Tokio Vice
des Mannes erkältet sind, dann kauft ihnen eine Arznei oder Orangensaft.
Wenn ihr Nachtschicht habt, dann gebt eurem Polizeikumpel Bescheid: »Ich bin die ganze Nacht im Büro, also ruf mich an, wenn etwas Interessantes passiert!« Und wenn euer Freund Nachtschicht hat, dann bringt ihm einen kleinen Imbiss vorbei und plaudert eine Weile mit ihm. Anstatt zu klagen, dass ihr keine Informationen von der Polizei erhaltet, wenn sie einen neuen Fall bearbeitet, müsst ihr euch mit den Pressesprechern anfreunden, damit ihr die Ersten seid, die davon hören.
Wenn ihr euch nur darüber beschwert, dass die Polizisten die Fernsehjournalisten bevorzugen, dann ändert sich nichts. Dieses Gejammer hört ihr von allen unerfahrenen und unengagierten Reportern und damit könnt ihr zehn Jahre lang Polizeireporter sein, ohne die Fernsehleute ein einziges Mal auszustechen. Wenn ihr den Geburtstag eures Polizeifreundes nicht kennt, dann fragt im Büro, bei älteren Kollegen oder an anderer Stelle nach.
Nutzt ihr die Vereine, die Leute aus eurer Präfektur gegründet haben, zum Beispiel die Vereinigung der in Saitama Geborenen? Selbst wenn ihr aus Tokio stammt, solltet ihr euch der Vereinigung jener Präfektur anschließen, in der ihr als Reporter begonnen habt. Nutzt die Verbindungen, die ihr während eurer Zeit in einem Regionalbüro mit Polizisten geknüpft habt, um Tokioter Polizisten kennenzulernen, die zur gleichen Zeit wie eure Informanten die Polizeiakademie besucht haben.
Die allerbeste Kontaktpflege besteht darin, eure Familie und ihre Familie zusammenzubringen. Wer Zeit miteinander verbringt, bleibt auch in Kontakt.
Habt ihr jemals mit eurer Frau und euren Kindern samstags einen spontanen Kurzbesuch bei eurem Freund gemacht?
Bringt ihn dazu, euch seine jüngeren Kollegen vorzustellen. Wenn ihr einen Polizisten kennt, der bald pensioniert wird, dann freundet euch ohne Zögern mit ihm an und bittet ihn darum, euch seinen jüngeren Kollegen vorzustellen.
Wenn Sie glauben, dass dieses ganze System sehr polizeifreundliche, voreingenommene Reporter hervorbringt, dann haben Sie recht. Die japanische Polizei ist sehr geschickt darin, die Presse zu manipulieren, und wir waren durchaus bereit, uns manipulieren zu lassen, um einen Knüller zu landen.
Der Mordfall "Imbissbuden-Mama"
Rendezvous mit Frauen sind für einen Reporter beinahe unmöglich. Die aufkeimende Beziehung mit meiner ersten ernsthaften japanischen Freundin endete definitiv mit einem Telefonanruf um neun Uhr abends. Nicht von ihr, sondern von Yamamoto. Es war mein erster freier Tag seit drei Wochen, und I-chan und ich lagen auf meinem Futon und wollten den lange vermissten Sex nachholen, als das Telefon klingelte. Natürlich hatte ich keine andere Wahl, als aufzustehen und den Hörer abzunehmen.
»Adelstein, wir haben möglicherweise einen Mord in Chichibu. Du musst sofort hinfahren. Sei in zehn Minuten hier, das Auto steht bereit.«
Also zog ich mich an, und I-chan war sauer.
»Tut mir leid, Schätzchen«, sagte ich, »aber ich muss zur Arbeit.«
»Mistkerl! Du hattest schon deinen Spaß, aber ich noch nicht!«
»I-chan, es tut mir wirklich leid, aber ich muss los.«
In perfektem Englisch rief sie: »Ach, Arbeit, Arbeit, Arbeit. Lass sie doch verdammte fünf Minuten lang warten!«
Aber ich hatte bereits mein Hemd angezogen und suchte mein Yomiuri -Armband, die Kamera, die knitterfreie Krawatte und den Kugelschreiber. »Ich mache es wieder gut«, versprach ich feierlich. »Nächstes Mal darfst du oben liegen.«
Unsere Romanze machte gerade schwere Zeiten durch, denn ich arbeitete ohne Unterlass, vergaß Anrufe und war an meinem freien Tag meist so müde, betrunken oder verkatert, dass mein Unterhaltungswert gegen null tendierte. Es lief schon seit einer Weile nicht gut, aber ich hoffte, dass sie sich an einen Freund gewöhnen könnte, der nie da war. Obendrein hatte ich die Lage noch verschlimmert, weil ich keine Zusagen für unsere gemeinsame Zukunft gemacht hatte.
»Hör mal, es tut mir echt leid. Aber die Kollegen warten auf mich.«
»Wenn du jetzt gehst, dann ist es aus mit uns«, warnte sie mich.
»Ich muss gehen«, sagte ich.
Ich stieg auf mein Fahrrad und fuhr in Rekordzeit zum Büro. Yamamoto wartete bereits im Auto, also sprang ich auf den Beifahrersitz, dann rasten wir nach Chichibu.
Zunächst informierte mich Yamamoto über den Fall. Das Opfer hatte eine Imbissbude5 in Chichibu geführt. Eine Angestellte hatte sie an diesem Abend um 19.54
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