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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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immerhin ein Anfang. Ich werde die Ausländer, die in dem Apartmenthaus gemeldet sind, mit den Meldungen im Nyukan abgleichen; vielleicht ist ja der ein oder andere Journalist dabei.» Das Nyukan, genauer gesagt, Nyukokukanrikyoku, ist die japanische Einwanderungsbehörde und gehört zum Justizministerium.
    «Mach das. Und wenn du schon dabei bist, besorg mir doch die Adresse von der Frau. Ich hab bei der Auskunft angerufen, aber sie hat eine Geheimnummer.»
    Er kratzte sich die Wange und senkte den Blick, als wollte er ein Schmunzeln verbergen.
    «Was ist?», sagte ich.
    Er blickte hoch. «Du magst sie.»
    «Ach, Harry, hör doch auf...»
    «Du hast gedacht, sie wäre an dir interessiert, und stattdessen hat sie dich abblitzen lassen. Das wurmt dich. Du willst eine zweite Chance.»
    «Harry, träum weiter.»
    «Ist sie hübsch? Sag mir nur noch das.»
    «Die Genugtuung gebe ich dir nicht.»
    «Dann ist sie also hübsch. Du magst sie.»
    «Du liest zu viele Manga», sagte ich, die dicken, häufig lasziven Comichefte, die in Japan so beliebt sind.
    «Okay, alles klar», sagte er und ich dachte, herrje, er liest den Schund tatsächlich. Ich hab ihn gekränkt.
    «Komm schon, Harry, ich brauche dich, ohne deine Hilfe finde ich nie raus, was hinter der Sache steckt. Der Typ im Zug hat gedacht, Kawamura hätte irgendwas bei sich, deshalb hat er ihn abgetastet. Er hat es aber nicht gefunden – sonst hätte er Midori wohl keine Fragen gestellt. Und jetzt sag mir eines: Wer ist derzeit im Besitz von Kawamuras Habseligkeiten, einschließlich der Kleidung, die er anhatte, und der persönlichen Sachen, die er bei seinem Tod bei sich hatte?»
    «Sehr wahrscheinlich Midori», gab er mit einem Achselzucken zu.
    «Genau. Sie ist bisher die beste Spur, die wir haben. Besorg mir die Informationen, und dann sehen wir weiter.»
    Dann unterhielten wir uns über andere Dinge. Ich erzählte ihm nicht von der CD. Er hatte schon genug voreilige Schlüsse gezogen.

7
    AM NÄCHSTEN TAG bekam ich auf dem Pager eine Nachricht von Harry, der mir über einen vereinbarten Zahlencode mitteilte, dass er etwas auf ein Bulletin Board geladen hatte, das wir zusammen benutzen. Ich dachte mir, dass es Midoris Adresse war, und Harry enttäuschte mich nicht.
    Sie wohnte in einem kleinen Apartmenthaus namens Harajuku Badento Haitsu – grüne Höhen von Harajuku -, im Schatten der eleganten Arkaden des 1964 von Tange Kenzo erbauten Olympiastadions. Im hippen Harajuku, am Rande des Yoyogi-Parks mit seiner friedlichen Stille, den Sicheltannen und dem Meiji-Schrein, geraten Teenager auf der Takeshita-dori in einen Kaufrausch und finden die Betuchteren auf der Omotesando elegante Boutiquen und Bistros vor.
    Harry hatte beim Straßenverkehrsamt in Erfahrung gebracht, dass kein Auto auf Midoris Namen angemeldet war, was bedeutete, dass sie vermutlich öffentliche Verkehrsmittel benutzte: entweder den Zug, dann würde sie am Bahnhof Harajuku einsteigen, oder die U-Bahn, die sie von den Stationen Meijijingu-mae und Omotesando aus nehmen konnte.
    Das Problem war, dass der Bahnhof und die U-Bahn-Stationen in entgegengesetzten Richtungen lagen und beide Möglichkeiten gleichermaßen wahrscheinlich waren. Da es keine einzige Stelle gab, die sich zur gleichzeitigen Überwachung beider Wege anbot, wusste ich nicht, wo ich mich auf die Lauer legen sollte. Mir blieb daher nichts anderes übrig, als nach dem besten Beobachtungsposten Ausschau zu halten und meine Entscheidung davon abhängig zu machen.
    Die Omotesando-dori, an der die U-Bahn-Stationen lagen, erschien mir am geeignetsten. Diese lange Einkaufsstraße ist von Ulmen gesäumt, deren schmale Blätter ihr für ein paar Tage im Herbst zunächst eine Krone, dann einen Teppich aus Gelb bescheren, und sie ist bekannt als die «Champs-Elysees von Tokio», wenn auch überwiegend bei Leuten, die noch nie in Paris waren. Die vielen Bistros und Cafes sind nach Pariser Vorbild auch zum Leute-Anschauen da, so dass ich die Straße von verschiedenen Lokalen aus ein oder zwei Stunden lang im Auge behalten konnte, ohne aufzufallen.
    Dennoch, wenn mir das Glück nicht sehr hold war, standen mir höchst langweilige Tage des Wartens und Beobachtens bevor. Aber Harry hatte eine Neuerung, die mich rettete: die Möglichkeit, ein Telefon aus der Ferne in ein Mikrofon umzuwandeln.
    Der Trick funktioniert nur bei Digitaltelefonen mit Lautsprechfunktion, die auch bei aufgelegtem Hörer eine Verbindung ermöglicht. Der Empfang ist

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