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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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sanfte Weg» oder «der nachgiebige Weg». Ich frage mich, was Kano wohl von meiner Interpretation halten würde.
    Das Kodokan befindet sich heute in einem erstaunlich modernen und langweiligen achtstöckigen Gebäude in Bunkyo-ku, südwestlich vom Ueno-Park und nur wenige Kilometer von meinem Stadtteil entfernt. Ich fuhr mit der U-Bahn hin. Im Kodokan zog ich mir in einem der Umkleideräume meine Judosachen an und ging dann die Treppe hinauf zum Daidojo, dem Haupttrainingsraum, wo die Tokioter Universitätsmannschaft trainierte. Nachdem ich meinen ersten Uke mühelos zu Boden geworfen und mit einem Würgegriff zum Abklopfen gezwungen hatte, standen alle Schlange, um gegen den erfahrenen Kämpfer anzutreten. Sie waren jung und zäh, hatten aber keine Chance gegen Alter und Heimtücke; nach einer halben Stunde Randori ging ich noch immer aus jedem Durchgang als Sieger hervor, vor allem beim Bodenkampf.
    Wenn ich nach einem Wurf wieder in die Hajime- Position ging, bemerkte ich einige Male, wie ein japanischer Urobi, ein Träger des schwarzen Gürtels, in einer Ecke seine Dehnübungen machte. Sein Gürtel war verschlissen und eher grau als schwarz, was darauf hindeutete, dass er ihn seit vielen Jahren trug. Sein Alter war schwer zu schätzen. Er hatte volles, schwarzes Haar, doch sein Gesicht hatte die Art von Falten, die ich mit dem Vergehen der Zeit und einem gewissen Maß an Lebenserfahrung assoziiere. Seine Bewegungen wirkten jedoch eindeutig jung. Er machte jeden Spagat ohne erkennbare Anstrengung. Mehrmals spürte ich, dass er mich beobachtete, auch wenn ich nie mitbekam, dass er tatsächlich in meine Richtung blickte.
    Ich brauchte eine Pause und entschuldigte mich bei den Studenten, die noch immer darauf warteten, sich mit mir zu messen. Es war ein gutes Gefühl, Judoka zu schlagen, die halb so alt waren wie ich, und ich fragte mich, wie lange ich wohl noch dazu imstande sein würde.
    Ich ging an den Rand der Judomatte, und während ich meine Dehnübungen machte, beobachtete ich den Mann mit dem verschlissenen Gürtel. Er übte mit einem der Studenten, einem untersetzten Burschen mit Bürstenhaarschnitt, das Eindrehen beim Ha-rai-goshi und brachte dabei so viel Schwung auf, dass ich den Studenten mehrmals dabei ertappte, wie er zusammenzuckte, wenn ihre Oberkörper aufeinander prallten.
    Als sie aufhörten, bedankte er sich bei dem jungen Mann und kam zu mir herüber. «Hätten Sie Lust auf eine Runde Randori?», fragte er auf Englisch mit leichtem Akzent.
    Ich blickte von meinen Dehnübungen auf und registrierte eindringliche Augen und eine markante Kinnpartie, eine Härte, die auch sein Lächeln nicht weicher machen konnte. Ich hatte also Recht gehabt, er hatte mich beobachtet, auch wenn ich ihn nicht dabei ertappt hatte. Fielen ihm die westlichen Züge in meinem Gesicht auf? Vielleicht ja, und er wollte bloß den Gaijin- Test mit mir machen – obwohl das meiner Erfahrung nach ein Spiel für Judoka war, die jünger waren, als er es dem Aussehen nach war. Und sein Englisch, zumindest seine Aussprache, war ausgezeichnet. Auch das war ungewöhnlich. Die Japaner, die ganz besonders darauf brennen, sich mit Ausländern zu messen, haben meist die wenigsten Erfahrungen mit ihnen, was sich fast immer auch in ihrem Englisch zeigt.
    «Kochira ko so onegai shimasu», erwiderte ich. Mit Vergnügen. Es ärgerte mich, dass er mich auf Englisch angesprochen hatte, und ich blieb beim Japanischen. « Nihongo wa dekimasu ka?» Sprechen Sie Japanisch?
    «Ei, mochiron. Nihonjin desu kara», antwortete er ungehalten. Natürlich. Ich bin Japaner.
    «Kore wa shitsure: shimashita. Watashi mo desu. Desu ga, hatsuon ga amari migoto datta no de...» Verzeihen Sie. Ich auch. Aber Ihre Aussprache war so ausgezeichnet, dass ...
    Er lachte. «Und Ihre ist es auch. Ich vermute, Ihr Judo wird es ebenfalls sein.» Aber er sprach weiter Englisch mit mir und vermied es so, den Wahrheitsgehalt seines Komplimentes anzuerkennen.
    Ich war noch immer verärgert und auch auf der Hut. Ich spreche Japanisch wie ein Muttersprachler, ebenso gut, wie ich Englisch spreche, und daher ist es im Grunde beleidigend, wenn man meine Fähigkeiten in beiden Sprachen positiv kommentiert. Und ich wollte wissen, wieso er davon ausgegangen war, dass ich Englisch sprach.
    Wir suchten uns ein freies Plätzchen auf der Matte und verbeugten uns voreinander, fingen dann an, einander zu umkreisen, jeder von uns auf einen vorteilhaften Griff aus. Er war ungemein locker und

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