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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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glaubte, dass Mama Recht hatte, es würde nicht mehr lange dauern.
    Ich wollte die CD schon wieder zurückstellen, als ich dachte: Herrje, es ist doch nur Musik. Wenn sie dir gefällt, kauf sie dir. Trotzdem, ein Kassierer könnte sich erinnern. Also suchte ich mir noch ein paar CDs mit Instrumentalmusik von einem anderen Jazzmusiker aus, und auf dem Weg zu den Kassen nahm ich noch einige Bach-Konzerte dazu. Ich entschied mich für eine Kasse mit einer langen Schlange und einem gestresst wirkenden Kassierer. Bezahlte bar. Der Typ würde sich an nichts anderes erinnern, als dass jemand ein paar CDs gekauft hatte, vielleicht Klassik, vielleicht Jazz. Falls ihn überhaupt je jemand danach fragen würde.
    Ich beendete den GAG und fuhr zurück in meine Wohnung in Sengoku. Sengoku liegt im Nordosten der Stadt, nicht weit von den letzten Resten des alten Tokio, der Unterstadt Shitamachi, wie die Einheimischen sagen. Das Viertel ist sehr alt und hat zum großen Teil sowohl das schwere Kanto-Erdbeben von 1923 als auch die Brandbomben des Zweiten Weltkriegs überstanden. In der Gegend gibt es praktisch kein Nachtleben, bis auf die Nomi-ya, die Kneipen, und kein Geschäftsviertel, so dass es keine Pendler gibt. Die meisten Leute hier sind Edoko, echte Tokioter, die Tante-Emma-Läden und kleine Restaurants und Bars betreiben. «Sengoku» bedeutet «die tausend Steine». Ich weiß nicht, woher der Name stammt, aber er gefällt mir.
    Es ist kein richtiges Zuhause, kommt für mich aber am ehesten an so etwas wie ein Zuhause heran. Nach dem Tod meines Vaters ging meine Mutter mit mir zurück in die Staaten. Ich glaube, angesichts ihres Verlustes und der damit einhergehenden Veränderungen in ihrem Leben wollte meine Mutter in der Nähe ihrer Eltern sein, die genauso auf eine Versöhnung aus waren wie sie. Wir zogen in eine Kleinstadt namens Dryden im Staat New York, wo meine Mutter an der Cornell University Japanisch unterrichtete und ich die High School besuchte.
    In Dryden lebten überwiegend Weiße aus der Arbeiterschicht, und da ich asiatisch aussah und mein Englisch etwas fremdartig klang, war ich das gefundene Fressen für die Rowdys der Stadt. Die ersten praktischen Lektionen im Guerillakampf erteilten mir die Jungs von Dryden: Sie jagten mich in Rudeln, und ich schlug zurück, wenn sie allein und verwundbar waren. Ich hatte die Guerillamentalität, schon Jahre bevor ich nach Da Nang kam, verstanden.
    Meine Mutter war wegen meiner ständigen blauen Flecke und Schürfwunden besorgt, konnte aber nichts tun, weil sie zu viel um die Ohren hatte mit ihrer neuen Stelle an der Uni und der Wiederannäherung an ihre Eltern. Fast all die Jahre hindurch hatte ich Heimweh nach Japan.
    Ich wuchs also als jemand auf, der irgendwie auffiel, und erlernte erst später die Kunst der Anonymität. In dieser Hinsicht ist Sengoku für mich ungewöhnlich. Ich bin dorthin gezogen, bevor Anonymität für mich zum Programm wurde, und ich blieb dort, weil ich mir einredete, dass der Schaden ja bereits angerichtet war. Sengoku ist wie ein Dorf, jeder kennt deinen Namen, glaubt zu wissen, womit du dein Geld verdienst. Zunächst war mir nicht wohl dabei, dass jeder mich kannte, mich einordnen konnte. Ich erwog, in den Westen der Stadt zu ziehen. Der Westen ist genau so, wie man sich Tokio vorstellt, und ganz anders als Japan. Er ist schrill und schnell und neu, es wimmelt von koffeinaufgeputschten Leuten, befremdlich und anonym. Ich könnte dort untertauchen, verschwinden.
    Aber die alte Unterstadt hat etwas Zauberhaftes, und ich kann mir nur schwer vorstellen, von hier wegzuziehen. Ich mag es, abends zu Fuß von der U-Bahn zu meiner Wohnung zu gehen, die Straße mit den kleinen Geschäften entlang, wo alles grün und rot gestrichen ist, so dass es immer festlich aussieht, selbst im Winter, wenn es früh dunkel wird. Der kleine Eckladen gehört einem Ehepaar im mittleren Alter, und beide begrüßen mich mit « Okaeri nasai!» – Willkommen zu Hause! -, wenn sie mich abends sehen, statt mit dem üblichen « Konban wa», guten Abend. Dann ist da die dralle, lachende alte Frau aus der Videothek mit dem großen gelben Schild über der Tür. Die Fenster sind mit Postern der neuesten Hollywoodfilme tapeziert, und die Tür steht auch bei kaltem Wetter ständig offen. Sie hat alles auf Lager, vom Disneyfilm bis zum härtesten Pornostreifen, und von mittags bis zehn Uhr abends hockt sie in ihrem kleinen Geschäft wie ein fröhlicher Buddha und guckt sich auf

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