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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Freitag im Club Alfie gesehen. Sie waren großartig.»
    Sie taxierte mich schweigend einen langen Augenblick, bevor sie reagierte, und ich war froh, dass mein riskantes Unternehmen geglückt war. Ich ahnte, dass diese intelligente Frau Zufällen misstraute und dass sie, wenn ich nach ihr hereingekommen wäre, vielleicht Verdacht geschöpft hätte, dass ich ihr gefolgt war.
    «Ja, ich erinnere mich», sagte sie schließlich. «Sie sind derjenige, der meint, Jazz ist wie Sex.» Bevor ich eine schlagfertige Antwort geben konnte, fuhr sie fort: «Sie hätten das nicht zu sagen brauchen, wissen Sie. Sie könnten ruhig versuchen, etwas verständnisvoller zu sein.»
    Zum ersten Mal hatte ich Gelegenheit, ihren Körper wahrzunehmen. Sie war schlank und hatte lange Arme und Beine, vielleicht das Erbe ihres Vaters, der aufgrund seiner Größe auf der Dogenzaka leicht zu verfolgen gewesen war. Ihre Schultern waren breit, ein hübscher Gegensatz zu dem langen und graziösen Hals. Ihre Brüste waren klein und zeichneten sich, wie mir nicht entging, wohlgeformt unter dem Pullover ab. Die Haut ihres Dekolletes war wunderschön: glatt und weiß hob sie sich von dem schwarzen V-Ausschnitt ab.
    Ich blickte in ihre dunklen Augen und spürte, wie sich mein üblicher Drang zu einem Wortgeplänkel in Luft auflöste. «Sie haben Recht», sagte ich. «Es tut mir Leid.»
    Sie schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf. «Der Auftritt hat Ihnen gefallen?»
    «Und wie. Ich habe Ihre CD, und ich wollte Ihr Trio schon seit einer Ewigkeit live erleben. Ich bin aber viel auf Reisen, und letzten Freitag war es endlich so weit.»
    «Wohin reisen Sie?»
    «Überwiegend Amerika und Europa. Ich bin Unternehmensberater», sagte ich in einem Tonfall, der vermuten ließ, dass ich es langweilig finden würde, über meine Arbeit zu sprechen. «Längst nicht so spannend wie der Beruf einer Jazzpianistin.»
    Sie lächelte. «Sie denken, Jazzpianistin ist ein spannender Beruf?»
    Sie hatte eine gekonnte Art zu fragen, wiederholte einfach das Letzte, was ihr Gegenüber gesagt hatte, um ihm noch mehr zu entlocken. Bei mir funktioniert das nicht. «Na, ich will es mal so ausdrücken», erwiderte ich. «Ich kann mich nicht erinnern, dass schon mal jemand zu mir gesagt hat, Unternehmensberatung sei wie Sex.»
    Sie warf den Kopf zurück und lachte, ohne den Mund geziert mit einer Hand zu bedecken, wie japanische Frauen das unnötigerweise zu tun pflegen, und erneut verblüffte mich das ungewöhnliche Selbstbewusstsein, mit dem sie auftrat.
    «Sie sind lustig», sagte sie, verschränkte die Arme vor der Brust und erlaubte sich ein kleines, zögerndes Lächeln.
    Ich lächelte auch. «Was machen Sie heute? Ein paar Einkäufe?»
    «Ja. Und Sie?»
    «Ebenso. Es wird höchste Zeit für eine neue Aktentasche. Als Berater muss ich auf mein Äußeres achten, wissen Sie.» Ich blickte auf die Tüte in ihrer Hand. «Ich sehe, Sie kaufen bei Paul Stuart. Da wollte ich anschließend hin.»
    «Es ist ein guter Laden. Ich kenne ihn aus New York und habe mich gefreut, als er in Tokio eine Filiale aufgemacht hat.»
    Ich hob leicht die Augenbrauen. «Sind Sie oft in New York?»
    «Manchmal», sagte sie mit einem schwachen Lächeln und blickte mir in die Augen.
    Mann, ist die zäh, dachte ich. Lock sie aus der Reserve. «Wie ist Ihr Englisch?», fragte ich auf Englisch.
    «Ich komme zurecht», erwiderte sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
    «Lust auf'n Kaffee?», fragte ich mit meinem besten Brooklyn-Akzent.
    Sie lächelte wieder. «Klingt ziemlich überzeugend.»
    «Ich hoffe, mein Vorschlag auch.»
    «Ich dachte, Sie wollten zu Paul Stuart.»
    «Stimmt. Aber jetzt habe ich Durst. Kennen Sie das Cafe Tsuta? Es ist herrlich. Und liegt gleich um die Ecke, in einer Nebenstraße der Koto-dori.»
    Sie hatte noch immer die Arme verschränkt. «Nein, das kenne ich nicht.»
    «Dann müssen Sie es kennen lernen. Koyama-san serviert den besten Kaffee in Tokio, es wird Bach oder Chopin gespielt, und man hat einen Blick auf einen herrlichen, geheimnisvollen Garten.»
    «Einen geheimnisvollen Garten?», fragte sie, um Zeit zu schinden, wie ich wusste. «Was sind da denn für Geheimnisse?»
    Ich bedachte sie mit einem todernsten Blick. «Koyama-san sagt, wenn ich es Ihnen verrate, muss ich Sie töten. Es wäre also besser, wenn Sie es selbst herausfinden.»
    Sie lachte wieder, in die Enge getrieben, aber das schien ihr nichts auszumachen. «Ich glaube, erst müssen Sie mir Ihren Namen

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