Tolle Maenner
begründet dieses Selbstvertrauen war. Wenn sie ihn so in seinem neuen Outfit, mit seiner neuen Frisur und dem Dreitagebart ansah, wurde ihr zum ersten Mal klar, dass er vielleicht tatsächlich verdammt gut war. Sie wandte ihr Gesicht ab, damit er nicht sehen konnte, wie sie errötete. Es war ein merkwürdiges Gefühl, ihn unter erotischen Vorzeichen zu betrachten – ein wenig so, wie wenn man seinen Bruder auf diese Weise sähe. Als er ihren Arm nahm, zuckte sie tatsächlich zusammen.
»Du bist doch nicht immer noch sauer?«, fragte er.
»Nein, ich bin nicht mehr sauer«, sagte sie. Wieder einmal dachte sie, dass das eine gute Gelegenheit sein könnte, ihm von ihrer Idee mit dem Artikel zu erzählen. Vielleicht hätte sie nicht mehr so große Probleme, ihn zu schreiben, wenn er erst einmal Bescheid wusste.
Zurück in ihrer Wohnung wollte sie nur noch ein Bier und eine Umarmung, doch als sie die Kühlschranktür öffnete und dann Phils schmollendes Gesicht sah, wurde ihr klar, dass sie wohl weder das eine noch das andere bekommen würde.
»Hast du kein Bier besorgt?«, fragte sie ihn.
»Nein. Wenn keines da ist, trinke ich auch keines«, sagte Phil. »Ich versuche, ein bisschen kürzer zu treten.«
Typisch. Er dachte doch immer nur an sich. »Apropos kürzer – ich muss mir unbedingt die Haare schneiden lassen. Brauchst du auch einen Haarschnitt, Laura?«
»Ja. Aber vor allem brauche ich Strähnchen.«
»Stefan macht wunderbare Strähnchen. Jon geht auch zu ihm.«
»Eigentlich müsste der Typ dir Lehrgeld bezahlen«, erklärte Phil.
»Und du müsstest mir eigentlich Miete bezahlen!«, konterte Tracie und knallte die Kühlschranktür zu. Phil stocherte geistesabwesend in den Ravioli herum, nahm eine Flasche Kraft French Dressing, ging zum Tisch und goss das Zeug schwungvoll auf die Salatviertel. »Es ist angerichtet.«
»Du hast was zu essen gemacht, Phil?« Sie warf einen Blick auf den Topf. »Toll. Aber leider hab ich jetzt gerade keinen Hunger.«
»Aber... ich hab das doch für dich gemacht.«
»Warum isst du nicht einfach mit Laura, während ich ein Bad nehme?«, schlug sie vor. »Ich will nur noch ins Bett.« Tracie ging ins Badezimmer. Phil folgte ihr.
»Tracie, das ist wichtig«, sagte er. »Ich wollte es beim Abendessen mit dir besprechen. Ich dachte, ich könnte... ich hätte da vielleicht einen Job -« Er brach ab. Sie suchte unter dem Waschbecken nach ihrem Badeöl.
»Du meinst, bei einer anderen Band? Willst du die Glands verlassen?«, fragte Tracie kopfschüttelnd.
»Nein, ich meine einen richtigen Job«, sagte Phil. »Na ja, eigentlich eine Art Ausbildung. Kannst du dir mich in der Halbleiterherstellung vorstellen?«
Tracie hörte auf, unter dem Waschbecken zu wühlen, und starrte ihn an. »Hab ich richtig gehört? Du willst Leitern herstellen?«
»Nein, du hast nicht richtig gehört. Mein Gott, wenn du mir nur halb so viel Aufmerksamkeit schenken würdest wie diesem
Computerheini und deinem blöden Artikel, dann wüsstest du jetzt, wovon ich rede.« Er drehte sich um und ging hinaus.
Na gut. Sollte er doch nach Hause gehen. Sie wollte ohnehin nur noch ein heißes Bad.
27. Kapitel
Gedämpfte Konversation erfüllte das malaysische Restaurant. Kellner und Kellnerinnen schwebten mit riesigen Tabletts zwischen Küche und Gastraum hin und her. Jon saß mit Samantha an einem Ecktisch. In der Pose eines James Dean in Denn sie wissen nicht, was sie tun erzählte er gerade eine sehr gefühlsbetonte Geschichte zu Ende.
»Ich hab noch nie jemandem davon erzählt«, sagte Jon und legte eine Pause ein. Nervös spielte er mit dem Goofy-Pez-Spender herum, dass die Ohren rotierten. Was nun?, dachte er. Der Kürze halber hatte er sich entschieden, zwei von Tracies Ratschlägen miteinander zu verbinden: Er hatte eine Tragödie erfunden und sie gleichzeitig Samantha als ein Geheimnis anvertraut, von dem nur sie etwas wusste.
Samanthas Mitgefühl – eine durchaus angemessene Reaktion auf seine Geschichte – erfüllte ihn mit Verachtung. Er vermutete, es rührte daher, dass er sie mit seiner Lüge für dumm verkauft hatte. Aber wenn er einer Fremden erzählte, dass er ein Mormone sei oder eine Waise oder dass er am Unabhängigkeitstag geboren worden sei statt am 3. Dezember – aus welchem Grund sollte sie ihm dann nicht glauben? Samantha anzulügen war keine großartige Leistung. Warum kam er sich dann so verdammt überlegen dabei vor?
Noch etwas bereitete ihm Sorgen: Je mehr er log,
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