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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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in den Tunnel, und ich verlor den Halt.
    Instinktiv drehte ich mich, brachte den linken Arm quer unter den Körper, so dass ich beim Aufprall abrollen konnte. Trotzdem schlug ich so hart auf den Gleisen auf, dass ich praktisch abprallte anstatt abzurollen. Es gab einen gewaltigen Schlag auf die gesamte linke Körperseite, dann das kurze Gefühl zu fliegen. Gleich darauf spürte ich ein dumpfes Umpf, und ich wurde abrupt gebremst.
    Ich lag auf dem Rücken, sah zu der Decke des U-Bahn-Tunnels hoch. Ich blieb einen Moment lang so liegen, rang nach Luft, wackelte mit den Zehen, krümmte die Finger. Es schien noch alles intakt zu sein.
    Fünf Sekunden vergingen, dann weitere fünf. Ich schnappte einige Male stockend nach Luft.
    Verdammt, dachte ich. Was zum Teufel ist das da unter mir?
    Ich stöhnte und setzte mich auf. Ich befand mich auf einem großen Sandhaufen links von den Gleisen. Daneben standen zwei Bauarbeiter. Sie trugen Schutzhelme und starrten mich mit offenem Mund an.
    Unmittelbar neben dem Sandhaufen war Betonboden, den die Arbeiter wohl gerade reparierten. Sie brauchten den Sand, um Zement zu mischen. Ich begriff, dass ich, wenn ich die Stange auch nur eine halbe Sekunde später losgelassen hätte, auf Beton gelandet wäre und nicht in dem weichen Sand.
    Ich ließ mich zu Boden rutschen, stand auf, klopfte meine Kleidung ab. Die Form meines Körpers war in den Sand eingedrückt wie in einem Zeichentrickfilm.
    Die Bauarbeiter hatten sich nicht gerührt. Sie blickten mich noch immer an, noch immer mit offenem Mund, und mir wurde klar, dass sie leicht unter Schock standen nach dem, was sie gerade gesehen hatten.
    «Ah, sumimasen», sagte ich zu ihnen, weil mir nichts anderes einfiel. « Etto, otearae wa arimasu ka?» Entschuldigung, gibt es hier irgendwo eine Toilette?
    Sie blieben weiter wie versteinert stehen, und ich begriff, dass meine Frage sie nur noch mehr aus der Fassung gebracht hatte. Auch gut. Ich sah, dass ich nur wenige Meter im Innern des Tunnels war, und ging zurück.
    Ich dachte darüber nach, was passiert war. Yamaotos Männer mussten gesehen haben, wie ich hinten am Zug hängend im Tunnel verschwand, aber sie hatten mich nicht abrutschen sehen. Und bei dem Tempo des Zuges hatten sie wohl kaum damit gerechnet, dass ich freiwillig loslassen würde. Sie mussten also annehmen, dass ich in wenigen Minuten in der Station Mita eintraf, der Endstation der Linie. Sie waren jetzt mit Sicherheit auf dem schnellsten Weg nach Mita, um mich dort abzufangen.
    Plötzlich hatte ich einen verwegenen Einfall.
    Ich griff in meine Tasche, holte den Ohrhörer heraus, den ich eingesteckt hatte, bevor Plattnase und seine Leute mich in dem Lieferwagen erwischten, und setzte ihn auf. Dann tastete ich in der Tasche nach dem Sender mit der Klebebandrückseite. Noch da. Aber funktionierte er auch noch?
    «Harry? Hörst du mich? Melde dich», sagte ich.
    Eine Zeit lang herrschte Stille, doch gerade als ich es noch einmal versuchen wollte, erwachte der Ohrhörer zum Leben.
    «John! Himmelherrgott, was ist denn los? Wo bist du?»
    Es war wunderbar, die Stimme des Jungen zu hören. «Beruhige dich, alles in Ordnung. Aber ich brauche deine Hilfe.»
    «Was ist da los? Ich hab alles mit angehört. Bist du in einem Bahnhof? Geht's dir gut?»
    Ich hievte mich hoch auf den Bahnsteig. Einige Leute starrten mich an, aber ich achtete nicht auf sie und ging an ihnen vorbei, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, dass ich gerade verdreckt und ramponiert aus den Tiefen eines U-Bahn-Tunnels aufgetaucht war. «Ist mir schon besser gegangen, aber darüber können wir später reden. Sind die Geräte noch eingeschaltet?»
    «Ja, ich bekomme immer noch Signale von allen Räumen im Gebäude.»
    «Okay, das wollte ich wissen. Wer ist noch im Haus?»
    «Das Infrarot sagt, bloß einer. Alle anderen sind direkt nach dir verschwunden.»
    «Auch Yamaoto?»
    «Ja.»
    «Wo steckt der Kerl, der dageblieben ist?»
    «Im letzten Zimmer rechts, wenn du vor dem Haus stehst – da, wo die drei Männer dich hingebracht haben. Er hat sich nicht von der Stelle gerührt, seit du abgehauen bist.»
    Das musste dann Plattnase oder einer seiner Jungs sein – war wohl nicht in der Verfassung, mich zu verfolgen. Gut zu wissen.
    «Okay, die Lage ist folgende. Die denken alle, dass ich hinten an einer U-Bahn hänge, die nach Mita fährt, und da werden sie in etwa vier Minuten sein. Sie werden zirka fünf Minuten brauchen, um festzustellen, dass ich

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