Tokio Killer - 02 - Die Rache
Vaters wieder wecken würde, dass ich schließlich klein beigab und noch einmal für ihn arbeitete.
«Und du versuchst also ‹aufzuhören»›, sagte sie.
Ich nickte, dachte, dass sie das hören wollte.
Aber sie lachte. «Ist das deine Buße für alles, was du getan hast? Ich wusste gar nicht, dass es so leicht ist, in den Himmel zu kommen.»
Vielleicht hatte ich kein Recht dazu, aber allmählich wurde ich gereizt. «Midori, das mit deinem Vater war ein Fehler. Ich habe dir gesagt, dass es mir Leid tut, ich habe dir gesagt, ich würde es ungeschehen machen, wenn ich könnte. Was soll ich sonst noch tun? Soll ich mich mit Benzin übergießen und ein Streichholz anzünden? Den Hungernden zu essen geben? Was?»
Sie schlug die Augen nieder. «Ich weiß es nicht.»
«Tja, ich weiß es auch nicht. Aber ich gebe mir Mühe.»
Dieser verdammte Tatsu, dachte ich. Er hat das alles vorausgesehen. Er hat gewusst, dass sie mich aus dem Gleichgewicht bringen würde.
Ich trank meinen Bunnahabhain aus. Ich stellte das leere Glas auf den Tisch und starrte es an.
«Ich will etwas von dir», hörte ich sie nach einem Moment sagen.
«Ich weiß», antwortete ich, ohne sie anzusehen.
«Ich weiß nicht, was ich von dir will.»
Ich schloss die Augen. «Ich weiß, dass du es nicht weißt.»
«Ich kann kaum glauben, dass ich überhaupt hier sitze und mit dir rede.»
Darauf nickte ich nur.
Wieder trat langes Schweigen ein, und mir schossen all die Dinge durch den Kopf, die ich gern gesagt hätte, Dinge, von denen ich wünschte, sie könnten etwas bewirken.
«Wir sind noch nicht fertig miteinander», hörte ich sie sagen.
Ich sah sie an, wusste nicht, was sie meinte, und sie sprach weiter.
«Wenn ich weiß, was ich von dir will, werde ich es dir sagen.»
«Das ist nett», sagte ich trocken. «So erwischt es mich wenigstens nicht unvorbereitet.»
Sie lachte nicht. «Du bist der Killer, nicht ich.»
«Stimmt.»
Sie sah mich noch einen Augenblick länger an, dann sagte sie: «Kann ich dich hier erreichen?»
Ich schüttelte den Kopf. «Nein.»
«Wo dann?»
«Es ist besser, wenn ich mich bei dir melde.»
«Nein!», stieß sie mit einer Vehemenz hervor, die mich überraschte. «Den Scheiß mach ich nicht mehr mit. Wenn du mich wiedersehen willst, sagst du mir, wo ich dich finde.»
Ich griff nach meinem leeren Glas und umfasste es fest.
Steh auf und geh, sagte ich mir. Du brauchst überhaupt nichts zu sagen. Leg einfach ein paar Scheine auf den Tisch und geh. Du siehst sie nie wieder.
Bloß, dass ich sie immer sehen würde. Davor konnte ich nicht weglaufen.
Ich bin daran gewöhnt, mir so wenig zu erhoffen, dass ich anscheinend jede natürliche Immunität gegen emotionale Infektionen verloren habe. Meine Hoffnungen auf Midori hatten neue Nahrung bekommen, und so lächerlich sie auch waren, irgendwie konnte ich sie nicht zurückdrängen.
«Versteh doch», sagte ich, wohl wissend, dass es sinnlos war. «Ich lebe schon lange so. Und nur deshalb lebe ich schon so lange.»
«Dann vergiss es», sagte sie. Sie stand auf.
«Also gut», sagte ich. «Du kannst mich hier erreichen.»
Sie sah mich an und nickte. «Okay.»
Ich zögerte. «Werde ich von dir hören?», fragte ich.
«Ist dir das wichtig?»
«Leider ja.»
«Gut», sagte sie mit einem Nicken. «Mal sehen, wie dir die Ungewissheit gefällt.»
Sie drehte sich um und ging.
Ich bezahlte die Rechnung und wartete noch eine Minute, dann stand ich auf und verschwand durch einen der Kellerausgänge. Ich konnte hier nicht mehr bleiben. Vielleicht konnte ich damit leben, dass Midori wusste, wo ich war, aber sie hatte kein Sicherheitsbewusstsein, und ich konnte nicht mit der Gefahr leben, dass sie unabsichtlich irgendjemanden zu mir führte.
Außerdem wollte ich es Tatsu schwerer machen. Inzwischen spielte es vielleicht keine große Rolle mehr, ob er mich finden konnte, aber die Vorstellung behagte mir nun mal nicht.
Ich würde in ganz anonymen Business-Hotels absteigen, jede Nacht in einem anderen. Das würde mich schützen, falls doch jemand Midori gefolgt war, und es würde Tatsu auf Trab halten.
Das Zimmer im Imperial würde ich natürlich behalten. Vielleicht würde das Tatsu in die Irre führen. Außerdem könnte ich die Mailbox für das Zimmer auch von außerhalb abhören, für den Fall, dass Midori versuchte, mich dort zu erreichen. Um den Schein zu wahren, würde ich von Zeit zu Zeit dort vorbeischauen, unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen.
Ich hielt den Kopf
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