Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen
vermitteln, und es hatte schon zahlreiche Kunden entsprechend beeindruckt. Die Aussicht auf die Wolkenkratzer im Central District und im Victoria Harbor trug zu dieser Wirkung bei, und Hilger war davon ganz begeistert. Heute Abend hatte er nur die Schreibtischlampe eingeschaltet, um die Spiegelung zu mindern, damit die erleuchtete Citylandschaft besser zur Geltung kam. Der Blick über die Stadt beruhigte Hilgers Gedanken, half ihm, Lösungen für Probleme zu finden. Und das war gut so, denn zur Zeit hatte er reichlich Probleme, die einer Lösung bedurften.
Die Lage war alles andere als rosig, zugegeben. Aber noch konnte alles geregelt werden. Ja, er hatte zwei Männer verloren. Aber er hatte auch schon früher Männer verloren, und ihm war bewusst, dass bei jeder Mission das Risiko bestand, Männer zu verlieren, wenn nicht sogar selbst ums Leben zu kommen. Was zählte, war die Mission, die Operation. Die Operation musste gelingen, und dafür würde er sorgen.
Er ging systematisch vor. Das Ziel war, die Operation zu schützen. Was bedeutete, die Bedrohung von Manny zu beenden, der ein entscheidender Teil der Operation war. Wie sollte das geschehen? Ganz einfach: Er musste herausfinden, wer hinter dem Anschlag steckte und wer versucht hatte, ihn auszuführen, und beide wenn möglich eliminieren.
Das Problem war, dass das alles unter Druck geschehen musste. Nach dem Treffen mit Manny in Kowloon am Morgen war er in sein Büro zurückgekehrt. Dort erwartete ihn eine Nachricht von jemandem in seinem Netzwerk, der zurzeit in Langley stationiert war. Hilger hatte ihn angerufen. Der Mann hatte ihn auf den neusten Stand gebracht: Die Nachricht, dass Calver und Gibbons in Manila erschossen worden waren, hatte prompt die Führungsetage erreicht. Die CIA-Station in Manila hatte sich mit der Polizei von Manila in Verbindung gesetzt, die den toten Bodyguard durchleuchtet und herausgefunden hatte, dass er ausschließlich für einen gewissen Manheim Lavi tätig gewesen war, bekannt als Major Drecksack. Lavi war momentan unerreichbar, aber man ging davon aus, dass der Bodyguard in Ausübung seiner Schutzaufgabe gestorben war, und dass die beiden toten Exagenten irgendwas mit Major Drecksack zu tun gehabt hatten. Die brennende Frage, so hatte der Mann gesagt, lautete: Was genau hatten Calver und Gibbons mit dem Drecksack zu schaffen und wer steckte sonst noch mit drin? Hilger wusste, dass er alle möglichen Schwachpunkte eliminieren musste, ehe jemand etwas entdeckte und die ganze Sache aushebelte.
Also, die Frage, wer die Auftragskiller waren, hatte er ziemlich schnell abhaken können. Anhand von Mannys Beschreibung hatte Hilger gleich auf John Rain getippt, von dem er wusste, dass er letztes Jahr die Belghazi-Sache im Hongkonger Containerhafen Kwai Chung erledigt hatte. Hilger war gegen die Operation gewesen und hatte sogar versucht, Rain umbringen zu lassen. Aber wie sich herausgestellt hatte, war der nicht so leicht abzuschrecken und trotzdem an Belghazi rangekommen. Was sich seltsamerweise dann doch als Segen erwies, da dieser Mistkerl Belghazi direkt vor Hilgers Nase Raketen mit nuklearen Sprengköpfen hatte verschieben wollen. Wenn Rain die Sache nicht erledigt hätte, hätte Hilger es selbst tun müssen.
Aber was war das für ein Schlamassel gewesen! Einige seiner lang gehegten und gepflegten Informanten hatten ihn verdächtigt, in der Sache mit drinzustecken. Wenn Manny nicht gewesen wäre, hätte er ihr Vertrauen bestimmt nicht zurückgewinnen können. Und dann setzte ihn auch noch die CIA unter Druck, die wissen wollte, welche Rolle er genau dabei gespielt hatte und warum er keine ordnungsgemäße Dokumentation vorweisen konnte. Auch in diesem Fall hatte sich die Intervention von außerhalb als nützlich erwiesen. Sein Kontakt beim Nationalen Sicherheitsrat, dem NSC, hatte den CIA-Chef praktisch bestochen, indem er ihm erlaubte, dass sich die CIA den Erfolg, eine terroristische Operation in Kwai Chung verhindert zu haben, an die eigene Fahne heften durfte. Am nächsten Tag stand alles in der Zeitung, und die Helden der CIA, vor allen Dingen ihr Chef, wurden mit Lob überschüttet. Außerdem hatte die Sache noch einen positiven Nebeneffekt gehabt: Da der NSC im Namen des amerikanischen Präsidenten sprach und sich massiv für Hilger eingesetzt hatte, musste der CIA-Chef davon ausgehen, dass Hilger protegiert wurde, und zwar von ganz oben. Der CIA-Chef, der operative Leiter und so gut wie jeder, der in der
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