Tokio Vampire
„A-a ...“ Doch ich konnte nicht mehr sprechen. Ich würde keinen einzigen zusammenhängenden Satz herausbekommen! Das war so schrecklich, und ich war so wütend und hilflos, dass mir fast augenblicklich die Tränen in die Augen schossen.
Are lachte ausgelassen.
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Wie konnte er lachen? Wie konnte er darüber lachen, dass ich kein Wort herausbekam?! Ich schämte mich und trat sofort den Rückzug an. Ich wollte nur noch weg. Sollte er doch allein hier bleiben, das war mir egal. Ich war extrem empfindlich, wenn jemand über mich lachte. Jeder, der so was selbst mal erlebt hat, wird das verstehen können.
Aber er erwischte mich am Ärmel und hielt mich fest.
„Warte! Das bin ich! Ich verursache das“, stellte er fest und betrachtete mich wie ein seltenes Insekt. Er klang erstaunt, ja fasziniert und erheitert.
„Natürlich tust du d-d-das!“ Ich war kurz vorm Heulen, auch wenn ich bemerkte, dass ich nun wieder klarer wurde. Wieso war er so ein Arschloch?! Natürlich war er irgendwie der Grund, dass ich stotterte. Das passierte schließlich bei keinem anderen! Ich war völlig durch den Wind! Mein Gehirn funktionierte nicht richtig. Und
ich war mir ziemlich sicher, dass ich das nicht komisch fand.
„Das ist wirklich interessant.“ Er ließ meinen Ärmel los – sein Glück, denn ich war kurz davor, ihm eine zu knallen! – und legte seine Hand an meine Wange. Ich zuckte zurück. Seine Hand war kalt.
„Weißt du, was ich glaube? Dein Sprachfehler ist gar kein Sprachfehler, sondern eine Fehlschaltung in deinem hübschen Köpfchen. Du reagierst auf bestimmte Energiefelder. Schätze, du hast eine Art telepathische Begabung oder so etwas ähnliches.“
Mir blieb die Luft weg. Telepathische Begabung? Ich? Klar! Und wenn ich auf Energiefelder reagierte, wer war er dann? Mr. Starkstrom? Das war mir echt zu blöd!
„Los, sag was! Ich will hören, ob es jetzt besser geht“, drängte Are.
Pah, ich war doch kein Versuchskaninchen! Ich würde überhaupt nichts mehr sagen! Stur schüttelte ich den Kopf und wischte mir mit dem Ärmel über die Augen. Ich würde nicht heulen, wegen so einer Scheiße.
„Was soll das? Du weißt, dass ich nicht über dich lache.“
Du kannst mich mal, Are! , dachte ich wütend. Deine doofen Spielchen kannst du mit wem anders spielen.
„Na, komm schon“, lockte er mich mit Samtstimme.
Aber ich blieb stumm.
„Wenn du nicht sprichst, dann schrei!“
Ich schwieg beharrlich, traute meiner eigenen Stimme nicht. Ich würde mich mit Sicherheit nicht zum Affen machen!
„Ich krieg dich zum Schreien. Wette, du würdest schreien, wenn ich mit dir schlafe“, behauptete er in einem Tonfall, der mir in die Gehirnwindungen kroch und mich bewegungsunfähig machte.
Diese Aussage, die ich erst danach erfasste, ließ mich rot werden, ich spürte die verräterische Hitze in meinem Gesicht.
„Ich schlaf nicht mit dir“, fauchte ich jetzt doch, wütend und verunsichert.
Are lachte nur leise.
„Siehst du, es geht doch!“, sagte er triumphierend.
Ich ließ mich auf mein Bett fallen und vergrub mein Gesicht in den Händen. Warum waren die Treffen mit Are nur immer so konfus und so unglaublich anstrengend? Ich hatte den Eindruck, als sei ich seit mindestens drei Tagen auf den Beinen. Vielleicht war es doch ganz gut, dass wir uns bald nicht mehr sehen würden. Aber allein dieser Gedanke bewirkte ein höllisches Ziehen in meinem ganzen Körper. Ich wollte nicht ... Ja, was eigentlich? Wahrscheinlich brachte mich das alles um. Scheiße, ich war voll der Psycho. Machte einen Heidenaufstand, dabei war nicht mal was zwischen uns gelaufen. Im Grunde war Are doch immer noch der Lover meiner Schwester.
Ich hörte nichts, doch Are war nähergekommen, setzte sich nun zu mir aufs Bett. Er strich mit einer federleichten Bewegung über meinen Kopf.
„Alter, du b-bringst mich ins Grab“, flüsterte ich stockend.
„Hm, leider kann ich das nicht vollständig ausschließen“, meinte Are nachdenklich.
Oh man, wie meinte er das nun wieder? Das war echt kein Thema, bei dem ich länger verweilen wollte. Aber das Schweigen, das sich zwischen uns ausbreitete wie ein Ölteppich, war auch unangenehm.
„S-sag mal, stimmt es eigentlich, d-d-dass du in High Heels laufen kannst?“, fragte ich daher zusammenhanglos. Und im gleichen Augenblick hätte ich mir dafür in den Arsch beißen können.
Are lachte leise. „Woher hast du denn so was?“
„Internet.“ Hoffentlich
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