Tokio Vice
sahen, wiesen sie Alien sofort darauf hin, dass der Zutritt für Ausländer verboten war. Das war sicher einer der Gründe dafür, dass ich Kabukicho nie so gut kennenlernte wie meine Kollegen. Aber das hat mir kaum geschadet.
Doch Alien gelang es, mich in einige Wäscheshops, ein Kabarett und einige andere schäbige Lokale zu lotsen, in die ich allein nicht hineingekommen wäre. Selbstverständlich bezahlte ich zum Ausgleich die Rechnung.
Einige Kneipen boten ihren Gästen Oralsex an. Der Kunde zahlte 3000 Yen (etwa 30 Dollar) und bestellte einen Kaffee. Während er den trank, öffnete eine Angestellte seine Hose, wusch seinen Penis mit einem warmen Tuch und befriedigte ihn dann mit dem Mund. So erzählte es mir zumindest Alien, denn Ausländer hatten natürlich keinen Zutritt.
Es gab auch Stripclubs, in denen das Publikum mitmachen durfte. Alien zog mich in einen der kleineren Clubs hinein, in dem sich eine Tänzerin zu japanischer Popmusik bewegte. Dann zog
sie sich aus und masturbierte unter lautem Quietschen mit gespreizten Beinen auf der Bühne. Angeblich beherrschte sie auch die Kunst, einen Stift mit der Vagina festzuhalten und etwas zu schreiben oder sogar Dartpfeile abzuschießen. Wir hatten an diesem Abend allerdings kein Glück – denn diese spektakuläre Darbietung fiel aus.
Alien ging ganz in seiner Rolle als Fremdenführer auf und erklärte mir die gesamte geheime Terminologie der Stripclubs und die verschiedenen Arten. So gab es zum Beispiel Clubs, die separate Räume hatten, die ein Gast mit einer Tänzerin aufsuchen konnte. Für einen zusätzlichen Obolus tat sie, was er brauchte, um zu ejakulieren. Stripclubs mit ausländischen Frauen boten angeblich auch Geschlechtsverkehr an.
Danach zeigte er mir das riesige Vergnügungszentrum/Bürogebäude Furinkaikan, in dem sich Tag und Nacht die örtlichen Yakuza versammelten. Im Erdgeschoss befand sich ein riesiges Café. In Kabukicho gab es mehr als 100 Yakuza-Gruppen mit Büros und Geschäften, und Furinkaikan war ihr Hauptquartier und ihre Versammlungshalle.
Wir gingen an Liebeshotels und an thailändischen Prostituierten vorbei, die in der Nähe des Bahnhofs Okubo standen. Iraner bedienten japanische Schwule in der Toilette eines Parks. In mehreren
Bars arbeiteten Transsexuelle und in einigen sogar Männer in Frauenkleidern.
In einer schmalen Straße fiel mir ein schmales Gebäude auf, an dem ein Schild hing: »Klinik für sexuelle Belästigung«. Alien erklärte mir, dass es sich hierbei um eine weitere Variante der Schwesternclubs handelte. Allerdings verfügte diese »Klink« über einen echten gynäkologischen Untersuchungsstuhl mit Beinstützen, um möglichst authentisch zu wirken.
Der beeindruckendste Sexclub des Abends war »Bareo«. Innen stand ein echter U-Bahn-Waggon, und wenn der Gast eine Fahrkarte kaufte und einstieg, kletterte ein Mädchen in den Wagen, gab sich als Fahrgast aus und »belästigte« ihn. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr, schob die Hände in seine Hose und so weiter. Für eine Zusatzgebühr konnte man mit einem der Mädchen hinausgehen und sich von ihr verwöhnen lassen. Dies war damals der gefragteste Sexclub. Es gab zwar bereits einen oder zwei Clubs, in denen Männer dafür zahlten, eine Frau in einer U-Bahn belästigen zu dürfen, aber der Rollentausch machte diesen Club zum Schlager.
»Amaenbo« in der Nähe des Rathauses war angeblich bei Beamten der mittleren Ebene besonders beliebt. Im Club befand sich eine gläserne Toilette, in der man seine Hostess bei ihren Verrichtungen beobachten konnte. Wer wollte, konnte sich auch auf den Kopf pinkeln lassen.
Ich fand das alles gar nicht so abstoßend, wie ich eigentlich gedacht hatte. Aber ich verzichtete dennoch lieber darauf, die Toilette in Funktion zu sehen.
Wir gingen auch in einen SM-Club. Alien kannte den Besitzer, einen kleinen Burschen mit Pferdeschwanz, der einen Sarong trug, und beschwatzte ihn. Der Chef erlaubte mir schließlich, die Show hinter dem Vorhang zu beobachten. In der Mitte eines riesigen Raumes mit acht oder neun Tischen befand sich eine kleine Bühne mit einer Domina in schwarzem Leder. Ihre Brüste ragten aus ihrem ledernen Oberteil hervor, und in ihren Brustwarzen steckten Dinger, die wie Sicherheitsnadeln aussahen. Ihr Haar war zurückgekämmt und endete in einem Knoten. Nur ein gewaltiger weißer Dildo bestand nicht aus Leder. Sie benutzte das Ding, um einen Mann im mittleren Alter im marineblauen Anzug anal zu befriedigen.
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