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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Schluck Eiskaffee und blickte hoch, als würde er über irgendetwas sinnieren. Dann sagte er: »Na, jeder von uns hat nur eine begrenzte Menge Mut auf Vorrat. Du hast schon zu oft was davon abgezweigt. Dein Vorrat ist erschöpft. Das hab ich schon mal bei jemandem erlebt. Ich schätze, eines Tages passiert es auch mir.« Er stockte, dann lächelte er und fügte hinzu: »Oder vielleicht auch nicht.«
    »Das war es nicht«, sagte ich.
    »Was denn dann?«
    Ich blickte auf die Wand, auf der Bilder flimmerten, wie auf einer Leinwand. »Es hatte irgendwas mit dem Jungen zu tun. Dass ich ihn mit seiner Familie gesehen habe ... ich weiß nicht.«
    Es entstand eine Pause. Er sagte: »Wahrscheinlich hast du sie diese Woche einfach zu lange beobachtet, Mann."
    "Ja, kann sein.«
    »Na, so was passiert. Das macht die Sache schwieriger, klar.«
    Ich kam mir vor wie ein Idiot. Was war nur mit mir los? Wieso war ich wie versteinert gewesen? Warum konnte ich das nicht mal einem Mann erklären, mit dem ich Seite an Seite gekämpft hatte, einem Mann, dem ich vertraute?
    Vertrauen, dachte ich. Das Wort fühlte sich in meinem Kopf glitschig an, gefährlich.
    »Das ist nicht der Grund«, sagte ich. »Zumindest nicht der einzige Grund.«
    »Was denn noch?«
    Ich schüttelte den Kopf und atmete schwer aus. »Ich hatte lange keinen Partner mehr.«
    »Moment mal, bin ich jetzt schuld?«
    Ich schüttelte wieder den Kopf. »So meine ich das nicht. Ich ... ich hatte kein Vertrauen zu dir, damals, als du nach Rio gekommen bist.«
    »Ja, den Eindruck hatte ich auch.«
    »Aber dann, nach dem, was du in Kwai Chung getan hast... da habe ich erkannt, dass ich mich getäuscht hatte. Das ist schwer für mich.«
    »Schätze, ich hätte dich einfach abknallen und mir das Geld schnappen sollen. Dann hättest du wenigstens recht damit gehabt, mir nicht zu trauen.«
    »Hast du daran gedacht?«
    Er lachte. »Du meine Güte, Mann, du hörst dich ja fast hoffnungsvoll an.«
    »Hast du?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht eine Sekunde.«
    »Verdammt nochmal. Ich hab's gewusst.«
    »Willst du eine Entschuldigung?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Du schuldest mir gar nichts. Wie ich damals sagte, ich weiß, du hättest das Gleiche für mich getan. Nein, warte, antworte nicht darauf, du zerstörst nur meine Illusion.«
    Der Kellner kam und räumte die Teller ab. Wir bestellten Mango mit klebrigem Reis als Nachtisch. Ich wollte mit Dox über noch etwas sprechen, etwas, worüber ich nachgedacht hatte, schon lange, vor allem nach Manila. Ich hatte noch nie darüber geredet, und ich merkte, dass es mir schwerfiel, es zur Sprache zu bringen. Zum Teil, weil es dann vielleicht noch realer wurde, zum Teil, weil Dox es vermutlich albern finden würde. Aber ich hatte ihm bereits viel erzählt. Ich wollte es zu Ende bringen.
    »Ich möchte dich auch was fragen«, sagte ich und sah ihn an.
    Er rückte mit seinem Sessel ein Stück vom Tisch weg, lehnte sich zurück und verschränkte die Finger vor dem Bauch. »Lass hören.«
    »Bereitet dir das, was wir machen, schon mal... Kopfschmerzen?«
    Er schmunzelte. »Nur wenn ich nicht prompt bezahlt werde.«
    »Ich meine es ernst.«
    Er zuckte die Achseln. »Für gewöhnlich nicht, nein."
    "Hast du nie das Gefühl ...« Ich lachte leise. »Na ja, dass Gott zuschaut?«
    »Klar schaut er zu. Es ist ihm bloß egal.«
    »Glaubst du?«,
    Er zuckte wieder die Achseln. »Ich denke mir, er hat schließlich die Regeln gemacht. Ich spiel bloß nach ihnen. Wenn ihm nicht gefällt, wie sich das hier auf dem Planeten Erde so entwickelt, dann soll er doch bitte schön den Mund aufmachen. Würde ich jedenfalls tun, wenn ich er wäre."
    "Vielleicht tut er's ja, und es hört bloß keiner hin.«
    »Dann muss er eben ein bisschen deutlicher werden.« Er blickte hoch und fügte hinzu: »Ich hoffe, du bist mir nicht böse, wenn ich das mal gesagt habe.«
    Ich studierte einen Moment meine Hände. »Der Gedanke, dass der Junge seinen Vater verliert, ist mir an die Nieren gegangen.«
    »Ja klar. Wenn es dir nichts ausgemacht hätte, wärst du nicht der gute Mensch, der du bist. Deshalb ist es am besten, man rückt der Zielperson nicht zu dicht auf die Pelle. >Wenn es deine Gedanken hemmt, kann es deinen Abzugsfinger hemmen<, wie einer meiner Ausbilder mal zu mir gesagt hat.«
    »Ja, da ist was dran.«
    »Die Sache ist die, du kannst nicht die Entscheidungen treffen und sie auch noch ausführen, wenn du verstehst, was ich meine. Der Richter und der

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