Tokio Vice
Kajiyama« zu schreiben.
Mitte November erschien dann die Schlagzeile: »Zwei Millionen Dollar aus dem Bankschließfach des Kaisers der Kreditwucherer beschlagnahmt.« Danach folgten Artikel über die Ermittlungen des FBI und über Kajiyamas Glücksspiel in Vegas. Wir hatten damit drei Knüller hintereinander, und die Konkurrenz rotierte.
Als ich mit einem Reporter aus Las Vegas sprach, erfuhr ich, dass die Aufsichtsbehörde für Spielbanken in Nevada sich öffentlich zu dem Fall geäußert hatte. Das war eine große Erleichterung für mich, denn egal wie viele Fakten ein Reporter auch sammelt, es ist immer ein großes Risiko, einen Artikel zu veröffentlichen, ohne eine amtliche Verlautbarung in der Hand zu haben. Und der Erfolg eines Knüllers wog bei Weitem nicht die Strafe auf, die eine eventuelle Falschmeldung nach sich zog. Als die Polizei dann einen von Kajiyamas Handlangern verhaftete, der mehr als eine Million Dollar von Kajiyamas Konto abgehoben hatte und viele Male mit Diplomatenkoffern voller Bargeld in die USA gereist war, verspürte ich eine gewisse Zufriedenheit.
Zur Feier des Tages lief ich anderthalb Meilen in weniger als zwölf Minuten. Das war ein Anfang. Außerdem ging ich früh nach Hause, was ungewöhnlich war. Ich holte meine Tochter von der Vorschule ab, und Beni, Frau Adelstein und ich aßen zusammen – ein seltenes Ereignis.
Einige Wochen später wurde unsere Begeisterung etwas gedämpft, als sich herausstellte, dass Kajiyama mehr als 50 Millionen Dollar bei einer schweizerischen Bank deponiert hatte. Ein japanischer Angestellter der Credit Suisse hatte ihm dabei geholfen. 50 Millionen Dollar waren doch eine Menge mehr als einige Millionen. Die Schweizer froren sein Konto ein.
Yakuza lieben ausländische Banken. Und die Credit Suisse war nicht die erste ausländische Bank, bei der sie Geld gewaschen hatten. Die Citibank verlor im September 2004 ihre Lizenz als Privatbank in Japan unter anderem deshalb, weil die Yakuza sie angeblich benutzt hatten, um Geld zu waschen. Ein Polizeibeamter, der mit dem Fall vertraut war, erklärte, einer der größten Kunden dieser Bank sei Saburo Takeshita, geschäftlich ein Blutsbruder von Tadamasa Goto persönlich. Ein weiterer Informant behauptete, ein anderes großes Tier in der Yamaguchi-gumi habe ein Konto bei der Citibank – auf seinen eigenen Namen. Ich kenne mehrere ausländische Investmentgesellschaften, die heute noch mit Yakuza zusammenarbeiten, aber da ich nicht genug Geld habe, kann ich es mir nicht leisten, Namen zu nennen. (Übrigens hat die Citibank aus der Sache nichts gelernt. Die japanische Regierung bestrafte sie auch im Jahr 2009 wegen ähnlicher Vorkommnisse.)
Als die Spur in die Schweiz führte, übernahmen Chuckles und Harrys Stellvertreter den Fall. Geldwäsche war zu viel für mein kleines Gehirn, und mich interessierten vor allem Goto Tadamasa und seine mysteriöse Lebertransplantation.
Nicht alles Geld, das Kajiyama bei amerikanischen Spielbanken in Tokio deponiert hatte, wurde beschlagnahmt. Etwa zum Zeitpunkt seiner Festnahme rief einer seiner Handlanger einen Verantwortlichen des Caesars Palace in Tokio an und ließ sich eine Million Dollar in bar bringen. Das Geld wurde an einem Parkplatz mitten in Tokio übergeben – was für ein Service.
Kajiyama legte nie ein Geständnis ab. Am 9. Februar 2005 wurde er zu sieben Jahren Schwerstarbeit verurteilt, doch die Gerichte wollten ihn nicht mit einer Geldstrafe in Höhe von fünf Milliarden Yen (50 Millionen Dollar) belegen – der Betrag, den er seinen Kunden gestohlen hatte. Wir waren enttäuscht. Wer konnte da noch behaupten, dass sich Verbrechen nicht lohnen würde? Wahrscheinlich hat Kajiyama noch mehr Geld versteckt, von dem niemand weiß. Er wird seine Strafe absitzen und das Gefängnis als reicher Mann verlassen.
Vor Gericht trat er nicht gerade eindrucksvoll auf, doch er strahlte ein gewisses Charisma aus. Er sieht gut aus und kann sicher sehr charmant sein. Seine diversen Geliebten würden das sicherlich bezeugen. Wahrscheinlich werden sie auf ihn warten – und auf sein Geld.
Kajiyamas Handlanger zerstreuten sich nach seiner Verurteilung, und die Goryo-kai existiert seitdem nicht mehr unter diesem Namen. Einige seiner Jünger betätigten sich in der Folge als Betrüger und hatten damit mehr schlecht als recht ihr Auskommen.
Nach Kajiyamas Prozess wurde das japanische Strafgesetzbuch geändert, die Strafen für Kreditwucher sind viel härter geworden, und es
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