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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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das Protokoll zu lesen, legte das Papier beiseite.
»Habe ich es nicht gesagt?«, frohlockte er. »Ich habe es gesagt!«
    Altehuus, der sich schon stundenlang am Strand entlanglaufen und
nach weiteren Skelettteilen Ausschau halten sah, nickte nur. Eigentlich, dachte
er, sollte ich dem Kerl Inselverbot erteilen. Lebenslang.
    Dombrowski hatte die Wache gerade verlassen, als es erneut
klingelte. Altehuus erhob sich von seinem Stuhl und ging zur Tür, um zu öffnen.
    Vor ihm stand der Herner Anwalt.
    »Wollten Sie nicht abreisen?«, knurrte der Polizist zur Begrüßung.
»Außerdem ist Sonntag. Ich hoffe, Sie haben einen wichtigen Grund, mich zu
stören.«
    »Sind Sie nicht im Dienst?«, wunderte sich Rainer Esch.
    »Bedauerlicherweise bin ich das immer. Also, was gibt es?«
    Altehuus machte keine Anstalten, Esch in die Wache zu bitten.
    »Ich habe gestern Abend in der Spelunke ein Gespräch aufgeschnappt. Darüber wollte ich mit Ihnen reden. Mich
interessiert Ihre Meinung darüber.«
    »Tatsächlich?« Der Polizist
blockierte mit seinem massigen Körper immer noch den Eingang.
    »Mir scheint, dass es sehr wohl einen Grund für die Brandstiftungen
geben könnte.«
    »Gibt es auch.«
    »Ach ja?«
    »Pyromanie. Der Brandstifter ist einschlägig vorbestraft. Er hat
schon früher in seinem Heimatort gezündelt. Als Mitglied der dortigen freiwilligen
Feuerwehr hat er sogar beim Löschen der von ihm gelegten Brände geholfen. Und
das muss Ihnen an Informationen reichen. Sie sollten abreisen. Es gibt auf
Juist nichts mehr für Sie zu ermitteln.«
    »Ich ermittle ja nicht«, antwortete Rainer treuherzig. »Sie haben
mir es ja untersagt. Aber könnte es zwei Brandstifter geben?«
    Altehuus stutzte. »Was haben Sie ausgegraben, Herr Esch?«
    »Wollen wir das hier auf der Straße besprechen?«, fragte Rainer
scheinheilig.
    Altehuus trat einen Schritt beiseite. »Na gut. Kommen Sie.«
    Der Knochen auf dem Tresen war nicht zu übersehen.
    »Echt?«, fragte Esch.
    »Leider«, erwiderte der Polizist.
    »Ist der Rest des Skeletts auch noch irgendwo?«
    »Herr Esch«, schnaubte Altehuus. »Das geht Sie nun wirklich nichts
an. Also, was wollten Sie mir sagen?«
    Rainer konnte den Blick nicht vom Knochen lösen. »In dem Gespräch in
der Kneipe ging es um den Neubau des Hotels am Kurplatz. Zwei Juister haben
darüber spekuliert, ob die Brandstiftungen nicht eine Warnung an Herrn Harms sein könnten.«
    »Ach, daher weht der Wind. Jetzt passen Sie mal auf: Sie sollten
nicht auf jedes Gerücht hören, das zwei Schlaumeier nach einigen Bieren in die
Welt setzen. Ja, es gibt eine Auseinandersetzung zwischen verschiedenen
Fuhrunternehmen auf Juist. Sie streiten sich darum, wer den Auftrag erhält, die
Materialien, die für den Bau des Atlantic erforderlich sind, zu transportieren. Aber dieser Streit wird so ausgetragen,
wie es sich unter Kaufleuten gehört: nämlich über Angebot und Nachfrage. Und
dass wir Insulaner durchaus unterschiedlicher Meinung über dieses Gebäude sind,
ist ebenfalls kein Geheimnis. Wenn das alles ist, was Sie ausgegraben haben,
sind Sie völlig auf dem Holzweg.«
    »Sie glauben also nicht an einen zweiten Brandstifter?«
    »Nein.« Altehuus schob den Anwalt Richtung Tür. »Und jetzt würde ich
gerne in Ruhe den Rest des Tages genießen.«

17
    Tommy war zwar galant und zuvorkommend gewesen, aber der Besuch
im Ruhrgebiet war nicht so verlaufen, wie Heike es sich vorgestellt hatte. Er
hatte nur zögerlich Details aus seiner Vergangenheit preisgegeben, nur wortkarg
auf Fragen nach seiner Familie geantwortet. Ebenso einsilbig hatte er reagiert,
wenn sie sich nach Freunden oder seinem Studium erkundigt hatte.
    Seine Wohnung war ihr für eine Studentenbude ungewöhnlich aufgeräumt
vorgekommen. Wenn sie sich an ihr Zimmer erinnerte, das sie während des
Studiums bewohnt hatte – mein Gott, war das eine Müllhalde gewesen, besonders
im Vergleich zu Tommys Wohnung. Bei ihr hatten Berge von Kopien auf dem Boden
gelegen, in den Regalen und auf dem Schreibtisch hatten sich Bücher aufgetürmt
und überall im Raum waren Fachzeitschriften verteilt gewesen. Sie konnte sich
damals in ihrem Zimmer kaum noch bewegen. Bei Tommy hingegen war alles so
ordentlich, fast unpersönlich.
    Irgendwie seltsam.
    Im Zug nach Norddeich hatte sie die Fragen, die ihr auf den Nägeln
brannten, endlich gestellt: »Ingenieurtätigkeit bedeutet doch, konstruieren zu
müssen, oder?«
    »Nicht nur«, erklärte Tommy. »Die Konstruktion ist nur ein Teil

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