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Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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wirklich zuversichtlich sein, dass ich ihn nicht erledigen wollte, solange er Dox in seiner Gewalt hatte. Oder aber Mr Blond diente tatsächlich als Ablenkung, was bedeuten würde, dass jemand, der unauffälliger war als er, Hilger bald ins Gebäude folgen würde. Ich wartete, entdeckte aber niemanden, den ich als Problem erkannte.
    Ich eilte durchs Treppenhaus nach unten, nahm eine Abkürzung nach Südwesten auf die Le Loi, überquerte dann zusammen mit fünfzig anderen Fußgängern umschwirrt von Motorrädern die Straße. Auf der anderen Straßenseite war ein Parkhaus mit eigenem Eingang ins Saigon Tax. Ich schlüpfte hinein, überprüfte sogleich die Gefahrenpunkte. Nichts machte mich stutzig. Ich bog um eine Ecke und wartete. Niemand kam hinter mir herein. Ich wartete eine weitere Minute, damit Hilger Zeit hatte, vor mir im Restaurant zu sein.
    Ich betrat das Saigon Tax und benutzte eines der Treppenhäuser, blieb auf jeder Etage am Balkon stehen, um nach oben und unten zu schauen. Noch immer nichts, was mir komisch vorkam. Ich ging weiter in den vierten Stock, wo ich auf die Nordostseite des Gebäudes wechselte und dabei meine Umgebung absuchte. Noch immer war die Luft rein. Okay.
    Ich schaltete mein Handy aus und das andere Minigerät ein, das ich bei mir hatte, einen Wanzendetektor, den mein ermordeter Freund Harry, seines Zeichens Hacker und Experte im Basteln von allen möglichen Apparaturen, für mich in Tokio gebaut hatte. Falls Hilger verdrahtet war, würde der Detektor in meiner Tasche vibrieren, und ich wüsste Bescheid. Ich ging die Treppe hinauf zum Restaurant.
    Der Raum erstreckte sich L-förmig teils unter einem Dach, aber überwiegend unter dem dunklen Himmel von Saigon. Holzböden, Lattentische und -stühle, glitzernde Lichterketten über Pflanzen gespannt, wie Weihnachtsbaumschmuck. Nur eine Handvoll Gäste, weil es noch früh war, aber keiner darunter, der gerade erst gekommen war.
    Eine Empfangsdame kam auf mich zu. Ich taxierte sie, sah, dass sie keine Gefahr war, und suchte wieder das Restaurant ab. Die Frau bot an, mich zu einem Tisch zu führen. Ich schüttelte den Kopf, ignorierte sie aber ansonsten und ging weiter.
    Ich hatte Hilger noch nicht entdeckt, wenn er da war, musste er um die Ecke herum sitzen, im kurzen Teil des L-förmigen Restaurants. Ich hielt mich dicht an der Wand, erreichte das Ende des langen Teils und lugte in den kurzen. Da saß er, an einem Ecktisch, mit dem Rücken zur Betonwand, die Füße unter sich fest auf dem Boden, mit erhobenem Kopf und wachsamen Augen. Die Tische rings herum waren alle leer, dieser Teil des Restaurants vorläufig noch verlassen.
    Er stand auf, als er mich kommen sah, trat einen Schritt vom Tisch zurück und zeigte mir seine Hände. Sie waren leer, die Finger leicht gespreizt. Ich näherte mich ihm auf die gleiche, Gefahrlosigkeit signalisierende Art.
    Als ich vor seinem Tisch stand, drehte ich mich so, dass ich in Richtung auf die Ecke des »L« blickte. Ich wollte jeden sehen können, der nach mir hereinkam, und noch etwas Zeit zu reagieren haben.
    Nicht zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass Hilger ungemein motiviert sein musste, wenn er solche Risiken einging. Ich fragte mich, was er vorhatte und für wen er wohl arbeitete.
    »Gehen wir«, sagte ich.
    Er blickte skeptisch. »Wohin?«
    »Irgendwo anders hin. Könnte ja sein, dass Sie jemanden angerufen haben und ihm gesagt haben, wo wir sind.«
    »Ich bin allein.«
    Ich würde ihm nicht verraten, dass ich über Mr Blond Bescheid wusste. »Das hör ich gern«, sagte ich. »Tun Sie mir trotzdem den Gefallen.«
    Ich werde zwar nicht jünger, aber ich habe nach wie vor zwei Stärken. Erstens, ich war schon immer ungewöhnlich schnell – was ich teils meinen Genen verdanke, teils einem obsessiven Training. Zweitens, ich kann von absoluter Reglosigkeit in explosive Gewalt umschlagen, und das ohne die üblichen Anzeichen. Die Vorboten, auf die die meisten Leute normalerweise achten – die offensichtlichen wie Schreien, Gestikulieren und sonstiges Getue und die weniger offensichtlichen wie Weißwerden im Gesicht und erweiterte Pupillen –, zeige ich nicht oder kaschiere sie gekonnt. Ich kann Menschen verletzen oder ihnen Schlimmeres antun, und das einzige Vorzeichen, das sie warnen könnte, ist lediglich die Tatsache, dass ich ihnen nahe genug bin, um es zu tun.
    Hilger wusste das nicht. Ich war ihm nah, klar, aber die Gesamtheit seiner Erfahrungen würde ihm sagen, dass es irgendeinen

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