Tokio Killer - 02 - Die Rache
anliegen? Vielleicht hast du mir einfach nur gefehlt.»
Er bedachte mich mit einem untypisch abgebrühten Lächeln. Ich glaubte zu wissen, von wem er das hatte. «Ja ja, du hast mir auch gefehlt.»
Ich freute mich nicht gerade auf die Wendung, die unser Gespräch nehmen würde, sobald ich die Rede auf Yukiko brachte, und ich hatte es daher nicht eilig.
Eine Kellnerin trat an unseren Tisch. Harry bestellte einen Kaffee und ein Stück Möhrenkuchen.
«In letzter Zeit irgendwas von unseren Regierungsfreunden gehört?», erkundigte ich mich.
«Keinen Mucks. Du hast sie bestimmt verscheucht.»
«Darauf würde ich mich nicht verlassen.» Ich trank einen Schluck Espresso und sah ihn an. «Wohnst du immer noch in deiner Wohnung?»
«Ja. Aber ich bin fast umzugsfertig. Du kennst das ja. Die Vorbereitungen brauchen eine Weile, wenn man es richtig machen will.»
Wir schwiegen einen Moment, und ich dachte, los jetzt.
«Hast du vor, in der neuen Wohnung Zeit mit Yukiko zu verbringen?»
Er bedachte mich mit einem misstrauischen Blick. «Möglich.»
«Dann kannst du dir den Umzug sparen.»
Er zuckte zusammen, und sein Gesicht unter dem schicken neuen Haarschnitt nahm den typischen verwirrten Ausdruck an.
«Wieso?», fragte er verunsichert.
«Sie hat mit einigen ziemlich üblen Leuten zu tun, Harry.»
Er runzelte die Stirn. «Ich weiß.»
Jetzt war ich derjenige, der überrascht war. «Das weißt du?»
Er nickte, die Stirn noch immer gerunzelt. «Sie hat es mir erzählt.»
«Was hat sie dir erzählt?»
«Dass der Club der Yakuza gehört. Na und? Das tun sie doch alle.»
«Hat sie dir auch erzählt, dass sie sich mit einem von den Inhabern eingelassen hat?»
«Was soll das heißen, ‹eingelassen›?»
«‹Eingelassen› im Sinne von enger Zusammenarbeit.»
Er wippte nervös mit dem Fuß unter dem Tisch. Ich spürte die Vibration.
«Ich weiß nicht, was sie im Club alles machen muss. Ist wahrscheinlich auch besser, dass ich’s nicht weiß.»
Er wollte es nicht wahrhaben. Ich verschwendete meine Zeit.
«Okay», sagte ich. «Tut mir Leid, dass ich davon angefangen habe.»
Er musterte mich einen Moment, beunruhigt. «Wieso weißt du das alles überhaupt?», fragte er. «Spionierst du mir nach?»
Die Frage gefiel mir nicht, obwohl sie im Grunde ja nicht allzu weit danebenlag. Meine Antwort war nicht direkt eine Lüge. Nur unvollständig.
«Ich habe in letzter Zeit … Kontakt zu dem Yakuza gehabt, dem, soweit ich weiß, das Damask Rose gehört. Ein brutaler Killer namens Murakami. Er hat mich dorthin mitgenommen. Er und Yukiko waren offensichtlich auf sehr vertrautem Fuß. Ich habe sie zusammen weggehen sehen.»
«Und das wolltest du mir sagen? Er scheint ja wohl ihr Boss zu sein. Sie sind zusammen weggegangen, na und?»
Mach die Augen auf, du Idiot, wollte ich sagen. Diese Frau ist ein Haifisch. Sie kommt aus einer anderen Welt, ist eine andere Spezies. Da stimmt doch was nicht, verdammt noch mal.
Stattdessen sagte ich: «Harry, in solchen Dingen hab ich einen ziemlich guten Riecher.»
«Mag sein, aber ich werde deinem Instinkt nicht mehr trauen als meinem eigenen.»
Die Kellnerin brachte seinen Kaffee und Kuchen und entfernte sich wieder. Harry schien es gar nicht wahrzunehmen.
Ich wollte ihm mehr erzählen, wollte ihm zur Erhärtung Naomis Überlegungen mitteilen. Doch mir war klar, dass es nicht viel nützen würde. Außerdem musste Harry nicht unbedingt erfahren, woher ich meine Informationen hatte.
Ich unternahm einen letzten Versuch. «Im Club sind Geheimkameras und eine Abhöranlage. Der Detektor, den du mir gegeben hast, ist völlig ausgeflippt, als ich da war. Ich denke, die nehmen dort Politiker in peinlichen Situationen auf Video auf.»
«Selbst wenn das stimmt, heißt das noch lange nicht, dass Yukiko was damit zu tun hat.»
«Hast du dich noch nie gefragt, ob es purer Zufall ist, dass du diese Frau etwa zur selben Zeit kennen gelernt hast, wie wir dahinter gekommen sind, dass dir die CIA auf den Fersen ist?»
Er sah mich an, als wäre ich nun endgültig verrückt geworden. «Willst du behaupten, Yukiko hätte was mit der CIA zu tun? Ach, hör doch auf.»
«Überleg doch mal», beschwor ich ihn. «Wir wissen, dass die CIA hinter dir her war, um an mich ranzukommen. An dich sind sie über Midoris Brief rangekommen. Was haben die durch den Brief über dich in Erfahrung gebracht? Nur einen Namen und einen Poststempel.»
«Soll heißen?»
«Soll heißen, die CIA hat intern nicht die
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