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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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entlassen wurde. Der
Rest der Strafe von sechs Monaten wurde zur Bewährung ausgesetzt.
    Als er seine Privatsachen ausgehändigt bekam und auf den Schließer
wartete, der ihn in die Freiheit bringen sollte, betrat ein ihm unbekannter
Mann den Raum und sprach ihn an: »Guten Tag. Ich heiße Jürgen Sebering und
komme vom hiesigen Jugendamt. Wir wurden im Zuge der Amtshilfe von unseren
Dortmunder Kollegen gebeten, verschiedene Punkte mit Ihnen zu besprechen.«
    »Ja?« Knut hatte keine Ahnung, was das Jugendamt noch von ihm
wollte. Schließlich war er volljährig.
    Der Beamte kramte in seiner Aktentasche und zog einige Unterlagen hervor. Dann setzte er sich
eine Lesebrille auf die Nase. »Da wäre zunächst das Finanzielle.« Er drückte
Knut eine Aufstellung in die Hand. »Seit ihrem siebten Lebensjahr wurde
monatlich ein Betrag von 500 Mark für Sie eingezahlt.«
    »Von wem?«, unterbrach ihn Knut.
    »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen.«
    »Können Sie nicht oder wollen Sie nicht?«
    »Ich kann nicht, weil ich es nicht weiß. Dürfte ich jetzt
fortfahren?«
    Knut nickte gnädig.
    »Die Gesamtsumme, die Ihnen zustehen würde …«
    Knut unterbrach den Mann. »Wieso würde?«
    »Lassen Sie mich doch bitte ausreden. Die Summe beläuft sich auf
66.000 Mark. Hinzu kommen Zinsen in Höhe von rund 20.000 Mark. Dann noch die
100 Mark, die Sie an Ihrem vierzehnten Geburtstag erhielten und weiter zur
Aufbewahrung gaben, das macht …«
    Fast 86.000 Schleifen, dachte Knut. Ein stolzer Betrag und ein guter
Start ins Leben.
    »Weiterhin werden in Abzug gebracht
die anteiligen Kosten für Ihre Heimunterbringungen für neun Jahre und drei
Monate in Höhe von monatlich 1.542,80 Mark, das macht in der Summe 171.250,80
Mark, sodass der Auszahlungsbetrag bis auf einen nicht pfändbaren Rest, das sogenannte
Schonvermögen, null ist.«
    Es dauerte einen Moment, bis Knut die Tragweite dieser Aussage
begriff. »Ich bekomme also keine Pfennig?«
    »Fast nichts. Das Schonvermögen, wie gesagt, bleibt Ihnen. Es werden
Ihnen keine weiteren Beträge in Rechnung
gestellt, jedenfalls nicht für Ihre Heimunterbringung.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Sie wissen doch, warum Sie Ihre Strafe verbüßt haben?«
    »Natürlich. Was soll die Fragerei?«
    »Die Heilbehandlungskosten Ihres Opfers und die Prozesskosten müssen
selbstverständlich Sie begleichen. Diese betragen knapp 15.000 Mark. Hinzu
kommt das Schmerzensgeld von 5.000 Mark, zu dem sie verurteilt wurden. Aber
darüber erhalten Sie einen gesonderten Bescheid. Zunächst übergebe ich Ihnen
die Aufstellung und die Aufrechnung der Heimkosten. Wenn Sie bitte hier
quittieren wollen, dass Sie die Schriftstücke erhalten haben.« Der Beamte
zückte einen Kugelschreiber und zeigte auf ein Feld des Formulars, das er Knut
zur Unterschrift vorlegte.
    Verunsichert unterzeichnete Knut.
    »Danke.«
    »Ich habe also Schulden in Höhe von 20.000 Mark?«
    »Nein. Das ist der nächste Punkt, den ich mit Ihnen besprechen muss.
Vor einigen Tagen ist ein Anwalt bei uns vorstellig geworden, der uns davon in
Kenntnis gesetzt hat, dass zu Ihren Gunsten auf ein Konto Ihrer Wahl ein Betrag
von 25.000 Mark eingezahlt werden soll.«
    »Wer gibt mir denn so viel Geld?«
    »Auch das weiß ich nicht. Ich vermute allerdings, dass es sich um
dieselbe Person handelt, die all die Jahre Teile Ihres Unterhalts bestritten
hat.« Der Beamte rückte seine Brille zurecht. »Wie auch immer. Wir haben den
Anwalt davon in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie zivilrechtliche Forderungen in
der Größenordnung vorliegen, wie ich Sie Ihnen genannt habe. Da der Anwalt
treuhänderisch für Sie tätig ist, hat er eine Abtretungserklärung
unterzeichnet, damit die Ansprüche der Sozialversicherungsträger und des Opfers
aus diesen Geldmitteln beglichen werden können.«
    Knut rauchte der Schädel. »Was bedeutet das alles?«
    »Dass Sie schuldenfrei sind und über rund 5.000 Mark verfügen
können.«
    Das Gespräch schien nun doch eine angenehmere Wendung zu nehmen.
    »Und dann ist da noch ein
dritter Punkt. Der Anwalt übergab uns einen Umschlag mit der Bitte,
Ihnen diesen auszuhändigen. Ich bitte Sie, auch diesen Empfang zu quittieren.«
    Knut tat ihm den Gefallen und erhielt ein braunes Kuvert.
    »Das war alles, was ich mit Ihnen besprechen wollte.« Der Beamte
verstaute seine Brille in der Aktentasche und reichte Knut die Hand. »Viel
Glück. Und machen Sie etwas aus Ihrem Leben.«
    Wenig später stand Knut vor den Toren der

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