Toggle
Angestellten trübsinnig verlief und etliche Mitarbeiter in Tränen ausbrachen, schlug die Stimmung kurze Zeit später in nackte Wut um. In dem Augenblick nämlich, in dem Vanessa aus dem Telefonmarketing ihren Papierkorb in den Hauptmüllcontainer entleerte und dabei den versammelten Nippes von Melissa Stockdale entdeckte. In Windeseile hatte sie eine Abordnung zusammengestellt, die beim neuen Toggle-Chef in seinem nun klinisch reinen Büro vorstellig wurde.
»In vierzehn Tagen wäre die Abstimmung von Pimp my Pot gelaufen«, brachte die Rädelsführerin vor. Sie bebte vor Empörung. »Wir finden es gar nicht gut, dass dusie denkst, siedu könntest hier einfach neue Regeln einführen!«
»Sie«, sagte Dr. med. Nikolaus Holzwanger. Wenn es einen Vorteil in seiner neuen Position gab, dann jenen, endlich die Duzerei abzustellen. »Natürlich können die Angestellten untereinander diesen Wettbewerb fortführen«, fuhr er diplomatisch fort. »Aber ich habe noch nie daran teilgenommen, und Melissa ist tot, sie scheidet also aus. Räume können keinen Preis entgegennehmen.«
Der Hinweis kam besonders schlecht an.
»Gerade weil Melissa tot ist, muss sie gewählt werden können«, fauchte Vanessa, und ihre Unterstützercrew nickte eifrig. »Ob dusie mitmachst, ist uns ehrlich gesagt schnurz! Siedu hätten sowieso keine Chance. Denn dafür braucht man Sympathien bei der Belegschaft. Soll ich’s buchstabieren? F-r-e-u-n-d-e!«
Holzwanger stand kurz davor, sich unter seinem Schreibtisch wegzuducken. So schwer hatte er sich seine Premiere nicht vorgestellt! Aber ihm schwante, dass er gerade einen gravierenden Anfängerfehler begangen hatte: eine Symbolschändung.
»Dann führen Sie eben die Wahl so durch, wie Sie es für richtig halten«, meinte er verunsichert.
»Okay«, sagte Vanessa und gab den anderen ein Zeichen. »Räumt die Sachen wieder in die Regale.«
»Moment!«, protestierte Holzwanger. »So habe ich das nicht gemeint! Das ist jetzt mein Büro, und hier kommt nichts rein!«
Der Streit drohte zu eskalieren. Doch da erschien Frank Zappa in der Tür und sagte überdeutlich: »Endlich ist dieser ganze Müll hier weg.«
Nachdem die Protestdemonstration maulend abgezogen war und Janek Jabłoński seinen neuen Vorgesetzten ausgiebig betrachtet hatte, grinste er anerkennend: »Sie sind schlau!«
Holzwanger sah den Unbekannten irritiert an: »Wieso? Weil ich hier aufgeräumt habe? Das war wohl eher eine Dummheit.«
»Schlau, schlau, schlau! Sie haben mit Ihrem Schleppnetz meinen Köder aufgefischt.«
Holzwanger schüttelte den Kopf: »Davon weiß ich nichts. Und wenn, war es unabsichtlich.«
Der Pole widersprach: »Nein, dazu gehört bewusste Programmierarbeit. Sie wollten den Köder angeln.«
Plötzlich dämmerte es Holzwanger: Der Mann redete von seinemSuchwort-Proggie! Er hatte Fische gefangen, keine Fremdworte aufgefischt.
»Schlau«, wiederholte Jabłoński. »Solch scheue Wesen aus dem Ozean herauszuangeln, alle Achtung!« Er erhob drohend den Zeigefinger. »Aber Sie wissen damit nichts anzufangen!«
»Erst mal guten Tag«, sagte Nikolaus Holzwanger. »Sie sind …« Plötzlich wusste er Bescheid: »Ahh, Kingfish! Und es besteht eine Verbindung zwischen Ihnen und dem virtuellen Aquarium.« Er deutete auf Melissas Computer. »Daher der Spitzname.«
Kingfish ging darüber hinweg. »Wozu haben Sie mich antanzen lassen?« Er stand immer noch in der Tür und machte keinerlei Anstalten einzutreten.
»Reines Kennenlernen.«
»Na, dann: hat mich gefreut.« Er wandte sich zum Gehen.
»In Melissas Computer habe ich nichts über Sie gefunden.«
»Sie haben überhaupt nichts gefunden«, präzisierte Kingfish. »Wenn Sie den Computer hochfahren, erhalten Sie die Meldung Error 404 – Life not found. Was exakt besagt, dass der Computer mausetot ist. Kein Leben mehr drin! Weder in Melissa noch in ihrem Kasten.«
Holzwanger war unangenehm berührt. Der Kerl ging ihm etwas zu schroff über Melissas Tod hinweg: »Woher wissen Sie das?«, stieß er ungehalten aus.
»Jedes Spiel hat Regeln. Wer die nicht kennt, baut Scheiße. Es war schlau, die Fische zu toggeln, denn damit lässt sich deren Standort ermitteln. Es war noch schlauer, den ersten Buchstaben wegzulassen, weil man damit die Homebase des Kingfishs erreicht. Gar nicht schlau war es, die Homebase von einem unautorisierten Computer aus betreten zu wollen. Ffftschschsch – schon ist der Rechner hin! Tod durch Gedächtsnisverlust.«
»So!«, entfuhr es
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