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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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schneller, schwang sich über das Drehkreuz zum Abfahrtspier. Bei dem Sprung stieß er einen Tisch um, und Münzen ergossen sich über den Betonboden. Der Fahrkartenverkäufer brüllte etwas auf Chinesisch.
    Wir sprangen gleich danach über das Drehkreuz. Der Pier war leer - die Passagiere waren bereits alle an Bord. Ein Fährarbeiter stand auf dem unteren Deck und stieß das schwerfällige Schiff gerade mit einer Stange vom Pier ab. Al-Jib rannte auf das Schiff zu, sprang und landete quer über der Reling, riss dabei fast den Arbeiter um. Delilah folgte zwei Meter hinter ihm. Ich sah, wie sie an die Reling hechtete und sich hinüberzog. Der Arbeiter rief etwas, machte aber keine Anstalten, das Schiff zu stoppen. Ich rannte weiter. Das Heck entfernte sich schon vom Pier.
    Ich schob die .38er hinten in den Hosenbund und gab noch einmal alles. Komm schon, komm schon ...
    Als ich bereits durch die Luft flog, sah ich, dass ich es nicht schaffen würde. Ich krachte auf einen von den alten Autoreifen, die direkt unterhalb des Decks angebunden waren, um das Schiff beim Andocken abzufedern. Der Reifen mochte ja bei Wasserfahrzeugen gute Dienste leisten, als Polster für einen menschlichen Oberkörper war er auf jeden Fall denkbar ungeeignet, und mir blieb für einen Moment die Luft weg. Trotzdem schaffte ich es, mich an der Reling hochzuziehen. Ich ließ mich aufs Deck fallen, rollte ab und war wieder auf den Beinen.
    Delilah und Al-Jib waren in dem Gedränge von Passagieren verschwunden, doch als ich eine Art Schneise entdeckte, wo etwas weniger Menschen waren, wusste ich, wo ich zu suchen hatte. Ich zog die Pistole und tauchte in die Menge ein. Zum Glück waren keine Sicherheitsleute an Bord, das hätte die Sache erschwert. Die Star Ferry ist ungefähr so sicher wie ein Bürgersteig.
    Doch nach nur wenigen Metern schloss sich die Schneise vor mir. Bei der Masse von Menschen, es waren bestimmt Hunderte, konnte ich in dem Gewühl keinerlei Schwingungen wahrnehmen, die mir einen Hinweis gegeben hätten, wohin Delilah und Al-Jib verschwunden waren. In nicht ganz sieben Minuten würden wir in Kowloon anlegen. Wenn er beim Andocken auf den Pier sprang und in der dort wartenden Menge verschwand, hätten wir ihn verloren. Wir mussten ihn hier erwischen.
    Ich schob mich in Richtung Heck, hinter die Reihen von Holzbänken, aber wegen der vielen Leute, die keinen Sitzplatz ergattert hatten und stehen mussten, konnte ich nichts sehen. »Delilah?«, rief ich. »Delilah!«
    »Hier«, hörte ich sagen, irgendwo vor mir. »Ich ...«
    Irgendetwas schnitt ihr das Wort ab. Ich hörte den Knall eines Schusses aus einer großkalibrigen Pistole. Schreie ertönten. Plötzlich schob sich die Menge in meine Richtung. Die Leute vor mir wollten möglichst weg von der Schießerei.
    Ich warf mich nach vorne. Mit einem Mal war die Menge hinter mir wie eine Flut, die sich zurückzieht. Und dann sah ich sie.
    Irgendwie hatte Al-Jib es geschafft, sich hinter Delilah zu schleichen und ihr die Kimber zu entreißen. Er stand hinter ihr, hatte einen Arm um ihren Hals gelegt und drückte ihr mit der rechten Hand die Pistole an die Schläfe.
    Ich blieb stehen, hob die .38er mit beiden Händen und richtete sie auf ihn. Sie waren acht Meter entfernt. Ich war noch ganz außer Atem von der Verfolgungsjagd, und das Deck der Fähre schaukelte im Wellengang. Und Al-Jib hielt Delilah wie einen Schild so vor sich, dass nur ein Teil seines Kopfes zu sehen war. Ein Schuss wäre viel zu riskant.
    »Waffe fallen lassen!«, schrie er. »Sonst puste ich ihr das Hirn weg, das schwöre ich bei Allah!"
    "Das lässt du schön bleiben«, sagte ich so ruhig ich konnte. »Weil ich dir dann nämlich auch das Hirn wegpusten muss.«
    »Waffe fallen lassen. Los!«, schrie er wieder.
    »Hör mal«, sagte ich gegen den Wind, der über das Deck blies. »Ich weiß nicht, wer du bist. Und es ist mir auch egal. Ich hatte einen Auftrag, und der betraf Manny. Und der Auftrag ist erledigt. Von mir aus kannst du gehen. Aber nicht, wenn du der Lady ein Haar krümmst. Dann muss ich dich töten, verstanden?«
    Er starrte mich mit verzweifelten Augen an, aber ich spürte, dass er nachdachte. Er konnte Delilah nicht erschießen. Wenn er abdrückte, wäre er das reinste Sieb, noch ehe er die Pistole auf mich richten konnte.
    »Überlegen wir doch mal«, sagte ich. »Wir finden bestimmt eine Lösung, wie wir alle hier mit heiler Haut rauskommen. Wenn du deine Pistole ein bisschen senkst, senke ich auch

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