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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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verdammten Seele. Luitenant Verkramp beneidete den Mann. Der war offenbar schon zu einem anderen, erfreulicheren Ort unterwegs: dem Vergessen, und er beneidete ihn noch mehr, als wenig später weiter hinten im Graben ein entsetzlich unerfreuliches Geräusch seine Aufmerksamkeit auf neue und noch gräßlichere Möglichkeiten lenkte. Er dachte zuerst, es werde jemand in großer Eile ausgezogen, und zwar von jemandem, der auf die Kleidung wenig Rücksicht nahm. Ganz gleich, wer da hinten herumrumorte, er machte sich absolut nicht die Mühe, Knöpfe sorgfältig aufzuknöpfen. Es hörte sich an, als würden einem armen Teufel die Sachen einfach ungeniert vom Leib gerissen. Luitenant Verkramp war sich sicher, daß kein Mensch sie jemals wieder tragen könne. »Vielleicht wird da ein armer Kerl zum Rösten vorbereitet«, dachte er und hoffte, daß seine Tarnung ihn einige Zeit davor bewahren werde, daß sie ihn fanden.
    Er hob den Kopf Zentimeter für Zentimeter und sah den Graben hinunter. Zunächst war es zu dunkel, um etwas zu erkennen. Das Ausziehgeräusch war verstummt, und ihm folgten Laute, die grauenhafter waren als alles, was er je gehört hatte. Was auch immer da hinten vor sich ging, er wollte nicht darüber nachdenken, aber es faszinierte ihn trotzdem so entsetzlich, daß er weiter in die Dunkelheit stierte. Über ihm schwenkte das helle Suchlicht wieder langsam zu dem Graben zurück, und als es über ihm vorbeizog, wußte Luitenant Verkramp, daß sein Techtelmechtel mit der freien Wildbahn in Gestalt der Riesenspinne im Dornengebüsch nichts gewesen war im Vergleich zu den entsetzlichen Qualen, die der Tod für ihn bereithielt. Hinten im Graben steckte ein Geier bis zum Hals in einem Kriminalbeamten. Luitenant Verkramp wurde wieder ohnmächtig.
    Als es über den verschiedenen Überbleibseln von Wachtmeister Els’ mannhafter Verteidigung von Jacaranda Park hell wurde, entdeckten die Polizisten, die das Tor bewachten, den Verteidigungsgraben mit seinen lebenden und toten Bewohnern und stiegen vorsichtig hinunter, um aufzusammeln, was nicht bereits vollgefressen davongeflattert war. Zuerst hatten sie einige Schwierigkeiten, Luitenant Verkramp unter seiner Pflanzentarnung zu erkennen, und als sie zu dem Schluß gelangt waren, daß er zumindest teilweise menschlich sei, hatten sie noch größere Schwierigkeiten festzustellen, ob er am Leben oder tot war. Zweifellos wirkte das Wesen, das sie nach oben ins Gras hievten, mehr tot als lebendig, und es litt deutlich an ausgesprochenem Verfolgungswahn.
    »Bratet mich nicht, bitte, bratet mich nicht. Ich verspreche, ich tu's nie wieder«, kreischte Luitenant Verkramp, und er schrie noch immer, als er in den Krankenwagen geschoben und hinunter ins Krankenhaus gefahren wurde.

Kapitel 10
    Als Luitenant Verkramp ins Piemburger Krankenhaus eingeliefert wurde, wurde Wachtmeister Els gerade entlassen. »Ich sage Ihnen doch, ich hab die Tollwut«, brüllte Els den Arzt an, der ihm eben gesagt hatte, körperlich sei alles mit ihm in Ordnung. »Ich bin von einem tollwütigen Hund gebissen worden und muß sterben.«
    »Das Glück haben wir leider nicht«, sagte der Arzt. »Sie bleiben leben und beißen irgendwann später ins Gras«, und damit ließ er Els auf der Treppe stehen, der die Schlampigkeiten des Arztberufs verfluchte. Er versuchte gerade, zu einem Entschluß zu kommen, was er als nächstes machen solle, als ein Polizeiauto, das den Krankenwagen mit Luitenant Verkramp begleitet hatte, neben ihm anhielt.
    »Hallo, Els, wo zum Teufel hast du denn gesteckt?« fragte der Sergeant neben dem Fahrer. »Der Alte hat schon Zeter und Mordio nach dir geschrien.«
    »Ich war im Krankenhaus«, sagte Els. »Tollwutverdacht.«
    »Steig lieber ein. Wir fahren am Revier vorbei und laden dein kleines Spielzeug ein.«
    »Welches kleine Spielzeug denn?« fragte Els, der hoffte, es sei nicht die Elefantenbüchse.
    »Den Elektroschock-Apparat. Wir haben oben in Jacaranda House einen Patienten für dich.«
    Während sie den Hügel hinauffuhren, saß Els da und schwieg. Er freute sich überhaupt nicht darauf, dem Kommandanten zu begegnen und ihm erklären zu müssen, warum er seinen Posten verlassen hatte. Als sie an dem ausgebrannten Schützenpanzer vorbeikamen, konnte Els sich ein leises Kichern nicht verkneifen.
    »Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt«, sagte der Sergeant ärgerlich. »Du hättest ja auch da drin sein können.«
    »Ich nicht«, sagte Els. »Du wirst mich nie in einem

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