Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen
stellt für manche eine unüberwindliche Distanz dar, und die Spannungen, die durch die versuchte Repatriierung ausgelöst werden, erinnern dich ständig an die Veränderungen, die du doch unbedingt vergessen wolltest.
Als wir nach dem Essen bei einer riesigen Tasse Cappuccino saßen, sagte ich: »Ich brauche deine Hilfe.«
Er blickte mich an. »Klar, Mann, kein Problem. Worum geht's?«
»Mein israelischer Kontakt. Die Frau, die das Treffen mit Boaz und Gil vermittelt hat. Sie hat sich bei mir gemeldet. Sie will mich sehen.«
»Vielleicht ist das ja der Durchbruch, auf den wir warten. Irgendwelche neuen Informationen über Manny.«
Ich schüttelte den Kopf. »Sie hat nichts über Manny gesagt. Nur, dass sie mich sehen will.«
Er legte den Kopf schief und sah mich an. »Das kapier ich nicht. Warum sollte sie dich sehen wollen, wenn es nicht um Manny geht?«
»Bevor sie meinen Kontakt zu Boaz und Gil vermittelt hat, war ich eine Weile mit ihr zusammen.« Ich erzählte ihm in einer abgespeckten Version, wie Delilah und ich uns in Macau kennengelernt hatten und was zwischen uns danach in Rio passiert war.
Er hörte still zu, mit einer für ihn untypisch ernsten Miene. Als ich fertig war, sagte er: »Du überlegst, dich mit ihr zu treffen.«
Ich nickte.
»Weil du glaubst, sie könnte Informationen haben, die uns weiterhelfen, oder einfach weil du es willst?«
Für jemanden, der gerne den Tölpel spielte, hatte Dox ein erstaunliches Kombinationsvermögen. Ich hätte Ausflüchte machen können, aber ich beschloss, ihm reinen Wein einzuschenken. Er hatte es verdient.
»Ich will sie einfach nur sehen.«
Er nickte einen Moment, dann sagte er: »Ich bin froh, dass du es zugibst. Ich hab mir das schon gedacht, so wie du vorhin über sie gesprochen hast, und es hätte mich ziemlich beunruhigt, wenn du versucht hättest, mir was vorzumachen. Ich hätte mich gefragt, ob du dir auch selbst was vormachst.«
»Ich weiß selbst nicht, ob ich mir was vormache oder nicht.«
»Partner, schon das ist ein gewaltiges Stück Ehrlichkeit.«
Ich trank einen Schluck Cappuccino. »Könnte trotzdem sein, dass sie Informationen für uns hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Zeitpunkt des Treffens purer Zufall ist.«
»Wenn sie dir erzählt, sie hätte sich nur deshalb gemeldet, weil sie deinen Charme vermisst, dann spielt sie nicht mit offenen Karten. Könnte sein, dass sie irgendwas Hinterhältiges im Schilde führt.«
»Vielleicht hast du recht.«
»Aber du willst sie trotzdem sehen.«
»Ja.«
Er spitzte die Lippen und atmete kraftvoll aus. »Hört sich für mich ganz nach ungeschütztem Sex an, Partner. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich das Kondom sein will.«
Ich nickte. »Wenn du es so ausdrückst, bin ich mir da auch nicht sicher.«
Er schenkte mir ein mittelstarkes Grinsen. »Also, lass trotzdem hören, was ich für dich tun soll."
"Sie kommt nach Bangkok. Ich hab ihr gesagt, ich hol sie in der Ankunftshalle ab. Wenn sie da Leute postiert hat, kannst du sie ausmachen?«
»Okay.«
»Wir nehmen von dort ein Taxi zum Terminal für die Inlandsflüge. Du hängst dich an uns dran, dann müsstest du sehen können, ob wir verfolgt werden. Wenn ich sauber bin, gehen wir durch die Sicherheitskontrolle. Ich werde zwei Tickets nach Phuket haben, da will ich mit Delilah hin, und du
wirst ein Ticket für irgendein anderes Ziel haben. So kommst du ebenfalls durch die Sicherheitskontrolle und kannst dich im Boardingbereich noch einmal überzeugen, ob wir wirklich allein sind.«
»Phuket? Ich hoffe, du hast dich im Reisebüro erkundigt. Nach dem Tsunami ist da in einigen Orten noch immer nicht wieder alles im Lot.«
»Ich weiß.«
»Fahr doch nach Ko Chang, im Golf von Thailand, die Insel ist völlig verschont geblieben. Außerdem ist da nicht alles so zugebaut, und von Bangkok aus sind es mit dem Auto nur knapp vier Stunden.«
»Ich weiß. Ich will aber fliegen. So ist es schwieriger, uns zu folgen.«
»Ja, da ist ein Argument. Phuket ist auf jeden Fall nett. Wo wollt ihr wohnen?«
Ich zögerte eine Sekunde aus reiner Gewohnheit, dann sagte ich: »Amanpuri.«
»O lä lä! Das Paradies auf Erden! Ich hab da mal gewohnt und Mick Jagger gesehen. Genau nach meinem Geschmack, obwohl mir der Strand vom Chedi nebenan besser gefällt. Ich werde keine von diesen Villas brauchen oder so. Ein kleiner Bungalow genügt mir völlig. Natürlich mit Meeresblick. Was hat man davon, im Paradies zu sein, wenn man das Wasser nicht
Weitere Kostenlose Bücher