu und wandte sich um. Das Zimmer war dunkel bis auf die Lampe, die auf dem großen Esstisch stand. Marie kam barfüßig, im Nachthemd und blinzelnd auf sie zu.
»Nur eine Geschichte«, sagte Lillemor.
»Von der Elfenprinzessin Ámunda?«
»Nein, diesmal nicht. Was ist,
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