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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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was, und versuchst, die Verantwortung für einen Mord auf deine arme Schwester abzuwälzen. Was für ein Mensch bist du eigentlich? Ist dir der gute Name deiner Familie denn keinen Scheiß Pfifferling wert?« Auf ein Zeichen des Kommandanten packten die beiden Wachtmeister den Bischof und stießen ihn zu Boden. In einem Wirbel aus Stiefeln und Polizeiknüppeln rollte der Bischof über den Fußboden des Arbeitszimmers. Als er eben dachte, nun müsse er sterben, wurde er vor dem Schreibtisch wieder unsanft auf die Füße gestellt.
    »Wir setzen diese Unterhaltung fort, wenn Sie sich ihr gewachsen fühlen«, sagte der Kommandant etwas ruhiger, und der Bischof dankte dem lieben Gott, daß er ihm einen zweiten Zusammenstoß mit Kommandant van Heerden ersparte. Er wußte, dem würde er sich nie gewachsen fühlen. »Inzwischen schicke ich nach Luitenant Verkramp. Das hier ist klar und deutlich ein politischer Fall, und in Zukunft wird er Sie verhören.« Und mit dieser schrecklichen Drohung gab der Kommandant den beiden Wachtmeistern den Befehl, den Gefangenen wieder in den Keller zu schaffen. Während Kommandant van Heerden darauf wartete, daß Miss Hazelstone zu ihm hereingeführt würde, betastete er gedankenvoll die Badekappe und fragte sich, was wohl Luitenant Verkramp passiert sei. Er hatte keine große Hoffnung, daß der Luitenant tot sei. »Der durchtriebene Saukerl ist wahrscheinlich irgendwo versackt«, dachte er und bohrte geistesabwesend seinen Finger in die Badekappe. So allmählich wünschte er sich, der Luitenant wäre da, und er könne ihn wegen des Falles zu Rate ziehen. Kommandant van Heerden war kein großes Licht in theoretischen Fragen, und das Kreuzverhör hatte sich auch nicht so einfach in ein Geständnis verwandelt, wie er das erwartet hatte. Er mußte zugeben, wenn auch nur sich selber, daß es bestimmte Dinge in Jonathans Geschichte gab, die sich wahr anhörten. Er hatte sternhagelbesoffen auf dem Bett in Jacaranda House gelegen. Der Kommandant hatte ihn dort mit eigenen Augen gesehen, und dennoch hatte die Schießerei am Haupttor nur wenige Minuten später begonnen. Dem Kommandanten wollte es nicht in den Kopf, wie ein Mann, der total betrunken eine halbe Meile von dem Bunker entfernt in einem Bett lag, in der nächsten Minute mit bemerkenswerter Zielgenauigkeit auf die Kriminalbeamten schießen konnte. Und wohin zum Kuckuck war eigentlich Els verschwunden? Die ganze Geschichte war ein verdammtes Rätsel.
    »Na ja, einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul«, dachte er. »Schließlich steht meine ganze Karriere auf dem Spiel, und da ist man halt nicht wählerisch.« Der Kommandant hatte Luitenant Verkramps Lage gar nicht so falsch eingeschätzt. Er war wirklich »versackt«. Von allen Leuten, die diese Nacht in Piemburg schliefen, war Luitenant Verkramp vielleicht der am wenigsten unruhige, aber ganz sicher der am wenigsten erfrischte Schläfer, als die Morgendämmerung hereinbrach. Sein Schlaf war gestört gewesen, sehr gestört, aber trotz seiner unbequemen Lage hatte er nicht gewagt, sich zu bewegen. Die schrecklichen Spitzen unter ihm, und in einigen Fällen sogar in ihm, ließen die leiseste Bewegung zu einem absolut entmutigenden Erlebnis werden. Über ihm schwenkte der Lichtfinger eines riesigen Scheinwerfers durch eine mächtige Wolke aus öligem Rauch drohend hin und her. Der ekelerregende Gestank brennenden Fleisches erfüllte die Luft, und Luitenant Verkramp glaubte in seinen Fieberträumen allmählich an die Hölle, die sein Großvater in seinen Predigten den Sündern verheißen hatte. Immer wieder wachte er während der langen Nacht auf und überlegte, was er getan hatte, um dieses grauenhafte Schicksal zu verdienen, und sein Kopf war angefüllt mit dem Anblick von Gefangenen, die er gefoltert hatte, indem er ihnen Plastiktüten über die Köpfe gebunden oder sie mit Elektroschocks an den Genitalien behandelt hatte. Wenn ihm im Leben doch nur noch einmal eine Chance gegeben würde, versprach er, niemals wieder würde er einen Verdächtigen foltern, aber noch während er das Versprechen gab, wurde ihm klar, daß er es niemals werde halten können.
    Es gab nur einen einzigen Körperteil, den er ohne allzu große Schmerzen bewegen konnte. Sein linker Arm war frei, und während er dalag und in den Rauch und die Höllenflammen hinaufstarrte, tastete er mit der Hand um sich herum. Er fühlte die Eisenspitzen und entdeckte unter sich steif und kalt den Leichnam einer anderen

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