Tokio Vice
richtigen Ärger, das ist Ihnen doch klar, oder?«
Nachdem ich ihr versprochen hatte, äußerst vorsichtig zu sein, war Helena bereit, mich einem der Mädchen vorzustellen. Dann trennten wir uns.
Zunächst wollte ich mich nun selbst etwas umhören.
Zuerst fiel mir Sekiguchi ein, aber das war nicht sein Revier. Dann dachte ich an Alien Cop, der mich so fachkundig durch Kabukicho geführt hatte. Er war vom Revier in Shinjuku zur Tokioter Polizei versetzt worden und konnte sich eventuell einige brauchbare Informationen beschaffen. Er wäre sicher eine gute Quelle, doch seine Hilfe würde mich etwas kosten. Zumindest einen abendlichen Streifzug durch die Stadt, wahrscheinlich einige Zeit in einer Bar oder einem Stripclub mit Ausländerinnen. Auf jeden Fall würde es nicht billig werden. Zum Glück hatte ich inzwischen bereits einige Beziehungen.
Daher rief ich einen mir bekannten Rechtsanwalt an, der für eine Firma arbeitete, die beliebte Kampfsportturniere veranstaltete. Ich konnte ihn dazu überreden, mir zwei Karten für Plätze in der zweiten Reihe zu besorgen. Die Karten gab ich dem Geschäftsführer des Stripclubs »Eighth Circle of Hell« als Bezahlung für einen Abend dort.
Dann schrieb ich Alien eine SMS und wir verabredeten uns.
Zunächst erzählten wir einander, was wir in letzter Zeit alles getan hatten, dann berichtete ich ihm, während eine vollbusige Rothaarige namens Jasmine auf seinem Schoß saß, von Helenas Geschichte. Als ich fertig war, runzelte Alien die Stirn, schob Jasmine von seinem Schoß und sagte zu ihr: »Hol bitte Zigaretten, Engelchen. Ich muss etwas mit meinem Freund besprechen. Komm in fünf Minuten zurück.« Jasmine gehorchte.
»Wissen Sie was«, wandte sich Alien dann an mich und saugte an seiner Zigarette, »ich werde mich mal umhören. Was Ihre Freundin erzählt hat, stimmt wahrscheinlich. Mir sind schon einige solche Frauen aufgefallen, aber ich kann nicht viel für sie tun. Das ärgert mich.«
»Es ärgert Sie?«
»Ich mag die Frauen dieser Branche. Ich weiß, dass ich für ihre Zuwendung bezahle, aber trotzdem mag ich sie. Es ist wie ein Spiel. Aber wenn eine Frau nicht in dieser Branche arbeiten will, wenn sie dazu gezwungen wird, dann hört der Spaß auf. Dann ist es kein Spiel mehr. Ihre Freundin hat vollkommen recht: Wenn sie nicht dafür bezahlt werden, ist das nicht in Ordnung.«
Er zog einen Notizblock aus der Tasche, und ich gab ihm die Informationen, die ich hatte, so zum Beispiel die Anschrift von Slicks Büro und den Grundbuchauszug, auf dem »J Enterprise« als Eigentümer angegeben war.
Jasmine brauchte länger als fünf Minuten. Während wir warteten, wurde unser Gespräch wieder persönlicher.
»Jake, gehen Sie mit einer dieser Frauen in den Clubs ins Bett? Sie scheinen Sie zu mögen. Das merkt man.«
»Sie mögen mich ja gerade, weil ich nicht mit ihnen ins Bett gehe. Das unterscheidet mich von ihren anderen Kunden.«
»Weil Sie weiße Frauen nicht mögen?«
»Nein, weil es keine gute Idee wäre.«
»Wieso?«
»Weil sie mir manchmal Informationen liefern und wir keinen Sex mit unseren Informantinnen haben sollen. Außerdem bin ich kein Junggeselle mehr, und meine Frau fände es auch nicht lustig, wenn ich womöglich irgendeine Krankheit mit nach Hause brächte.«
»Gut, aber was tun Sie, wenn ein heißes Mädchen mit einer Information, die Sie dringend brauchen, nur rausrücken will, wenn Sie mir ihr schlafen?«
»Klar, für eine wichtige Information würde ich mit einer Frau schlafen. Ich bin eine echte Informationshure. Und was ist mit Ihnen, Alien? Schlafen Sie jemals mit einer Informantin?«
»Natürlich. Das ist eine Art Lohnzulage. Außerdem bin ich nicht verheiratet und habe keine Kinder.«
»Dann wäre ich also ein Schwein, wenn ich das tun würde, was Sie tun?«
»Nein, ich finde Sie nur seltsam. Kein seltsamer gaijin , sondern ein seltsamer Mensch. Sie haben Grundsätze und halten sich daran, auch wenn es eigenartige Grundsätze sind. Das bewundere ich. Und Sie sind ein guter Kerl. Also verstehen Sie mich bitte nicht falsch, wenn ich Ihnen jetzt etwas sage ... Früher oder später werden Sie gegen Ihre Grundsätze verstoßen. Denn das Laster ist stärker. Wie heißt es doch so schön: Wer sich zu den Hunden legt, bekommt Flöhe. Auch Sie werden Flöhe bekommen.«
»Ich besorge mir ein Flohhalsband.«
»Ha! Das klappt nicht. Sie werden dann nicht für Geld oder für Informationen mit einer Frau schlafen, sondern weil es Ihnen
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