Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag
Körper sich dem einzigen primitiven Verlangen beugte, Luft zu bekommen, Luft, durch die zerschmetterte Luftröhre hindurch und hinein in die verkrampfte Lunge.
Ich wusste, dass es noch etwa dreißig Sekunden dauern würde, bis er erstickt war. Dafür war keine Zeit. Ich packte sein Haar und sein Kinn mit einem klassischen Nahkampfgriff und brach ihm mit einer ruckartigen Drehung im Uhrzeigersinn das Genick.
Er fiel nach hinten gegen mich, und ich schleifte ihn in eine leere Kabine, setzte ihn auf die Toilette und richtete ihn so aus, dass der Körper in der Position blieb. Bei geschlossener Tür würde jeder, der hereinkam, seine Füße sehen und einfach annehmen, dass die Kabine besetzt war. Mit etwas Glück würde die Leiche erst entdeckt werden, wenn das Lokal schloss und wir längst gegangen waren.
Mit der rechten Hüfte stieß ich die Tür zu und schob den Riegel mit dem Knie vor. Dann packte ich die Oberkante der Zwischenwand, zog mich hoch und hinüber in die andere Kabine. Ich riss ein Stück Toilettenpapier von der Rolle und wischte damit die beiden Stellen ab, die ich berührt hatte. Das Toilettenpapier stopfte ich in eine Hosentasche, atmete tief durch und ging zurück in die Bar.
«Alles klar?», fragte ich, als ich an den Tisch trat, bemüht, meine Atmung zu kontrollieren.
«Gehen wir», sagte Midori. Die drei standen auf, und wir gingen Richtung Kasse und Ausgang.
Tom hatte die Rechnung in der Hand, aber ich nahm sie ihm sachte weg und bestand darauf zu bezahlen; das sei schließlich das Mindeste nach der Einladung zu ihrem wunderbaren Auftritt. Ich wollte das Risiko vermeiden, dass einer von ihnen mit Kreditkarte bezahlte und so eine Spur hinterließ, dass wir heute Abend hier waren.
Während ich die Rechnung beglich, sagte Tom: «Bin gleich wieder da», und entfernte sich in Richtung Toilette.
«Ich auch», fügte Ken hinzu und folgte ihm.
Ich stellte mir vage vor, dass die Leiche vom Klo rutschen konnte, während sie da drin waren. Oder dass sonst etwas schief ging, was schief gehen konnte. Es waren keine allzu beunruhigenden Gedanken. Ich konnte nichts tun, als die Ruhe zu bewahren und abzuwarten, bis sie zurückkamen.
«Soll ich dich nach Hause begleiten?», fragte ich Midori. Sie hatte im Laufe des Abends erwähnt, dass sie in Harajuku wohnte, was ich natürlich schon wusste.
Sie lächelte. «Das wäre nett.»
Drei Minuten später kamen Tom und Ken zurück. Ich sah sie über irgendetwas lachen und wusste, dass Mr. Gleichgültig unentdeckt geblieben war.
Wir gingen nach draußen und stiegen die Treppe hinauf in den kühlen Abend der Omotesando.
«Mein Wagen steht am Blue Note», sagte Ken, als wir auf der Straße waren. Er sah Midori an. «Soll ich jemanden mitnehmen?»
Midori schüttelte den Kopf. «Nein, ich hab's nicht weit. Danke.»
«Ich nehm die U-Bahn», sagte ich zu ihm. «Aber vielen Dank.»
«Ich komme mit», sagte Tom und zerstreute die aufkeimende Angespanntheit, die ich spüren konnte, als Ken anfing, zwei und zwei zusammenzuzählen. «John, es war nett mit dir heute Abend. Noch mal vielen Dank, dass du gekommen bist, und auch für das Abendessen und die Drinks.»
Ich verneigte mich. «Es war mir ein Vergnügen, ehrlich. Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder.»
Ken nickte. «Bestimmt», sagte er ohne eine Spur Begeisterung. Tom trat einen Schritt zurück, sein Signal an Ken, wie mir klar war, und wir verabschiedeten uns.
Midori und ich schlenderten langsam in Richtung Omote-sando-dori. «Ging es denn einigermaßen?», fragte sie, als Tom und Ken außer Hörweite waren.
«Ich fand's nett», antwortete ich. «Die beiden sind interessant.»
«Ken kann schwierig sein.»
Ich zuckte die Achseln. «Er war ein bisschen eifersüchtig, weil du noch jemanden eingeladen hast, mehr nicht.»
«Er ist einfach noch jung. Danke, dass du den ganzen Abend so sanft mit ihm umgegangen bist.»
«Kein Problem.»
«Normalerweise lade ich niemanden, den ich gerade erst kennen gelernt habe, zu einem Auftritt ein oder gehe hinterher mit ihm essen.»
«Na ja, wir sind uns schließlich vorher schon mal begegnet, also war das heute Abend kein Regelverstoß.»
Sie lachte. «Hättest du noch Lust auf einen Single Malt?»
Ich sah sie an, wollte wissen, was in ihr vorging. «Immer», sagte ich. «Und ich kenne da eine Bar, die dir bestimmt gefallen wird.»
Ich ging mit ihr in die Bar Satoh, ein winziges Lokal im zweiten Stock eines Hauses in einer der zahllosen Sträßchen, die sich wie ein
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