Tokio Vice
Informationen, die niemand sonst hat, und ich finde, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat.«
»Das Recht zu wissen, wo Kajiyama sein Geld versteckt hat?«
»Ja, die Opfer haben ein Recht darauf.«
»Opfer. Interessante Wortwahl. Hat denen etwa jemand eine Pistole an den Kopf gehalten und sie gezwungen, Kredite aufzunehmen, die sie nicht zurückzahlen können? Oder sich Geld für Dinge zu leihen, die sie sich nicht leisten können?«
»Nein, aber diese Leute wussten nicht, worauf sie sich einließen, und sie wurden belogen, als sie ihre Verträge unterschrieben. Macht sie das nicht zu Opfern?«
»Für mich sind das Idioten.«
»Waren dann die Leute, die ihr Geld bei der Saitama Shogin angelegt haben, ebenfalls Idioten? Oder waren sie gierig? Wollten sie eine zu hohe Rendite haben? Hätten sie einfach bessere Aktien kaufen sollen?«
Zyklop schwieg eine Weile und dachte nach. Er runzelte die Stirn und biss sich auf die Lippen, dann entspannte er sich wieder.
»Sie wollen also die Story. Gut, ich gebe sie Ihnen. Es war in Las Vegas.«
»Las Vegas?«
»Kajiyama hat im ›MGM Grand‹ in Las Vegas ein paar Millionen Dollar verspielt. Vielleicht ist das ja Geldwäsche. Er ist oft in Amerika. Das Geld legt er hier in ein Bankschließfach, und wenn er rüberfliegt, nimmt er es mit. Er hat drüben auch einige Bankkonten.«
»Weiß die Polizei davon?«, fragte ich.
»Ich denke schon. Wahrscheinlich ist das Geld inzwischen beschlagnahmt, oder sie wird es ziemlich bald tun. Kajiyama ist im ›Grand‹ ein Promi. Und im ›Caesars Palace‹ gibt er das Geld mit vollen Händen aus.«
»Wie kann so ein Kerl dort zu einer Art VIP werden?«
»Durch Goto. Goto hat ihn eingeführt, er liebt diese Orte. Und er war oft dort.«
»Er war?«
»Ja, denn seit seiner Lebertransplantation kann er nicht mehr in die USA reisen. Er soll ein Kasinokonto geplündert haben, um seine Krankenhausrechnung bezahlen zu können.«
»Goto hat sich in den USA eine neue Leber implantieren lassen? Wie in aller Welt ist es denn dazu gekommen?«
»Ich dachte, Sie interessieren sich für Kajiyama?«
»Ja, aber wenn Goto, der Pate des japanischen Verbrechens, sich in Amerika einer Lebertransplantation unterzogen hat ... Wahnsinn. Wo denn?«
»In Los Angeles. Universitätsklinik. UCLA. Dumont.«
»Dumont. UCLA – alles klar.«
»Wie dem auch sei, folgen Sie dieser Vegas-Spur. Die ist bestimmt gut. Vielleicht können Sie dabei ja eine Reise nach Vegas auf Firmenkosten herausschlagen.«
»Kajiyama ist also ganz sicher in der Organisation, oder?«
»Haben Sie vielleicht einen Exkommunikationsbrief herumschwirren sehen? Wenn Sie nicht rausgeworfen werden, dann sind Sie noch Mitglied. So läuft das. Er ist jetzt ein Albatros. Brockt der Organisation eine Menge Ärger ein. Alle wussten, dass es so kommen würde. Darum haben sie ihn vor zwei Jahren schon von ihrer Liste gestrichen. Niemand will schriftliche Spuren hinterlassen.«
»Wie viel Geld hatte Kajiyama im Kasino?«
»Etwa vier Millionen Dollar in zwei Kasinos. Vielleicht noch eine Million auf amerikanischen Bankkonten. Er hatte zwei Millionen Dollar in bar hier im Büro des ›MGM Grand‹ deponiert. Nicht schlecht, oder?«
»Wie zum Teufel kommt man in Japan an zwei Millionen amerikanische Dollar?«
»Man braucht nur viele Lakaien mit viel Zeit. Wenn Sie die Spur des Geldes finden wollen, dann suchen Sie in Ihrer Heimat, Jake-san.«
Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Das hörte sich nach einem echten Knüller an. Und es war einer, der mein Leben verändern sollte.
Wir plauderten noch eine Stunde. Ich erkundigte mich nach seinen Eltern, er fragte nach meiner Familie, und ich zeigte ihm ein paar Bilder. Doch als ich ihn fragte, welche Rolle die Yamaguchi-gumi bei Kajiyamas Aktivitäten gespielt habe, schwieg er.
Um fünf Uhr morgens kam ich schließlich nach Hause. Es gelang mir, etwa eine Stunde zu schlafen, bevor Beni mich weckte, auf mir herumkrabbelte und die Finger in meine Nase steckte. Ich konnte heute den ganzen Tag mit meiner Familie verbringen, es war wie ein Feiertag.
Am Dienstag – ich hatte noch niemandem von meinen Informationen erzählt – rief ich einen Freund, dem ich vertrauen konnte, beim FBI in Washington an. Er bestätigte, was Zyklop gesagt hatte. Die Tokioter Polizei sei bereits in Las Vegas gewesen und habe dort zwei Millionen Dollar beschlagnahmt, die aus dem Büro des »MGM Grand« in Tokio stammten. Der Betrag stimmte mit
Zyklops Angaben
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