Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
sie würde es versuchen. Wenn er ihr je die Chance dazu gab.
20
Y AMAOTO T OSHI SCHLIEF IN SEINER Wohnung in Moto Azubu, einem Stadtteil im Zentrum Tokios, als sein Handy klingelte. Er blickte auf den Wecker: 5 Uhr 30. Ein Anruf zu dieser Uhrzeit konnte nichts Gutes bedeuten. Sein erster Gedanke war die Lieferung, die nur wenige Stunden zuvor in Wajima hatte stattfinden sollen.
Er setzte sich auf und knipste das Licht an. Dann blickte er auf den Namen im Display. Es war Kuromachi, genannt Kuro, der Mann, der für den Kontakt zu den Chinesen zuständig war. Yamaotos Vorahnung, dass irgendwas in Wajima schiefgelaufen war, verstärkte sich.
Er griff nach dem Handy und drückte es ans Ohr. »Hai. «
»Yamaoto-san, entschuldigen Sie den Anruf zu so früher Stunde«, sagte Kuro auf Japanisch. »Bei der Lieferung heute Nacht hat es ein Problem gegeben, und ich dachte, Sie sollten es sofort erfahren.«
»Was für ein Problem?«
»Die Chinesen haben drei Männer mit einem Katamaran losgeschickt, um die Ware zu liefern und das Geld abzuholen. Als die Männer nicht zurückkamen, wurde ein weiteres Boot losgeschickt, um nach dem Rechten zu sehen. Die zweite Crew fand die drei Männer erschossen am Strand. Das Geld und die Ware sind verschwunden – ebenso Kito und Sanada.«
Yamaoto wischte sich mit einer Hand durchs Gesicht und dachte, Komatta – Scheiße.
»Kito und Sanada sind zuverlässige Männer«, fuhr Kuro fort. »Ich bin überzeugt …«
»Im Augenblick«, fiel Yamaoto ihm ins Wort, »kommt es nicht darauf an, wovon wir überzeugt sind. Es kommt allein darauf an, was die Chinesen denken. Haben die Sie informiert?«
»Ja. Der Bootsführer. Er hat vor fünf Minuten angerufen.«
Da Kuros Vater von seiner Firma nach China geschickt worden war, um dort in einer Ventilatorenfabrik zu arbeiten, und Kuro daher einige Jahre seiner Kindheit in China verbracht hatte, sprach er ausgezeichnet Chinesisch, was ihn zum idealen Verbindungsmann zu United Bamboo machte. Yamaoto war froh gewesen, dass Kuro die Operation betreute, und der Mann machte seine Sache gut. Aber es gab Zeiten, da musste. der Boss sich persönlich einschalten, und wenn auch nur, um der anderen Seite den Eindruck zu vermitteln, dass alles mit gebührender Wichtigkeit behandelt wurde.
»Lassen Sie nach Kito und Sanada suchen?«, fragte Yamaoto.
»Jawohl.«
»Die Sache hat absolute Priorität. Setzen Sie alle Leute dafür ein, die Sie haben. Finden Sie die beiden und bekommen Sie raus, was passiert ist.«
»Jawohl.«
Yamaoto legte auf. Er blieb einige Minuten still sitzen und dachte nach. Was zum Teufel war da passiert? Kito und Sanada waren in der Tat zuverlässig. Und selbst wenn sie es nicht wären – sie mussten wissen, was ihnen blühte, wenn sie Yamaoto hintergingen: im besten Fall ein paranoides Leben auf der Flucht, mit größerer Wahrscheinlichkeit jedoch ein schneller Tod.
Dennoch, bei der Menge Drogen und Geld könnte die Verlockung groß gewesen sein. Und falls sie unschuldig waren, wieso kamen sie dann nicht zu ihm?
Kaum hatte er sich die Frage gestellt, da wusste er auch schon die Antwort. Die Chinesen würden Blut wollen. Ob seine Männer schuldig waren oder unschuldig, Yamaoto hätte praktisch keine andere Wahl, als sie zu opfern, wenn er einen Krieg verhindern wollte. Ihnen musste klar sein, dass ihr Tod jetzt die schnellste und sicherste Lösung des Problems darstellte.
Er stand auf, ging zur Toilette und zog dann seinen Bademantel über. Im Arbeitszimmer nahm er ein Codebuch aus dem Wandsafe. Darin befand sich die Handynummer des Mannes, der Big Liu genannt wurde, der Boss von United Bamboo in Taiwan. Yamaoto wählte die Nummer und wartete.
Einen Augenblick später meldete sich am anderen Ende eine tiefe, raue Stimme. »Weiwei. « Hallo.
»Hallo, hier spricht Yamaoto Toshi«, erwiderte Yamaoto langsam. Big Lius Englisch war nicht gut, aber es war ihre einzige gemeinsame Sprache.
Kurzes Schweigen am anderen Ende. Dann sagte Big Liu: »Wir haben groß Problem. Verdammt groß.«
»Ich weiß. Einer meiner Männer hat mich gerade angerufen.«
»Das … sehr schlecht.«
»Ja. Wir suchen bereits nach den verschwundenen Männern. Wir tun alles, was wir können, um sie zu finden.« Nicht meine verschwundenen Männer. Die verschwundenen Männer. Diese Feinheit würde Big Liu vermutlich entgehen, aber es konnte auch nicht schaden.
»Sie finden verschwunden Männer«, sagte Big Liu, »Sie mir geben. Und Sie zahlen verschwunden Geld.
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