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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt
Autoren: J Zweyer
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liebte. Dazu eine um die Schulter geschlagene weiße Stola. Und
irgendwie wirkte ihr Haar anders als heute Morgen.
    »Hast du dir die Haare gefärbt?«
    »Etwas nachgetönt. Ich dachte nicht, dass dir das auffällt.«
    »Du siehst toll aus, wirklich.«
    Elke lächelte ihn an. »Danke.«
    Mittlerweile hatte Oskar an den Nachbartischen die bunten
Brettspiele entdeckt, die auf Kinder wie ihn warteten. »Spielen wir Mensch ärger dich nicht? Bitte«, quengelte er.
    Rainer sah seine Partnerin an. Die nickte.
    »Na gut«, meinte er. »Aber nur eine Runde. Dann wird gegessen. Und
dann geht es ab ins Bett.«
    Es wurden drei Spiele, bis sie im Restaurant saßen und Ützelpü ihnen
die Speisekarte brachte.
    »Billig ist was anderes«, flüsterte Elke, nachdem sie einen Blick hineingeworfen
hatte.
    »Stimmt«, bestätigte Rainer.
»Aber mehr als sein Geld wert. Außerdem ist auf Juist nichts billig.« Er
klopfte demonstrativ auf seine Gesäßtasche. »Wie du weißt, hat Harms mir ja
einen Vorschuss gezahlt. Das Zimmer kostet uns ohnehin keinen Cent, also was
soll’s? Rot- oder Weißwein?«
    »Ich will ’ne Cola«, forderte Oskar.
    »Was hast du da eigentlich eben gemacht?«, wollte Elke wissen.
    »Lass uns darüber sprechen, wenn Oskar im Bett ist.«
    »Ich will nicht ins Bett«, krähte ihr Sohn.
    »Musst du ja auch noch nicht«, bekräftigte seine Mutter.
    »Und morgen erklärt mir Papa das mit der großen Badewanne.«
    »Genau«, feixte Elke zu Rainer hinüber. »Was möchtest du essen?«
    Später bestand Oskar darauf, von seinen Eltern ins Bett gebracht zu
werden und abwechselnd die Gutenachtgeschichte vorgelesen zu bekommen. Sie
erklärten ihm, dass er nach dem Einschlafen allein in seinem Zimmer sein würde.
Es dauerte einige Zeit, bis er das akzeptierte. Nur sein Schmuseteddy und der
Hinweis auf den morgigen Museumsbesuch besänftigten Oskars lautstarken Protest.
    Gegen neun Uhr saßen Elke und Rainer endlich vor dem Hotel und genossen
den lauen Maiabend.
    »Erzählst du mir jetzt, was du eigentlich hier so tust?«, bat Elke.
    Rainer griff zum Weinglas. »Das ist eine etwas verworrene Geschichte«,
begann er.

38
    Die evangelische Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt.
Das war kein Wunder, wurde doch an diesem Freitag ein Mitglied einer
alteingesessenen Juister Familie beigesetzt.
    Die Pastorin würdigte gerade die
verstorbene Maria Harms mit bewegenden Worten, als sich die Kirchentür knarrend
öffnete und unmittelbar darauf in den Reihen der Trauergäste vernehmbar
getuschelt wurde.
    Im schwarzen Anzug und unbeeindruckt
von der Überraschung, die seine Ankunft auslöste, schritt Gerrit Harms durch
den Mittelgang zur ersten Reihe, nickte der Pastorin höflich zu und setzte sich
wortlos neben seine Schwester.
    »Wo hast du dich rumgetrieben?«, zischte Heike ihrem Bruder zu. Doch
der blieb stumm.
    Am Familiengrab standen die Geschwister nebeneinander und
quittierten die Beileidsbekundungen ihrer Verwandten, Bekannten und Freunde mit
einem dankbaren Nicken. Miteinander wechselten sie kein Wort.
    Ihre Sprachlosigkeit ging auch während des folgenden Kaffeetrinkens
in den Räumen des Sanddornhotels weiter. Beide nahmen
mal bei den einen, dann den anderen Gästen Platz, tauschten mit ihnen freundliche
Belanglosigkeiten aus, aber würdigten sich gegenseitig keines Blickes.
    Erst als alle gegangen waren, trafen sich Heike und Gerrit in
der Wohnung ihrer Mutter.
    »Also noch einmal: Wo hast du gesteckt?«, giftete Heike.
    »Ich kann mich an eine kürzlich
zwischen uns geführte Auseinandersetzung erinnern, in der du eine solche Frage
als Einmischung in dein Privatleben zurückgewiesen hast«, blaffte Gerrit.
    »Das war etwas anderes. Zum einen war ich nicht fast eine Woche weg
und außerdem ist in der Zeit nicht unsere Mutter gestorben.«
    »Ich weiß.« Gerrit Harms ging zum Barschrank, öffnete ihn und schenkte
sich einen Kognak ein. »Willst du auch einen?«, fragte er.
    »Nein. Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?« Heike hatte die
Hände auf ihre Hüften gestützt und funkelte ihren Bruder kampflustig an. In dieser
Diskussion würde sie nicht klein beigeben, schwor sie sich.
    Gerrit trank einen großen Schluck. »Ich habe mit verschiedenen
Banken verhandelt.«
    »Über was?«
    »Was für eine Frage!« Harms lachte spöttisch auf. »Über Geld
natürlich. Du machst doch unsere Buchhaltung. Also weißt du auch, wie es um den
Laden hier steht. Ohne Finanzspritze sind wir pleite.«
    »Hast du einen Kredit
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