Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
allen Dingen für die Schwarztaxis, die die Leute fast direkt vor den Klubs abgriffen. In regelmäßigen Abständen gab es Kampagnen, die die Gäste der Nachtklubs über die Gefahren der Benutzung eines Schwarztaxis aufklären und ihnen den rechten Weg zu einem der offiziellen Taxihalteplätze weisen sollten. Angestachelt von den legalen Taxiunternehmen, die sich durch die Schwarztaxis um ihr Geschäft gebracht sahen, machte auch die Polizei regelmäßig Jagd auf illegal parkende Schwarztaxis und wurde dabei unterstützt von den allseits unbeliebten Parkwächtern, die Göteborgs Falschparker auch tagsüber gnadenlos verfolgten. Aber trotz alledem verkehrten rund um den Hauptbahnhof und im Amüsierviertel zwischen Avenyn und Vasastaden noch immer eine Menge Schwarztaxis, besonders nachts. Die angetrunkenen Klubbesucher scheuten den Fußmarsch zu den offiziellen Taxiständen in Heden oder vor dem Storan. Und mit solchen Dingern an den Füßen war das auch verständlich, dachte Selma angesichts dreier schwankender und kichernder Mädchen in wurstpellenengen Minikleidchen in quietschenden Farben, die in ihren High Heels wie aufgebockt am Straßenrand standen. Nie im Leben würde Selma solche Schuhe tragen: Schuhe, in denen man nicht weglaufen konnte. Manche Frauen, dachte sie beim Anblick der Mädchen, die sich gerade in einen anhaltenden Wagen quetschten, forderten die Scheißtypen dieser Welt geradezu heraus. Als hätten sie ihr Stichwort empfangen, bogen vier Kerle um die Ecke, bei denen nicht nur der Gang und die Schultern breit waren. Selma wechselte die Straßenseite, um der geballten Testosteronladung nicht in die Quere zu kommen. Sie verschmolz mit den Schatten der Häuser. In ihrer schwarzen Lederjacke passte sie garantiert nicht ins Beuteschema der vier, möglicherweise aber in ihr Feindbild. Doch die jungen Männer amüsierten sich nur über einen der ihren, der gerade in den Rinnstein kotzte. Unter Rülpsen und Gelächter zogen sie weiter, und Selma konzentrierte sich wieder auf das Verkehrsgeschehen.
Ein Indiz, kein Beweis. Forsberg hatte natürlich recht, was Valerias Zeichnungen betraf. Aber Indizien waren manchmal die Vorstufe zum gerichtsfesten Beweis, und je mehr man davon hatte, desto besser.
Eine Dreiviertelstunde und vier Selbstgedrehte später hielt ein dunkler Mercedes nur wenige Meter von ihr entfernt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Selma schlenderte über die Fahrbahn und ballte freudig die Faust. Treffer. Die Autonummer stimmte, sie hatte sie schon beim Fahrzeugregister abgefragt und in ihrem Gedächtnis gespeichert. Sie wusste auch, dass der Mercedes im Jahr 1998 erstmals zugelassen worden war und drei Vorbesitzer hatte. Und obendrein trug der Fahrer des alten Vehikels eine Schildkappe. Die Farbe konnte man in der Dunkelheit zwar nicht erkennen, aber Selma hätte geschworen, dass sie bei Tageslicht besehen dunkelblau war.
Obwohl Selma den halben Tag freibekommen hatte, war sie gleich am nächsten Morgen wieder im Präsidium. Forsberg war nicht da, so konnte sie ihm nicht von ihrem nächtlichen Ausflug berichten. Also ging Selma nach nebenan, zu den Kollegen von der Fahndung. Malin war allein und ihr Schreibtisch bedeckt von Fotos in Schwarz-Weiß. Deutlich stachen die groben Stiche des schwarzen Zwirnfadens hervor, mit dem man Krulls Mund zugenäht hatte, und auf einer anderen Aufnahme konnte man die Schnittfläche des Halses bis ins letzte anatomische Detail studieren. Malin schob die Bilder rasch zusammen.
»Hast du den Schrecken von gestern schon verdaut?«, fragte sie und schaute Selma dabei mütterlich-besorgt an.
»Ja«, sagte Selma. Sie hatte sich noch für ein paar Stunden hingelegt und geträumt, Forsberg und sie stünden in einer Autowaschanlage vor einem schwarzen Mercedes und Forsberg wolle ihr den Mund mit einem Tacker zuklammern.
»Ich noch nicht«, gestand Malin schaudernd. »Das ist das Ekligste, was ich je gesehen habe, abgesehen vonna ja, lassen wir das. So was kommt jedenfalls nicht alle Tage vor.«
»Hoffentlich«, sagte Selma. »Ich würde gerne mal jemanden lebendig finden.«
»Das ist wieder einer dieser Fälle«, seufzte Malin. »Er hatte kein Festnetztelefon, und sein Handy liegt wahrscheinlich im Göta älv. In der Wohnung waren Pillen, Wodka und Kaviar. Alles Fakes. Und das mit der Zuhälterei könnte stimmen. Da war so ein Heft« Sie zog ein Schulheft aus einem Stapel Akten und schlug es auf. Die Namen von drei Frauen: Olga, Oxana, Ludmilla. Daten
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